Pressemitteilung Nr. 573 vom 13.09.2016 Peter Weiss – „inmitten meiner Bilder“

Potsdam Museum zeigt Ausstellung sowie Fokus Sammlung Potsdam in der Grafik von 1945 bis 2000 vom 17. September bis 30. Oktober
Jutta Götzmann gibt Einblick in die Ausstellung
© Jutta Götzmann gibt Einblick in die Ausstellung
Jutta Götzmann gibt Einblick in die Ausstellung. Foto LHP/ Robert Schnabel

Als Peter Weiss 1962 die letzten Collagen zu „Abschied von den Eltern“ angefertigte, endete für ihn ein Lebens- und Werkabschnitt, der von visuellen Bildern dominiert war. Wenigen ist heute jedoch bekannt, dass der zu Weltruhm gelangte Autor und Dramatiker bis zu diesem Zeitpunkt seinen künstlerischen Ausdruck in der Malerei und Grafik entfaltete. Daher würdigt das Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte mit einer herausragenden Auswahl der wenigen Gemälde, Grafiken, illustrierten Schriften und späten Collagen Peter Weiss als Maler, zu dem er sich bereits seit seinen Jugendjahren berufen fühlte.

Der 1916 in Nowawes, dem heutigen Potsdam/Babelsberg, geborene Freigeist spürte früh das innere Bestreben, seine unmittelbare Gegenwart mit Bildern zu deuten und darzustellen. Als die Familie 1929 von Bremen nach Berlin zog, eröffnete sich dem Jüngling hier die Welt der Moderne, die mit ihren expressiven Kunststilen einen besonderen Reiz auf Peter Weiss ausübte. In Emil Nolde und Paul Klee, aber auch anderen Expressionisten und im Kubismus fand er seine Vorlieben wieder. Doch klingt daneben auch eine Hinwendung zum Romantischen an. Den ersten, unmittelbaren Kontakt zur Malerei hatte Weiss 1932 in der Malschule vom Berliner Secessionisten Eugen Spiro und an der Staatlichen Kunstgewerbeschule in der Prinz-Albrecht-Straße.

Der eigenen Überzeugung, Maler und Dichter zu werden, entgegneten die Eltern jedoch mit Unmut. Dieser Konflikt, der den aufstrebenden Künstler in seiner Familie mehr und mehr isolierte, beherrscht bereits die Sujets seiner ersten Arbeiten. Von 1934 bis 1939 entstanden sowohl die gezeigten illustrierten Manuskripte und Typoskripte als auch die gezeigten Selbstporträts, in denen Weiss sein Dasein als Maler und Einzelgänger reflektierte. „In den stimmungsvollen Porträts sieht der Betrachter einen jungen Menschen der fragend, ja fast zweifelnd und ängstlich, in die Ferne blickt. Der Gestus des Porträtierens und die Attribute Pinsel und Palette versinnbildlichen dabei die Gedanken über die eigene Existenz als Maler“, so Dr. Jutta Götzmann, die Kuratorin der Ausstellung. Sie verweist weiterhin auf „einen altmeisterlichen Stil mit düsterer Atmosphäre, den Peter Weiss besonders während seiner Studienjahre an der Prager Akademie der Bildenden Künste prägte.“ Aus dieser Zeit stammen die gezeigten Gemälde „Jüngling am Stadtrand“ und „Luganer See“. Letzteres schenkte Peter Weiss 1938 Hermann Hesse, mit dem ihn nicht nur die Schriftstellerei sondern auch eine romantische Neigung verband.
 
