„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Als ein spiralförmiges Band legt sich die 11. Feuerbachthese von Karl Marx um den Aquatorring der Transparenten Weltkugel. Gekreuzt wird sie dabei von Goethes Schlusssatz aus Faust II.: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.“
Karl Marx (1818-1883) und Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) untersuchten die Wechselbeziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen Gut und Böse und schlussfolgerten, dass das Eine nicht ohne das Andere existieren kann. Die Zitate werden zum Sinnbild des immerzu strebenden schöpferischen Menschen und dass Vergängliches ein Gleichnis für Wissen und Macht ist, welches Neues erschaffen kann, wenn man die richtigen Schlüsse zieht. Um diese Veränderungen herbeizufuhren, musste sich sowohl Goethes Faust als auch der marxsche Mensch seiner schöpferischen Kraft bewusst werden. Deshalb kritisierte Karl Marx den Philosophen Ludwig Feuerbach (1804-1872), weil dieser nur eine weitere Theorie anbietet, welche die Welt erklärt, aber nicht revolutionär verändert und somit auch kein Klassenbewusstsein geschaffen werden kann. Die zwei Zitate spiegeln somit die Grundlage der kommunistischen Ideologie in der DDR wieder. Die sich spiralförmig und am Ende ins All schwingende, von der Erdbahn abkommende bis ins Unendliche hinausschiebende Marxsche These verstärkt noch die kraftvolle revolutionäre Dynamik jener Ideologie, welche an Wladimir Tatlins (1885-1953) Entwurf für den Turm der III. Internationale aus dem Jahr 1920 erinnert. Die transparente Weltkugel war zudem gut platziert, denn mit ihrem ehemaligen Aufstellort vor der nahe gelegenen Bibliothek und dem damaligen Institut für Lehrerbildung in der Friedrich-Ebert-Straße korrespondierte das Kunstwerk mit der Funktion dieser Gebäude. Das philosophische und politische Selbstverständnis der DDR schlägt somit einen Bogen vom Urvater des Marxismus über die russische Revolution zur kommunistischen Ideologie.
Die Stahlplastik zeigt sich in einer sehr modernen aber für die damalige Zeit typisch freien Fassung. Die zwei Zitate halten die Welt inhaltlich und formal zusammen und avancieren zu einem sinnstiftenden Band aus Stahl und der Betrachter kann sich in der spannenden Aufgabe üben, sich deren auch heute noch aktuellen Bedeutung zu erschließen.