Die Soziale Erhaltungssatzung (gemäß § 172 Absatz 1 Nr. 2 BauGB) ist ein städtebauliches Instrument, das die Zusammensetzung der gebietsansässigen Bevölkerung schützen soll. In den Satzungsgebieten muss der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage genehmigt werden, auch wenn das Vorhaben nach brandenburgischer Bauordnung verfahrensfrei ist. Das bedeutet, dass auch Maßnahmen wie Badezimmermodernisierungen, Grundrissänderungen oder die Zusammenlegung von Wohnungen genehmigt werden müssen.
In angespannten Wohnungsmärkten wie Potsdam drohen Verdrängungseffekte, insbesondere wenn der Wohnungsbestand bauliches Aufwertungspotenzial aufweist. Denn Sanierungen können in Form von umlagefähigen Modernisierungsmaßnahmen zu Mietpreissteigerungen führen und somit die Bezahlbarkeit für die derzeitige Bevölkerung gefährden. Die Soziale Erhaltungssatzung ist ein Werkzeug, das die Stadt Potsdam nutzt, damit Menschen in ihrem angestammten Wohnumfeld bleiben und die dort vorhandene, passende Infrastruktur weiter nutzen können.


Für die Gebiete „Teltower Vorstadt Nord“ und „Babelsberg Süd“ ist am 2. November 2023 eine Soziale Erhaltungssatzung in Kraft getreten. Eigentümerinnen und Eigentümer in diesen Gebieten sind dazu verpflichtet, Bauvorhaben, Abrisse und Nutzungsänderungen vorab durch die Stadt Potsdam genehmigen zu lassen. Der Genehmigungspflicht unterliegen neben vermieteten Wohnungen auch selbst genutzte und leerstehende Wohnungen. Nicht genehmigungspflichtig sind grundsätzlich reine Instandsetzungsmaßnahmen, der Ausbau eines Dachgeschosses (sofern hier kein bestehender Wohnraum berührt wird) oder Änderungen an Räumen, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden.
Ist für ein Vorhaben eine Baugenehmigung erforderlich, wird über die erhaltungsrechtlichen Belange im Rahmen des ohnehin notwendigen Baugenehmigungsverfahrens entschieden. Der Antrag auf erhaltungsrechtliche Genehmigung ist zusammen mit den Bauvorlagen einzureichen.
Ist das Vorhaben nicht mit einem Bauantrag verbunden, ist der Antrag beim Bereich Soziale Wohnraumversorgung zu stellen.
Hinweis: Die Soziale Erhaltungssatzung ist ein städtebauliches Instrument und ermöglicht keinen individuellen Mieterschutz. Auf die Mieten kann nur indirekt Einfluss genommen werden, indem Mieterhöhungen durch Modernisierungsmaßnahmen begrenzt werden. Die Erhaltungswirkung bezieht sich auf die Struktur und die bauliche Ausstattung des Wohnungsbestandes in den Satzungsgebieten.
- Verfahrensablauf
Im Idealfall läuft das Genehmigungsverfahren folgendermaßen ab:
1. Beratung zum geplanten Vorhaben
Wir empfehlen Ihnen, sich vor der Antragsstellung vom Bereich Soziale Wohnraumversorgung beraten zu lassen. Im Gespräch informieren wir Sie, ob das geplante Vorhaben genehmigungspflichtig ist. Außerdem können wir Sie im Gespräch meist bereits zur Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens und ggf. zu möglichen Anpassungen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit beraten.
2. Antragsstellung
Ist für ein Vorhaben eine Baugenehmigung erforderlich, wird über die erhaltungsrechtlichen Belange im Rahmen des ohnehin notwendigen Baugenehmigungsverfahrens entschieden. Der Antrag auf erhaltungsrechtliche Genehmigung ist zusammen mit den Bauvorlagen einzureichen.
Ist das Vorhaben nicht mit einem Bauantrag verbunden, ist der Antrag beim Bereich Soziale Wohnraumversorgung zu stellen.
