Pressemitteilung Nr. 231 vom 28.04.2021 Projekt „Klimamoor“ startet in Potsdam

Moorrenaturierung als weiteres Standbein der Landwirtschaft
Projekt „Klimamoor“ startet in Potsdam
© Landeshauptstadt Potsdam/ Lars Schmäh

Projekt „Klimamoor“ startet in Potsdam. Foto Landeshauptstadt Potsdam/ Lars Schmäh

Im Auftrag des Brandenburgischen Landesamtes für Umwelt startet die ARGE Klimamoor mit dem Klimamoor-Projekt. Im Rahmen des Projektes „Klimaschutz und Klimafolgenanpassung durch moorschonende Errichtung der Staubereiche und Wasserbewirtschaftung“ wollen das Land Brandenburg und die Landeshauptstadt Potsdam Landwirte bei der Bewirtschaftung nasser Moore unterstützen, Wasserspeicher schaffen und Treibhausgasemissionen reduzieren. Dazu treten ab Ende April die Projektbearbeiter der ARGE Klimamoor in Kontakt mit den Landnutzern. „Die Potsdamer Landwirte verfügen hier über ein wertvolles Gut, der uns in Sachen Klimaschutz ein entscheidendes Stück nach vorne bringen kann“, sagt Bernd Rubelt, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt der Landeshauptstadt Potsdam.

Bis heute werden Moore entwässert, um sie landwirtschaftlich zu nutzen. Dies hat in Abhängigkeit von der Stärke der Entwässerung Folgen für Umwelt, Klima, Wasserhaushalt und den dauerhaften Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen. Denn trockengelegte Moore stoßen eine große Menge CO2 aus. Durch die Anhebung des Wasserstands können rund 15 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr reduziert werden. Der Klimawandel verschärft die Probleme insbesondere im Wasserhaushalt und mit fortschreitender Moorbodendegradierung: Intensiv als Ackerland genutzter Moorboden verliert jedes Jahr circa zwei Zentimeter an Höhe. Die Flächen sacken ab und auch die landwirtschaftliche Ertragskraft lässt nach.

Dass hier erfolgreich gegengesteuert werden kann, zeigen Erfahrungen aus Wissenschaft und Praxis. Seit einigen Jahren werden Moore als Klimaschützer wiederentdeckt: „Moore sind CO2-Speicher, da sie den Kohlenstoff von totem Pflanzenmaterial im Wasser binden“, sagt Lars Schmäh, Leiter des Fachbereichs Klima, Umwelt und Grünflächen der Landeshauptstadt Potsdam. Aber nicht nur das: Da sie zu 95 Prozent aus Wasser bestehen, spielen sie eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt. Sie helfen Überschwemmungen zu verhindern und angesichts von Trockenheit und Dürren sind Moorböden wichtige Wasserspeicher für die Landschaft. Sie sind also ein wichtiger Faktor, um Extremwetterlagen zu begegnen.

Daher möchte Deutschland bis zum Jahr 2030 die Emissionen von Klimagasen aus entwässerten Mooren um mindestens 5 Mio. Tonnen, Brandenburg um 700.000 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Hektar und Jahr reduzieren. Umgerechnet auf Potsdam wären das rund 5.000 Tonnen.  Dazu sind die Wasserstände nah an die Oberfläche zu bringen. Dieser Weg soll in Kooperation mit den Landnutzern gegangen werden. Dabei soll gezeigt werden, dass man Existenzen von Landwirten sichern und gleichzeitig Wasserspeicherung, Boden- und Klimaschutz betreiben kann.

Die größtenteils landwirtschaftlich genutzten Flächen sind auch auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam Dreh- und Angelpunkt. Je nasser die Böden, desto schwerer lassen sie sich bewirtschaften. „Wir möchten die Eigentümer mitnehmen, Aufklärung betreiben und dafür sorgen, dass die Landwirtschaft auch mit moorangepassten Nutzungsformen wirtschaftlich gut aufgestellt ist. Dabei möchte auch die Landeshauptstadt Potsdam unterstützen, wo es nur geht, um diese Chance mit dem Landesprojekt bestmöglich zu nutzen“, sagt Schmäh. Von Seiten des Landes gibt es deshalb das Förderprogramm „Moorschonende Stauhaltung“, das Ertragseinbußen von Landwirten kompensieren soll, wenn sie sich dafür entscheiden, ihre Flächen moorschonend zu bewirtschaften. Auch sogenannte „Moor Futures“-Zertifikate könnten zur Refinanzierung genutzt werden. Wiedervernässte Moorböden bieten aber auch interessante wirtschaftliche Potenziale: Zum Beispiel die Gewinnung von Biomasse für Biogasanlagen, die Nutzung von Pflanzen als Dämmstoffmaterial oder der Anbau von Schilf als Baustoff. Auch hier sind wirtschaftliche Synergieeffekte für die Region möglich, indem zum Beispiel das ortsansässige ATB (Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie) hilft, Anwendungsfelder für Produkte zu entwickeln.

Auch das vor einem halben Jahr gestartete Netzwerk „Das Blaue Band der Havel“ vom Verein für Landschaftspflege Potsdamer Kulturlandschaft e.V. zielt in diese Richtung. Mit diesen beiden Vorzeigeprojekten sollen unter Einbeziehung der Landwirte Handlungsempfehlungen und Umsetzungsmöglichkeiten geschaffen werden, die Böden moorschonend zu bewirtschaften. Das  Klimamoor-Team unterstützt und begleitet mindestens bis 2026 Landwirte bei der Umstellung und Anwendung der Fördermöglichkeiten. Das Expertenteam aus Wasserwirtschaftlern, Landwirten, Verfahrenstechnikern, Moorkundlern und Biologen berät Nutzer und Interessenten vor Ort und unterstützt Landwirte bei der Umstellung von Bewirtschaftung und Verwertung.

Neu wird im 3. Quartal 2021 auch eine Klima-Moorschutzrichtlinie sein. Das Land wird damit attraktive Umstellungshilfen bei der Anschaffung von moorangepasster Technik und insbesondere der Verwertung von Biomasse aus nassen Mooren bis zu Baumaßnahmen an Stauanlagen und vieles mehr bieten, sodass neben Flächennutzern ggf. auch Energieunternehmen von der Förderung profitieren.

Das Pilotprojekt in Potsdam bildet der Polder Fahrland. Das sind Flächen zwischen dem Fahrländer See und der Jubelitz im Osten und der B273 im Westen. Dort befinden sich rund 290 Hektar organische Böden, das heißt allein hier befindet sich ein Minderungspotential von rund 4.000 Tonnen CO2 pro Jahr. „Es muss hier ein Konstrukt gefunden werden, bei dem der Wasserstand nicht mehr so stark abgesenkt wird und die Eigentümer trotzdem erfolgreich wirtschaften können“, sagt Schmäh. Zu diesem Zweck informiert die Landeshauptstadt Potsdam derzeit die Potsdamer Landwirte und das Klimamoorteam nimmt ab Ende April die Fachgespräche mit den Landnutzern auf. „Was jetzt wichtig ist, ist ein sorgfältiger Informationsaustausch mit Potsdams Landwirten. Wir wollen ihnen die nötigen Instrumente an die Hand geben, damit sie die Möglichkeit haben, dieses außerordentliche Potential zu nutzen“, so der Umweltbeigeordnete Bernd Rubelt.

Für weiterführende Auskünfte oder die Vermittlung von entsprechenden Kontakten können sich Interessierte an den Fachbereich Klima, Umwelt und Grünflächen wenden.