Pressemitteilung Nr. 575 vom 04.09.2018 Ehrung für den Doyen der Klimafolgenforschung

PIK-Direktor Prof. Schellnhuber trägt sich beim Klimasalon ins Goldene Buch der Stadt ein
Prof. Schellnhuber trägt sich ins Goldene Buch der Landeshauptstadt ein.
© Landeshauptstadt Potsdam/Robert Schnabel
Prof. Schellnhuber trägt sich ins Goldene Buch der Landeshauptstadt ein. Foto: Landeshauptstadt Potsdam/Robert Schnabel

Auf Einladung von Oberbürgermeister Jann Jakobs hat sich heute der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber ins Goldene Buch der Landeshauptstadt Potsdam eingetragen. Der Eintrag fand im Rahmen des Salongesprächs zum Thema „Von Potsdam nach Paris und zurück – Operation Klimarettung“ statt, in dem die langjährige Arbeit Schellnhubers gewürdigt wurde. Wir dokumentieren im Folgenden die Rede des Oberbürgermeisters:

Es gilt das gesprochene Wort!

„Sehr geehrter Herr Prof. Schellnhuber,
liebe Gäste,

,Was heute geschieht, gleicht einem kollektiven Suizidversuch‘, stand kürzlich über einem Interview der Potsdamer Neuesten Nachrichten mit unserem heutigen Ehrengast, Prof. Hans Joachim Schellnhuber. Darin schildert Potsdams berühmter Klimaforscher in einem dramatischen Appell, was uns droht, wenn wir Menschen in den nächsten Jahrzehnten so weitermachen wie bisher. Es ist ganz einfach: Wir werden dann bald nicht mehr existieren.

Allein der Sommer dieses Jahres brachte es zutage: Die extreme Hitze und die wochenlange Dürre sind Ergebnis des Klimawandels. Die Natur zeigt uns immer wieder, dass wir sie aus dem Gleichgewicht bringen. Die Thermometersäule kriecht unerbittlich nach oben. Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt, prophezeit Prof. Schellnhuber.


Wobei wir an dieser Stelle nicht die Debatte über den Unterschied zwischen Wetter und Klima aufmachen wollen. Ich weiß, dass er da sehr hellhörig ist. Könnte man doch auch sagen, dass das wie der Vergleich des Deutschen Wetterdienst mit dem PIK wäre…

Prof. Schellnuber jedenfalls mahnt und warnt schon seit Jahren oder Jahrzehnten: Wir müssen aufhören, Kohle, Öl und Gas zu verbrennen und endlich in eine Welt ohne fossile Energien eintreten. Ich zitiere aus dem oben genannten Interview: ,Die notwendige Transformation zu einer sozial- und umweltverträglichen Gesellschaft sollten wir als Chance verstehen, eine bessere Moderne zu schaffen, die Kreisläufe schließt, regionale Ökonomien unterstützt, Landwirtschaft nachhaltig denkt - also mit dem Wirtschaften auf Kosten der Natur bricht.‘

Das ist das Thema von Hans Joachim Schellnhuber. Wie kein Zweiter hat er seit Jahrzehnten nachhaltige Lösungen des Klimaproblems eingefordert und die internationale Diskussion darüber entscheidend mitgeprägt. Vor drei Jahren erst war er die treibende Kraft im Vatikan, ja im Vatikan, bei der Abfassung der Umweltenzyklika des Papstes, wo seither ein ökobewusster Geist eingezogen ist. Alle entscheidenden Treffen hat er dort mitgestaltet, als Wortführer der etablierten Klimaforschung, wo Sie, wenn ich richtig informiert bin, lieber Herr Schellnhuber, wohlgemerkt als Agnostiker, mit den Pontifikalgelehrten aufmerksame Zuhörer und Diskutanten hatten.

Ihr Antrieb, etwas umzusetzen, etwas zu erreichen, voranzukommen, war früh ein prägender Charakterzug und schon in Ihrer Jugend spürbar. Nachdem Ihr älterer Bruder die Universität besuchte, hatte Ihre Familie kein Geld, um einem zweiten Kind ein Studium zu ermöglichen. Ihre Mutter hatte Ihnen aber von der Möglichkeit eines Hochbegabtenstipendiums erzählt. Und Sie haben sich das nicht zweimal sagen lassen, arbeiteten hart und konsequent und legten Ihr Abitur im Jahr 1970 mit der Note 1,0 ab.

Ebenso schnell erklommen Sie die wissenschaftliche Leiter, die hier im Einzelnen auszuführen, viel zu weit führen würde. Nur kurz und alle wissen es: Sie wurden eine Koryphäe auf dem Gebiet der Klimafolgenforschung, Ihnen hörte nicht nur der Papst zu, auch große Schriftsteller wurden von Ihnen zu Romanen inspiriert.

Damit haben Sie, lieber Prof. Schellnhuber, die Landeshauptstadt Potsdam mit ins internationale Geschehen gebracht und das Ansehen unserer Stadt in aller Welt gemehrt. Wir kennen Sie aber nicht nur als engagierten Vertreter ihrer Zunft, der seine Interessen und sein Wirken bewusst und wortstark einsetzt. Wir schätzen auch Ihr Engagement auf anderen Gebieten und für Potsdam, ob es nun um das Kleeblatt-Gebäude ihres 1992 gegründeten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung geht, das kulturelle Programm, das Sie mit Ihrer Frau Margret im PIK koordinieren, oder um das Projekt „Artists in Residence“, das Sie nicht nur leidenschaftlich unterstützen, sondern an wichtiger Stelle fördern und prägen. Vielen Dank an dieser Stelle dafür schon einmal!

Hans Joachim Schellnhuber, eigentlich John Schellnhuber, wie ihn alle nennen, ist ein ganz besonderer Mensch, der sich nebenbei auch für klassische Musik leidenschaftlich begeistern kann. Musik und Mathematik, so sagt man, haben ja eine enge Verwandtschaft. Und so ist vielleicht erklärbar, warum Sie zu beiden Disziplinen eine enge Bindung pflegen. Das ist keine neue Erkenntnis. Schon mehr als 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung stellte der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras diesen Zusammenhang fest. Es ist die erste bekannte Überlieferung dieser Verwandtschaft der beiden Fächer. „Alles ist Zahl“ ist ein berühmter Satz von ihm, den er vor allem auf die Musik bezog. Wie gesagt, eine große Leidenschaft von Ihnen.

Am Ende möchte ich noch einmal auf das eingangs zitierte Interview zurückkehren. Sie sagen darin, Sie werden mit Ihrer anstehenden Pensionierung die Verantwortung nicht so einfach abstreifen wie ein altes Hemd. Sie werden an den Themen weiterarbeiten und weiter versuchen, sie mit zu prägen.

Lieber Prof. Schellnhuber, machen Sie das bitte. Bringen Sie sich ein. Wir brauchen Ihre warnenden Worte, wir brauchen Ihre Hinweise auf Veränderungen.

Ich möchte Sie nun bitten, sich ins Goldene Buch der Landeshauptstadt einzutragen.“