Lebensbaum, Vinzenz Wanitschke, um 1975

Sandstein; 200cm (H), 170cm (B), 110cm (T)

Zwei Kinder sitzen in spielerischer Gemeinsamkeit unter der üppigen Krone eines Baumes – eine Kindheit ohne Sorgen. Zu ihren Füßen spielen unbeschwert zwei junge Hunde. Ein erhobener Arm scheint einen Stock zu werfen oder eine Geste der Stärke gegenüber dem Anderen anzudeuten. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich und der jugendliche Drang die Ferne zu erkunden, suggeriert der lässig auf einem Motorrad sitzende Mann. In einer kraftvollen Pose innehaltend, hat er die Hände locker an das Lenkrad und an das Koppel seines Gürtels gelegt. Allein mit sich selbst und der Natur gesellt sich nur ein Eichhörnchen im Geäst des Baumes hinzu. Vielleicht ist es der unbeschwerte Umgang der Jugend mit der Zeit des Lebens, die ihn dazu anhält, in aller Ruhe zu verweilen. Weitaus andere Fragen des Lebens stellt sich ein nacktes Elternpaar. Die zu seinen Füßen sitzende und aufblickende Frau könnte die Mutter des Mannes darstellen, der sich in einem Abnabelungsprozess nun der eigenen Familie zuwendet. Die jungen Eltern bilden zugleich Stütze und Rückhalt der sich ungebändigt in alle Richtungen bewegenden Kinder. Der fürsorgliche Arm der Mutter legt sich auf die Schulter eines Kindes und leitet in die nächste Darstellung über. Das Elternpaar ist nun älter geworden und sein Körper ist in Tuch gehüllt. Doch während die Mutter einen anderen Weg einzuschlagen gedenkt und ihren Arm noch zögernd an den Baum lehnt, wirken Mann und Kind von der Seite auf sie ein. Ein kindlicher Fuß und ein fragend von der Seite blickender Ehemann versuchen dem Zweifel entgegenzutreten.

Der Bildhauer Vinzenz Wanitschke (1932-2012) interpretiert den Baum der Erkenntnis modern. Verwoben mit der Natur steht das Leben im Zentrum. Das christliche Thema um Adam und Eva findet seine Entsprechung. Im stilisierten Astwerk verweisen nicht sündhafte Früchte auf die Vertreibung aus dem Paradies, sondern an Putten erinnernde Kinder auf eine lebendige Zukunft. Die gedrungene Blockhaftigkeit der Erzählung, die sich aus dem Sandstein herausarbeitet, ist typisch für die Bildhauerkunst jener Jahre. Die Aufstellung auf dem Johannes-Kepler-Platz im Zentrum der zwischen 1970 und 1980 errichteten Großwohnsiedlung Am Stern kann als Bekenntnis zum Neuanfang verstanden werden.

Adresse

Lebensbaum
Johannes-Kepler-Platz
14480 Potsdam
Deutschland