Wichtig ist die Einreichung von vollständigen und aussagekräftigen Unterlagen, um die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu prüfen. Bei unvollständigen Unterlagen kann sich das Genehmigungsverfahren durch Nachforderungen verzögern oder die Genehmigungsfähigkeit kann nicht bestätigt werden.
3. Prüfung der Genehmigungsfähigkeit
Die Bauaufsicht beteiligt den Bereich Soziale Wohnraumversorgung bei der Prüfung des Bauantrags. Wird Ihr Antrag erhaltungsrechtlich abgelehnt, zieht dies gleichzeitig eine Ablehnung des gesamten Bauantrages nach sich. Bei einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung wird diese gemeinsam mit der baurechtlichen Genehmigung erteilt.
Bei verfahrensfreien Vorhaben prüft der Bereich Soziale Wohnraumversorgung Ihren Antrag innerhalb eines Monats. Bei umfangreicheren Anträgen kann die Frist durch einen Zwischenbescheid auf bis zu drei Monate verlängert werden. Kann der Antrag nicht genehmigt werden, kontaktieren wir Sie innerhalb der Frist und bieten Ihnen die Möglichkeit der Erörterung an. Wird der Antrag genehmigt, werden die Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtige innerhalb der Frist angehört und über die Genehmigung informiert.
- Genehmigungsfähigkeit
Genehmigungsfähig sind (gemäß § 172 Abs. 4 BauGB) Vorhaben:
- die der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen oder
- der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes oder der Energieeinsparverordnung dienen oder
- die nicht zu einer Verdrängung der ansässigen Bevölkerung führen (können).
Die beantragten Vorhaben werden im Zuge des Genehmigungsverfahrens im Einzelfall von der zuständigen Behörde geprüft.
- Satzungsaufstellung
Für die Ausweisung eines Sozialen Erhaltungsgebiest bedarf es umfangreicher Voruntersuchungen. Folgende Verfahrensschritte sind erforderlich:
- In einem stadtweiten Sozialraumscreening wird ermittelt, in welchen Quartieren die Indikatoren für bauliches Aufwertungspotenzial und Verdrängungspotenzial ausgeprägt sind. (Zuletzt wurde 2023 ein Sozialraumscreening durchgeführt. Die Ergebnisse sind hier abrufbar)
- Für die Verdachtsgebiete kann durch die Stadtverordnetenversammlung ein Aufstellungsbeschluss für eine Soziale Erhaltungssatzung gefasst werden, dies ist aber kein Muss. Bereits mit dem Beschluss über die Aufstellung einer Sozialen Erhaltungssatzung kann die Entscheidung über die Genehmigung von Vorhaben (Rückbau, Änderung, Nutzungsänderung baulicher Anlagen) im Satzungsgebiet für zwölf Monate zurückgestellt werden.
- Um nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Sozialen Erhaltungssatzung vorliegen, sind vertiefende sozialräumliche Untersuchungen notwendig. Für die vertiefenden Untersuchungen wird ein externer Dienstleister beauftragt. Im Rahmen der vertiefenden Untersuchungen werden u.a. Sekundärdaten (z.B. zu Bewohnerstruktur, Gebäudebestand und Wohnungsmarkt), die Infrastruktur und das Ortsbild analysiert. Außerdem werden die gebietsansässigen Haushalte befragt, z.B. zur Ausstattung der Wohnungen und Miethöhe. Ziel ist es, das Aufwertungspotenzial, den Aufwertungsdruck, das Verdrängungspotenzial, den Verdrängungsdruck und eventuelle negative städtebauliche Folgen durch Verdrängung zu erfassen und zu bewerten. Anhand dieser Indikatoren wird beurteilt, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Sozialen Erhaltungssatzung vorliegen.
- Wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Sozialen Erhaltungssatzung vorliegen, kann die Satzung durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen werden. Die Satzung tritt mit ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Weitere Informationen, Kontaktdaten sowie Rechtsgrundlagen finden Sie unter folgendem Link
Downloads
- Antragsformular Soziale Erhaltungssatzung
Adresse
Landeshauptstadt Potsdam
Friedrich-Ebert-Straße 79/81
14669 Potsdam
Deutschland