Pressemitteilung Nr. 535 vom 15.08.2017 Die Arnim´sche Kapelle erwacht aus dem Dornröschenschlaf

„Warm up“ zum Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017
Die Arnim´sche Kapelle
© Die Arnim´sche Kapelle
Die Arnim´sche Kapelle. Foto Landeshauptstadt Potsdam/ Dana Fiebig

Zum zehnten Mal präsentiert sich das erfolgreiche kulturelle Dreigestirn aus Potsdamer Jazztagen, der KunstGenussTour und dem Tag des offenen Denkmals vom 8. bis 10. September in der Landeshauptstadt. Als Einstimmung auf den Tag des offenen Denkmals 2017 werden bis zum 10. September teilnehmende Denkmale vorgestellt. Die Reihe wird fortgeführt mit der Arnim´schen Kapelle auf dem Alten Friedhof. Das Denkmal zeigt, wie vielfältig die Potsdamer Architektur ist und was sich in einem auf den ersten Blick unscheinbaren Haus für eine interessante Geschichte verbergen kann.

Die kleine Kapelle und Trauerhalle auf dem Alten Friedhof Potsdam ist eines der bedeutendsten noch erhaltenen klassizistischen Friedhofsgebäude im Land Brandenburg. Hinter einer schlichten Fassade mit Dreiecksgiebel und figurenbesetztem Tympanon, das von ionischen Säulen getragen wird, öffnet sich ein eindrucksvoller Raum, der behutsam und mit viel Geschick restauriert wurde. Der Innenraum zeigt sich in einer Stilreinheit, in der überregional kaum noch klassizistische Räume dieser Art zu bewundern sind.

Ferdinand von Arnim, ein Schinkelschüler und Architekt in Potsdam, entwarf das Ensemble, welches aus einer Trauerhalle mit Nebengebäuden besteht, die noch heute erhalten sind. 1851 wurde die Friedhofskapelle eingeweiht. Außen an den Fassaden im Stil einer Villa entworfen, verbirgt sich im Inneren eine aufwendig ornamentierte Kapelle. Von besonderer Bedeutung ist die Decke, die mit Leinwandpaneelen eine Kassettendecke imitiert – eine Technik, wie sie sonst nur in der Potsdamer Friedenskirche Anwendung fand. Zur klassizistischen Ausgestaltung gehören auch die Wandschablonierungen, die feine, mit Holzimitation versehene Wandverkleidung sowie der aus farbigen Keramikplatten gestaltete Fußboden (Tessalat).

Während der DDR-Zeit wurde das Gebäude für die Friedhofsverwaltung komplett umgestaltet. Dabei musste die Apsis einer Treppe weichen, die aufwendig bemalte Decke wurde verhängt und der mosaizierte Fußboden durch den Einbau von Stützen zerstört. Davon ist heute nichts mehr zu erahnen.  

Nach jahrelanger Sanierung und mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
kann die Kapelle nun wieder als Trauerhalle genutzt werden. Nur die aufwendigen und kostspieligen Restaurierungsarbeiten des Fußbodens werden noch Jahre in Anspruch nehmen. Mit 43.000 Euro förderte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Wiederherstellung des Fußbodens, der in einem aufwendigen Verfahren an Ort und Stelle aus einzelnen Tonfliesen zu Rosetten zusammengefügt wurde. Ein ähnlicher Fußbodenbelag ist nur aus dem Alten Museum in Berlin bekannt.  

Im Gebäude befindet sich außerdem die aus dem 19. Jahrhundert unverändert erhaltene, durch eine Glaskonstruktion von oben belichtete  Leichenhalle. Weitere Räume werden durch die Potsdamer Friedhofsverwaltung genutzt.

Am Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017 lädt das Ortskuratorium Potsdam der Deutschen Stiftung Denkmalschutz interessierte Besucherinnen und Besucher in die Friedhofskapelle zur Besichtigung ein. Die Gäste erwartet ein umfangreiches Begleitprogramm mit sachkundigen Führungen durch den Architekten und den Restaurator sowie viele Informationen zur Arbeit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Am Nachmittag präsentiert sich der Chor der Fachhochschule Potsdam unter der Leitung von Ulrike Jahn mit einem abwechslungsreichen Repertoire. Für Kaffee und Kuchen ist gesorgt. Die Kapelle ist von 11 bis 17 Uhr geöffnet und liegt auf dem Alten Friedhof in der Heinrich-Mann-Allee 106.

