Pressemitteilung Nr. 600 vom 05.09.2017 Das Landhaus Zankapfel: Frühwerk von Emilie Winkelmann, der ersten Architektin Deutschlands

„Warm up“ zum Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017
Landhaus Zankapfel
© Landhaus Zankapfel
Das Landhaus Zankapfel . Foto Landeshauptstadt Potsdam/ Dana Fiebig

Unsere Reihe zur Einstimmung auf den Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017 setzen wir mit der Villa Zankapfel fort. Das Landhaus Zankapfel wurde von der ersten freiberuflichen Architektin Deutschlands, Emilie Winkelmann, entworfen. Heute gibt es einen  Einblick in die bedeutende Geschichte des Hauses.

Das von der Architektin selbst als „Landhaus Zankapfel“ bezeichnete, heutige Denkmal in der Neubabelsberger Rosa-Luxemburg-Straße wurde 1908 erbaut. Den Auftrag dafür kam von der Offizierswitwe Jenny Grupe. Sie und ihre beiden Töchter, die Künstlerinnen Adele und Margot Grupe, bewohnten das Haus gemeinsam. Zur Straße hin gibt das tief herunter gezogene Mansarddach, welches früher noch stärker ausgeprägt war, dem Landhaus seinen Charakter. Über den seitlichen Vorbau mit Kreuzgratgewölben gelangt man ins Innere des Hauses – eine zentrale, offene Eingangshalle schließt sich an. Die Aufteilung der Räume und ihre Lage innerhalb des Grundrisses weisen darauf hin, dass eine Gleichberechtigung der drei Frauen auch in Ausrichtung auf den Sonnenstand berücksichtigt wurde. Markant für die Architektur von Emilie Winkelmanns Landhäusern sind die tief heruntergezogenen Dächer, Erker, Wintergärten, Terrassen und Balkone sowie sehr individuelle Raumfolgen, wie wir sie auch im Landhaus Grupe finden. Damals wurden ihre Landhäuser mit denen von bekannten Architekten wie Alfred Messel, Joseph Maria Olbrich und Hermann Muthesius genannt.

Das Landhaus Zankapfel bildete mit der benachbarten Villa Vorberg und einem nicht mehr erhaltenen Haus in der heutigen Behringstraße eine städtebauliche Einheit. Die das Landhaus umgebene Anlage wurde als Senkgarten von der Firma Späth in Zusammenhang mit der benachbarten Villa Vorberg gestaltet. Die Nachbar-Villa wurde ab 1908 von der Malerin und Kunstgewerblerin Margarete Vorberg bewohnt. Zeitgleich entwarf Emilie Winkelmann als erste deutsche Architektin das Landhaus auf dem Nachbargrundstück. 1912 stellte die Architektin das Landhaus auf der Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“ in der Abteilung „Die Frau in der Architektur“ unter dem Namen „Zankapfel“ vor. Margarete Vorberg und die Schwestern Grupe kannten sich bereits durch den deutschen Lyceum-Club, der später dem Bund deutscher Frauen beitrat. Alle drei Frauen verbindet der Kontakt zu den Protagonistinnen der deutschen Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie Elisabeth Wentzel-Heckmann und Hedwig Heyl, welche ebenfalls in Neubabelsberg wohnten.

Margot Grupe selbst war Lehrerin an der Staatlichen Kunstschule in Berlin und gab zahlreiche Lehrbücher und kunsthandwerkliche Arbeiten heraus. Diese fanden im Unterricht des Pestalozzi-Fröbel-Hauses, aber auch an der Handels- und Gewerbeschule für Mädchen in Potsdam Verwendung. An letzterer Schule lehrte sie auch zeitweise. Später leitete sie eine Haushaltungsschule in Prieros. Als erste Architektin Deutschlands verband Emilie Winkelmann viel mit den Künstlerinnen Margot und Adele Grupe. Im Zimmermannsbetrieb des Großvaters lernte sie neben der praktischen Ausbildung auch das Anfertigen von Zeichnungen für Um- und Neubauten. Nach der Wanderschaft und verschiedenen Tätigkeiten in Architekturbüros, studierte sie zwischen 1901 und 1905 Architektur an der Technischen Hochschule in Hannover. Nach dem Gewinn des 1. Preises in einem Wettbewerb für ein Festsaal- und Theaterbau gründete sie ohne Studienabschluss 1908 ein Architekturbüro in Berlin. Trotz einer Zusage wurde ihr das Ablegen der Diplomprüfung nicht genehmigt. In den folgenden Jahren entwarf sie zahlreiche Landhäuser. Als Mitglied des deutschen Lyceum-Clubs plante sie ein Frauen-Krankenhaus, zwischen 1914 und 1916 das Viktoria-Studienhaus „Am Knie“ in Berlin-Charlottenburg, eine damals einmalige Einrichtung als Wohn- und Bildungsstätte für Berliner Studentinnen sowie die erste deutsche Frauenheimstätte, ein ausschließlich für ledige Frauen vorgesehenes Wohnhaus.

Das Landhaus Zankapfel ist ein Frühwerk Winkelmanns und hat eine große geschichtliche Bedeutung als Ort der Frauenbewegung – in Hinblick auf die Bewohnerinnen und die Architektin.

Zum zehnten Mal präsentiert sich das erfolgreiche kulturelle Dreigestirn aus Potsdamer Jazztagen, der KunstGenussTour und dem Tag des offenen Denkmals vom 8. bis 10. September in der Landeshauptstadt. Am 10. September 2017 öffnen 59 Denkmale ihre Türen für interessierte Besucherinnen und Besucher. Die Villa von Dechend öffnet am Tag des offenen Denkmals ihren Garten zwischen 10 bis 14 Uhr.