546 | „Warm up“ für den Denkmaltag – Heute: Schöpfwerk Grube

In über 45 Ländern Europas finden regelmäßig im August und September die „European Heritage Days“ statt. In Deutschland ist dieser Tag unter dem Namen „Tag des offenen Denkmals“ bekannt, der europaweit immer am 2. Sonntag im September begangen wird. Auch in Potsdam laufen bereits die Vorbereitungen für den Denkmaltag am 14. September. In der Landeshauptstadt nimmt die Zahl der Besucher des Denkmaltags stetig zu. Im letzten Jahr interessierten sich ca. 13.000 Besucher für die 42 Einzelobjekte.

Das Ziel dieses Tages ist es, die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes zu sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege zu wecken. Besitzer sonst nicht öffentlich zugänglicher Gebäude werden diesen Tag nutzen, um der Öffentlichkeit ihr Denkmal vorzustellen. Und für die Besucher der einzelnen Stationen ist es eine einmalige Gelegenheit, die schönen, kostbaren und gut erhaltenen, aber auch die unscheinbaren, ungenutzten und historisch negativ belasteten Gebäude näher kennenzulernen.

Im Vorfeld wird aus diesem Grund die Landeshauptstadt Potsdam, vertreten durch Mitarbeiter der Unteren Denkmalschutzbehörde, gemeinsam mit engagierten Eigentümern, Bauherren und Architekten, Vereinen und Institutionen als „Warm up“ wieder wöchentlich in einer Serie einzelne Stationen oder Führungen zum Denkmaltag vorstellen. Heute steht das Schöpfwerk Grube im Mittelpunkt. Das Gebäude ist im Eigentum der Landeshauptstadt Potsdam. Der neu gegründete Verein „Wir in Grube e.V.“ kümmert sich seit Mitte des Jahres um das Schöpfwerk, seine Geschichte, seine Bekanntmachung und seine Erhaltung.

Geschichte des Schöpfwerks
Das denkmalgeschützte Schöpfwerk ist Teil des vernetzten historischen Entwässerungssystems, das das Golmer Luch, auch Golmer Bruch, entwässert. Das ursprüngliche Golmer Luch ist ein Niederungsgebiet, welches in der letzten Eiszeit entstanden ist und mit der Wasserführung der Havel in Verbindung steht. Die historische Bezeichnung „Nattwerder“ im Golmer Luch weist darauf hin, dass der Standort „Natte Werder“ eine nasse Insel war. Aus der Regionalgeschichte ist überliefert, dass der Große Kurfürst (1640-1688) einige bedeutende wasserbauliche Anlagen errichten ließ. Für eingewanderte Schweizer Kolonistenfamilien wurde im Golmer Luch eine großflächige Melioration durchgeführt. Sie bestand aus zwölf rechteckigen Wiesenflächen mit Dämmen, Entwässerungsgräben und Dammwegen und umfasste insgesamt eine Flächen von 421 holländischen Morgen. Am Hauptgraben wurde 1678 das erste windbetriebene Schöpfwerk gebaut; es bestand bis 1715. Nutzer war der Bruchmüller Ewald (Quelle: Chronik Golm).

In der Regierungszeit von Friedrich Wilhelm I. (1712-1740) wurde es erneuert. Allein für die Entwässerung wurden mehr als 8.000 Taler ausgegeben. Die seit 1685 angesiedelten Schweizer Kolonisten, erfahren in Tierzucht und Melkerei, haben im Golmer Bruch die lokalen wechselhaften Erschwernisse des Hochwassers ertragen. Sie waren zur Unterhaltung des Grabensystems verpflichtet. Bei Havelhochwasser, das fast jährlich auftrat, wurden die Grabenschleusen geschlossen. Überschwemmungen der Wiesen und Ackerflächen führten stets zu großen Ertragsverlusten. Um zu überleben erhielten sie dafür staatlichen Schadensausgleich. Die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem morastigen Boden und das Havelhochwasser dauerten viele Jahrzehnte an. Erst im Maschinenzeitalter standen mobile Dampfmaschinen mit Niederdruckpumpen zur Verfügung.

Die erste Dampfmaschine wurde 1847 eingesetzt. 1855 wurde der „Deichverband des Golmer Bruches“ gegründet, dem die Gemeinden Bornstedt, Eiche, Golm, Nattwerder, Grube und Potsdam-West mit Schlosspark angehörten. Der Einsatz der mobilen Dampfmaschine als Schöpfwerk erwies sich als unwirtschaftlich. Erst der Bau von Stromleitungen und der damit verbundene Einsatz von leistungsstarken Niederdruckpumpen ermöglichte einen verbesserten Hochwasserschutz. Die ersten mit Elektromotoren betriebenen Schöpfwerke wurden in Wildpark West, Golm, Nattwerder-Grube um 1930 gebaut (siehe Anlage).

Im Laufe der Zeit wurden die Schöpfwerke modernisiert bzw. durch einfache Pfahlschöpfwerke ersetzt. Jetzt regulieren im Golmer Bruch vier moderne Schöpfwerke ein eigedeichtes Poldergebiet von ca. 4.800 ha die behördlich abgestimmten Grundwasserstände. Für den Betrieb und die Unterhaltung aller Schöpfwerke im Golmer Bruch ist seit 1991 der Wasser- und Bodenverband Nauen zuständig.