Hintergrundinformationen zur Kapelle:
1796 wurde der Friedhof in der Teltower Vorstadt, der heute sogenannte „Alte Friedhof“, als Ersatz für die aus hygienischen Gründen geschlossene Begräbnisstätte vor dem Nauener Tor angelegt. In den ersten 50 Jahren nach der Friedhofseröffnung war die Armendirektion für die Anlage und die Beisetzungen zuständig. Nachdem es zu dieser Zeit eher ungeordnet zuging, kam 1846 mit der Schaffung der Friedhofsinspektorstelle, System in die Friedhofsverwaltung und -gestaltung.

Die Arnim´sche Kapelle wurde aus Nachlassmitteln des Stadtältesten August Friedrich Eisenhart (1772–1846) finanziert und vom Potsdamer Hofarchitekten Ferdinand von Arnim (1814–1866) – seinen Namen trägt die Kapelle heute – entworfen. Als während des Zweiten Weltkriegs der Alte Friedhof für Bestattungen gesperrt wurde, verlor die Kapelle für lange Zeit ihre Funktion als Trauerhalle und wurde in der Folgezeit stark in Mitleidenschaft gezogen. Bereits Bombenangriffe in den letzten Kriegstagen beschädigten das Leichenhaus. In den 1960er Jahren brachte schließlich ein Umbau der Kapelle zum Sitz der Friedhofsverwaltung eine gründliche Entstellung mit sich.

Ursprünglich bestand das Gebäudeensemble aus einer Trauerhalle, Leichenräumen und einer Wohnung des Friedhofswärters. Auf der Hofseite befand sich darüber hinaus ein Stall- und Remisengebäude aus Fachwerk, das in umgebauter und erweiterter Form noch heute existiert. Das Hauptgebäude des Ensembles, die Kapelle selbst, ist im Stil einer Villa mit klassizistischen Bauformen gestaltet. Es handelt sich um einen eingeschossigen, geputzten Mauerwerksbau, der mit einer Holzdachkonstruktion mit Zinkpfalzabdeckung abschließt. Dem zur Straße hin ausgerichteten Haupteingang ist ein Portikus auf zwei Säulen und darüber liegendem Giebeldreieck vorgestellt. Im Giebelfeld der Gebäudefront befindet sich ein Relief mit dem von Engeln getragenen toten Christus, geschaffen vom Bildhauer Friedrich Wilhelm Koch (1815–1889). Der Kapelleninnenraum wird durch eine zweiflügelige Tür erschlossen und endigt auf seiner Stirnseite mit einem Triumphbogen, dem sich eine Apsis anschließt. Er besitzt neben einer aufwendig ornamentierten Holzdecke auch einen aus verschiedenfarbigen Ton- und Natursteinplatten zusammengesetzte Mosaik-Fußboden – sogenanntem Tessellat.

Als man das Hauptgebäude in den 1960er zu Büroräumen umbaute, wurde das Fußbodenniveau erhöht, Decken abgehängt und Trennwände eingezogen. Die Schildwand samt ihrer Apsis, einer integrierten Tür zum Seitenraum sowie ein Lambris (paneelartige Wandvertäfelung) gingen dabei vollständig verloren. Auf diversen Putzresten waren jedoch Anhaltspunkte für die Stuckprofilierungen und die ursprüngliche Ausmalung der Kapelle zu finden. Während die heutige Stirnwand eine vom Restaurator Ulrich Schneider entworfene und von den Denkmalschutzbehörden freigegebene Rekonstruktion nach den Entwurfszeichnungen und zeitgleich errichteten Vergleichsobjekten darstellt, haben sich die Eingangstür, die innenraumwirksame Binderkonstruktion, zahlreiche Ziersparren sowie drei auf Leinwand gemalte Kassettenfelder der aufwendig ornamentierten Holzdecke und weite Teile des originalen Mosaik-Fußbodens erhalten.

Die Arnim´sche Kapelle gilt als eines der bedeutendsten klassizistischen Friedhofsbauwerke im Land Brandenburg. Verschiedene Rekonstruktions- und Restaurierungsmaßnahmen brachten die Kapelle bereits schrittweise ihrer ursprünglichen Erscheinung näher. Da der nicht mehr vollständig erhaltene und reparaturbedürftige Fußboden in Tessellat eine außerordentliche Seltenheit darstellt, umfasst die Fördermaßnahme der Deutschen Stiftung Denkmalschutz seine Restaurierung und Teilrekonstruktion.