Pressemitteilung Nr. 544 vom 17.08.2017 Villa Vorberg: Bleiglasfenster und Frauenbewegung

„Warm up“ zum Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017
Villa Vorberg in der Villenkolonie Neubabelsberg
© Villa Vorberg in der Villenkolonie Neubabelsberg
Villa Vorberg in der Villenkolonie Neubabelsberg. Foto Landeshauptstadt Potsdam/ Friederike Herold

Unsere Reihe zur Einstimmung auf den Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017 setzen wir mit der Villa Vorberg fort. Hier zeigt sich die verblüffende Verknüpfung einer Neubabelsberger Villa mit der deutschen Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die Villa Vorberg wurde zu Beginn einer weiteren Besiedlungsphase der Villenkolonie Neubabelsberg um 1904 von der Witwe Johanna Vorberg in Auftrag gegeben, die dort nur vier Jahre wohnte. Darauf zog die Tochter, die Malerin und Kunstgewerblerin Margarete Vorberg (1867 – 1928) ein. Nach der Erschließung der begehrten Ufergrundstücke der Kolonie wurden die etwas höher gelegenen Grundstücke mit Blick auf den Griebnitzsee bebaut.

Der kompakte Bau zeugt im Inneren von einem eher konventionellen Grundriss. Die strenge Gliederung der Fassaden wird aufgelockert durch eine dezente Putzornamentik mit Blumen und Tuchgehängen. Typisch für den Zeitgeschmack zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist die Vereinigung von stark abstrahierten, klassischen Bauformen mit sparsamen Resten neobarocken Dekors. Ein vergleichbarer Bau in dieser Qualität ist heute in Neubabelsberg nicht mehr erhalten. Aufgrund seiner architekturhistorischen Besonderheiten aber auch durch seine geschichtliche Bedeutung ist die Villa Vorberg seit 2007 ein Denkmal.

Vor allem aber auch die ehemaligen Bewohner tragen zur Bedeutung des Gebäudes bei. Im Inneren schmücken einige Bleiglasfenster mit farbigen Blumenmotiven die Villa. Sie wurden höchstwahrscheinlich von Margarete Vorberg selbst entworfen. Die Schülerin des Berliner Malers Max Koner sowie der Académie Julian in Paris schuf vor allem Entwürfe für Raumgestaltungen, Möbel und Schmuck.

1904 gab die deutsche Regierung mit dem „Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen“ Frauen erstmals die Gelegenheit Kunstgewerbliches und Künstlerisches auf der Weltausstellung in St. Louis auszustellen. Auch nach der Weltausstellung widmete sich der von Frauen geleitete Verein neben der Ausbildung begabter Künstlerinnen auch der Organisation von Ausstelllungen und der Einrichtung eines Fonds für in Not geratene Mitglieder. Zum Deutschen Lyceum-Club, dem späteren Bund Deutscher Frauen (BDF), pflegte der Verein enge Kontakte. Gründungsmitglieder des Lyceum-Clubs waren die ebenfalls in Neubabelsberg ansässigen Frauen Elisabeth Wentzel-Heckmann und Hedwig Heyl. Beide hatten großen Einfluss auf die liberale Frauenbewegung in Deutschland und unterstützten das Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin.

Hedwig Heyl initiierte außerdem 1912 die Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“, an die sich der „Deutsche Frauenkongress“ anschloss. Neben bedeutenden Künstlerinnen wie Fia Wille, Lilli Behrens und Eva von Berlepsch, alle durch Ehe mit ebenso bedeutenden Gestaltern verbunden, beteiligten sich auch Margarete Vorberg und ihre Neubabelsberger Nachbarinnen, Margot und Adele Grupe, an der Ausstellung. Margarete Vorberg stellte unter anderem von der renommierten Berliner Firma Heinersdorff ausgeführte Glasmalereiarbeiten aus. Die Beziehung zu Margarete Vorberg führte wohlmöglich auch dazu, dass sich Margot und Adele Grupe auf dem benachbarten Grundstück ein Landhaus bauen ließen.

1910 bis 1911 entwarf die erste freiberufliche Architektin Deutschlands das sogenannte Landhaus Zankapfel, welches am Tag des offenen Denkmals auch geöffnet sein wird. Margarete Vorberg lehrte zeitweise an der Handels- und Gewerbeschule für Mädchen in Potsdam. Margot und Adele Grupe wiederum gaben zahlreiche Lehrbücher für kunsthandwerkliche Arbeiten heraus, die an der Schule verwendet wurden. Die enge Verbindung der künstlerischen Protagonistinnen innerhalb der Villenkolonie Neubabelsberg und auch darüber hinaus, verleihen der Villa Vorberg eine besondere Rolle innerhalb der Stadtgeschichte Potsdams.

Zum zehnten Mal präsentiert sich das erfolgreiche kulturelle Dreigestirn aus Potsdamer Jazztagen, der KunstGenussTour und dem Tag des offenen Denkmals vom 8. bis 10. September in der Landeshauptstadt. Am 10. September 2017 öffnen 59 Denkmale ihre Türen für interessierte Besucherinnen und Besucher.