Aus wirtschaftlichen Gründen wurde das Schöpfwerk um 1980 durch ein einfaches Pfahlschöpfwerk ersetzt. Für das denkmalgeschützte Schöpfwerk am Nattwerder Damm liegen keine Planungsunterlagen vor, daher diente eine örtliche Besichtigung als Grundlage.  Das Schöpfwerk wurde in Blockbauweise errichtet. Das Bauwerk besteht im Tiefgeschoss aus Stahlbeton und enthält eine vertikale Kreiselpumpe mit Saug- und Druckrohr, welche eine Förderleistung von 1.700 Kubikmeter pro Stunde und eine Förderhöhe von 4,7 Meter hatte.  Das Auslaufbauwerk befindet sich hinter dem Hochwasserdamm der Havel. Der frühere Auslaufgraben am Schöpfwerk mit Wehr ist verfüllt und durch eine Auslaufleitung ersetzt. Der hochwasserfrei angeordnete vertikale Elektromotor mit Antriebswelle zur Kreispumpe befindet sich im Erdgeschoss, welches aus Klinkermauerwerk mit zeltförmigen Schieferdach besteht; auch der Elektroteil und der Handkran sind im Erdgeschoss untergebracht. Das Blockschöpfwerk mit Rechen ist ein wasserbauliches Musterbauwerk, das im Poldergebiet  Nattwerder an das älteste Windschöpfwerk aus der Kurfürstenzeit erinnert.

Der Verein
Carola Walter, Vereinsvorsitzende: „Angefangen hat alles mit einem Aufruf in der Novemberausgabe 2011 im Heveller „Lebendige Dorfgemeinschaft - Bürgerinitiative möchte Engagement fürs Ehrenamt initiieren.“ Damit die Bürgerinitiative „WIR IN GRUBE“ überhaupt Veranstaltungen durchführen konnten, stellten uns die Angelfreunde Grube/Leest ihr Vereinsheim in Neugrube zur Verfügung. Unser Ziel ist es, das ehrenamtliche Engagement für das dörfliche Gemeinschaftsleben zu fördern. Wir wollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen erreichen und das Interesse für ihren Ort wecken. So interessierte sich die Bürgerinitiative auch für das technische Denkmal „Schöpfwerk Nattwerder Damm“ und gründete am 3. Juni 2014 den gemeinnützigen Bürgerverein WIR IN GRUBE e.V.
Der nächste Schritt wird die Entwicklung eines Konzeptes für die weitere Sanierung und den Betrieb des technischen Denkmals sein. Unterstützt wurde das Projekt bereits im Juni 2014 durch die Stadtverwaltung, die die Firma Beuster zur Sanierung des Daches beauftragte, um weiteren Schaden am Schöpfwerk zu verhindern. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich bedanken. Weiterer Dank gilt Herrn Kaschube und Herrn Seidel, die Unterlagen zur Geschichte gesammelt haben und uns zur Verfügung gestellt haben, sowie bei vielen Bürgern, die bei Aufräumarbeiten am Schöpfwerk geholfen haben.“

Am Denkmaltag am 14. September wird das Kleinod geöffnet und mit seiner Maschine im Innenraum gezeigt. Eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Entwässerung des Golmer Luchs informiert über das technische Denkmal. Zwischen 10 und 18 Uhr werden die Vereinsmitglieder für Fragen bereit stehen. Bei Kaffee und hausgemachtem Kuchen kann die Kulturlandschaft genossen werden. Als besonderes „Highlight“ können Besucher ab 15 Uhr für 90 Minuten einem Jazzkonzert der Band „EASY STREET DUO“ beiwohnen.

Informationen zum Programm in Potsdam am Tag des offenen Denkmals findet man auf den Internetseiten der Landeshauptstadt Potsdam unter www.potsdam.de. Zu der deutschlandweiten Veranstaltung und auch zum Programm in Potsdam steht folgender Link zur Verfügung: http://www.tag-des-offenen-denkmals.de/.

Hintergrundinformationen
Das diesjährige Motto des Tags des offenen Denkmals, vorgegeben durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, ist ein wahres Universalthema: „Farbe“. Selbstverständlich ist die farbliche Gestaltung von Bau-, Kunst- und Bodendenkmalen sowie Gärten und Parks immer schon ein wesentlicher Aspekt für ihre Erbauer und Erschaffer gewesen. Ebenso ist sie es heute für  Denkmalpfleger, Restauratoren, Denkmalbesitzer, Archäologen, Handwerker und vor allem als Betrachter im Hier und Jetzt. Das  Aufbringen einer Farbe ist fast immer die letzte gestaltgebende Maßnahme bei der Sanierung oder Restaurierung eines Denkmals.

Auch in diesem Jahr wird der Tag des offenen Denkmals wieder im Zusammenhang mit dem Potsdamer Dreiklang der Öffentlichkeit vorgestellt. An einem Wochenende werden Jazz und Kunst überwiegend in Denkmalen zu hören und zu sehen sein. Musik- und Kunstgenuss in Denkmalen wird die Wahrnehmung der Besucher um eine neue, unnachahmliche Dimension erweitern.

Bis heute haben sich für den 14. September bereits 45 freiwillige Teilnehmer gemeldet, die sich an der Aktion „Tag des offenen Denkmals“ beteiligen möchten. Eine Vielzahl von Möglichkeiten eröffnet sich den Besuchern, die im Einzelnen zu erfassen weder den Besuchern noch der Presse möglich sein wird.

Das Logo der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der European Heritage Days sowie weiteres Bild- und Informationsmaterial steht unter: http://tag-des-offenen-denkmals.de/presse/download.html zur Verfügung.