Die Ausstellung verknüpft auf geschickte Weise die verschiedenen, von Trauer, Einsamkeit und Exil bestimmten Lebensetappen des Künstlers mit den qualitätsvollen künstlerischen Selbstzeugnissen. So erhält der Besucher nicht nur einen fundierten Überblick zur Biografie von Peter Weiss, der inmitten seiner Bilder gewürdigt wird. Darüber hinaus präsentiert die sehenswerte Zusammenstellung den gestalterischen Reichtum und eine Formenvielfalt, die ebenso charakteristisch für die heterogenen Ausdrucksformen des geehrten Kosmopoliten ist.
Begleitet wird die Werkschau von einem abwechslungsreichen Programm, das diese Gestaltungs- und Themenfülle auf verschiedene Weise darbietet. Den Auftakt macht am 24. September die 10. Galerienwanderung des Kulturradios vom RBB. Neben einer öffentlichen Führung und einem Themennachmittag wird die Ausstellung von Lesungen aus den Werken von Peter Weiss begleitet. Außerdem beleuchten zwei Vorträge die bildästhetischen und sprachlichen Phänomene dieses Ausnahmekünstlers.

Fokus Sammlung Potsdam in der Grafik von 1945 bis 2000

Im Rahmen der Forschungsarbeit rücken die Sammlungen des Potsdam Museums regelmäßig in den Blick. Diese stellt mit ihren 250.000 Objekten einen großartigen Schatz dar, der zu vielfältigen Präsentationen anregt. Die Grafiken werden künftig im neuen Format „Fokus Sammlung“ in loser Folge gezeigt. Für die aktuelle Sammlungsschau „Potsdam in der Grafik“ rückt der Grafikbestand des Museums, der mehr als 7000 Werke umfasst, die zwischen 1945 bis 2000 entstanden sind, in den Vordergrund. „Wir freuen uns besonders darüber, dass durch Ankäufe, Schenkungen oder Leihgaben in den letzten Jahren die Grafiksammlung stetig gewachsen ist“, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin der Ausstellung Dr. Anna Havemann. Die Präsentation vereint 115 Werke von 30 Künstlerinnen und Künstlern und ist in fünf thematische Sektionen gegliedert. Sie eröffnet interessante Blickwinkel auf die Stadt und bietet verschiedene grafische Techniken dar. Viele Arbeiten, u. a. Aquarelle und Pastelle von Karl Höfer, Hans-Joachim Biedermann, Manfred Nitsche, Christian Heinze, Barbara und Karl Raetsch, Wolfgang Liebert und Peter Rohn sowie Peter Panzner werden hier erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ausstellung nimmt ihren Anfang im Jahr 1945, thematisiert die Zerstörung Potsdams und führt bis in die heutige Zeit, für die die Neugestaltung der historischen Mitte prägend ist. Am 29. September, 18 Uhr führt Dr. Anna Havemann durch die Ausstellung.

Veranstaltungen im Potsdam Museum

22.09.2016, 18 Uhr
„Ästhetik ist immer politisch“; Lesung von Texten zur Kunst aus „Peter Weiss – Die Ästhetik des Widerstandes“; In Kooperation mit quer.KULTUR e.V. Potsdam

24.09.2016
10. Galerienwanderung, Eine Veranstaltung von kulturradio

1.10.2016, 14 Uhr
Öffentliche Führung durch die Ausstellung, 06.-08.10.2016, Öffentliches Symposium

6.10.2016, 19.15 Uhr
öffentlicher Abendvortrag im Rahmen des Symposiums; Peter Weiss – „inmitten meiner Bilder“; Die bildende Kunst als „inneres Instrument“ –bildästhetische Konzepte von Peter Weiss in Malerei, Zeichnung und Collage; Referentin: Dr. Jutta Götzmann

13.10.2016, 18 Uhr
Lesung: „Mitteilung eines Fremden“; Michael Schrodt (Hans Otto Theater) liest aus dem Roman „Fluchtpunkt“ von Peter Weiss;
Eine Kooperationsveranstaltung mit dem Hans Otto Theater, Eintritt: 6 €

20.10.2016, 18 Uhr
Vortrag: „Peter Weiss 100. Zwischen Paradiso und Inferno – gefesselt und entgrenzt“
Referent: Dr. Hans-Christian Stillmark, Institut für Künste und Medien der Universität Potsdam

30.10.2016, 17 Uhr
Themenführung zur Collage in der Grafik von Peter Weiss; Referent: Thomas Stein (Potsdam Museum)