Columbarium, Lucas Lenglet, 2006

Klinker, Mörtel und Beton, H 590 cm, D 240 cm

Das Columbarium des niederländischen Künstlers Lucas Lenglet (*1972) wurde im Rahmen der Ausstellung "Ideale Städte - Unsichtbare Städte", ein deutsch-polnisches Kunstprojekt, in Potsdam errichtet. Idealstadtvorstellungen von Städtebauern und Philosophen bestimmten vor allem die Stadtplanungen der Renaissance, doch deren Entwürfe mit streng geometrischen Stadtgrundrissen als Wunsch nach Ordnung sowie Ausdruck von Träumen und Ängsten wurden in solcher Konsequenz nur selten verwirklicht. Das Nichtumsetzen und Verlorengehen jener Visionen und die darauf folgende Abwesenheit von Ordnung und Macht thematisiert das Buch Le città invisibili (1972) des italienischen Schriftstellers Italo Calvino, welches Sabrina van der Ley und Markus Richter zum Leitthema des Kunstprojektes machten.

Das Columbarium (lat. Taubenschlag) greift nicht nur eine solcher idealen Formen für Stadtgrundrisse auf, sondern erinnert durch die runde Bauform und die zahlreichen Nischen auch an Taubentürme und römische Grabkammern. Das Columbarium versinnbildlicht demnach Leben und Tod zugleich. Die Kreisform ist aber nicht nur der Wunsch nach der bestmöglichen und stabilsten Bauform, verbunden mit der räumlichen Organisation einer Landschaft, sondern auch der Wunsch nach Ordnung durch staatliche Gewalt. Darin zeigt sich die Kritik des Künstlers an die Moderne und auch der Zwiespalt solcher Vorstellungen, bezeugen sie doch den Widerspruch von Sicherheitsarchitektur zwischen Stärke und Schwäche sowie Schutz und Kontrolle. Der runde Turm tritt trotz des luftigen Charakters geschlossen auf und verdeutlicht das Sichtbare und Schützende, darüber hinaus liegt die Kontrolle verborgen im Inneren. Dieses Prinzip des Panoptikums beschrieb bereits der britische Philosoph Jeremy Bentham (1748-1832). Jene Bauform diente zur bestmöglichen Überwachung vieler Menschen in Fabriken oder Gefängnissen durch eine einzelne für andere unsichtbare Person vom Zentrum des Gebäudes aus. In der Postmoderne hat das Ausmaß der Überwachung zugenommen und sich auf verschiedene Bereiche des Lebens ausgebreitet, ebenso sind die urbanen Utopien der Renaissance verschwunden. Demzufolge ist Lucas Lenglets Columbarium ein Aufzeigen des Wandels von Idealen einschließlich Sichtbarem und Unsichtbarem.

Diese Veränderung verdeutlicht der Künstler, indem er das Columbarium vor einem 1971/72 errichteten siebengeschossigen Plattenbau errichtet und die runde geschlossene Form mit einer offenen linearen Bebauungsstruktur kommunizieren lässt. Beide Bauformen sind ein Abbild der städtebaulichen und gesellschaftspolitischen Vorstellungen ihrer Zeit, doch sind sowohl ihre Geometrie als auch deren Gesellschaftsformen Utopien geblieben.

Adresse

Columbarium
Am Alten Markt 10
14467 Potsdam
Deutschland