Kunstwerke in den Potsdamer Stadtteilen

Von Dirk Alexander Schermer, Autor der Publikation "Kunst im öffentlichen Raum"

Mit der Broschüre Kunst im öffentlichen Raum - Potsdamer Stadtteile vervollständigt die Landeshauptstadt Potsdam ihre dreiteilige Publikationsreihe über die öffentliche Kunstlandschaft in Potsdam. Die im vorliegenden Band beschriebenen Kunstwerke stehen in einem weiter gefassten Kontext als diejenigen aus den vorangegangenen Publikationen. Während die zentralen Bereiche der Stadt vorwiegend durch Skulpturen und Plastiken, Brunnen, Wandbilder und Mahnmale der 1960er bis 1980er Jahre geprägt sind, die eine gesellschaftspolitische und künstlerische Botschaft zu vermitteln suchten, sind die Spielobjekte, Installationen, Brunnenanlagen und Denkmale in den Potsdamer Stadtteilen vorwiegend als Reaktion auf den Wohnungsbau der 1970er und 1980er Jahre zu verstehen. Weitere Kunstwerke entstanden nach Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen in den 1990er und 2000er Jahren. In diesem Kontext wird ein Funktionswandel deutlich, denn Typenbildung und Standardisierung von Wohnbauten in Waldstadt, Schlaatz, Drewitz/ Kirchsteigfeld und Am Stern erforderten andere Vorgehensweisen und lassen noch heute andere Raumsituationen erkennen als auf dem Gartendenkmal Freundschaftsinsel oder in den Straßen und auf den Plätzen der historischen Innenstadt.

Mit den Kunstwerken in den Potsdamer Stadtteilen wird darüber hinaus der gewohnte Abstand zwischen Werk und Betrachter aufgehoben, denn Spielplastiken sollen durch Kinder nicht nur berührt und erobert, Installationen von Wissbegierigen nicht nur zu Fuß durchschritten werden. Die Kunstwerke sind multifunktionaler Bestandteil des Städtebaukonzeptes. Den Magnus-Zeller-Platz beispielsweise markiert als Ausgangspunkt eines sich nach Norden und Osten anschließenden Wohngebietes, ähnlich einem Gelenkstück, eine groß dimensionierte und von Grünpflanzungen umgebene Brunneninstallation auf kreisrundem Grundriss. Die Schlaatzer Welle fungiert als Multifunktionsband, in der alltagsbezogenen bespielbare und begehbare Kunstwerke installiert sind. Die Lange Linie zwischen Erlenhof, Pappelhof und Bisamkiez lädt mit seinen zwischen Wohnbauten eingebetteten Kunstwerken und Grünpflanzungen zur Erholung ein.

Die erweiterte Wahrnehmung von Kunst im öffentlichen Raum beginnt bereits in der Planungsphase einiger Objekte. Im gesamten Herstellungsprozess der Bubbles Figuren am Caputher Heuweg wurden Kinder und Jugendliche als souveräne und kreative Gestalter ebenso mit einbezogen, wie die Schüler der Weidenhof-Grundschule bei der Ausarbeitung der Plastik Weide mit Adam und Eva. Durch die Zusammenarbeit zwischen Künstlern, Architekten und Anwohnern ist die Urheberschaft des Künstlers aufgelöst und die bildende Kunst zum pädagogischen Konzept erweitert worden. Für die Beteiligten ergibt sich eine Identifikation mit ihrem Wohnumfeld, ihrem Arbeitsort, ihrem Freizeitbereich. Was unter anderen Vorzeichen in den 160er Jahren als Ausstellung im Freien auf der Freundschaftsinsel begann, endet in den 2000er Jahren vorerst als integrativer Bestandteil eines alltäglichen Nutzungsraumes in den Potsdamer Stadtteilen. Anhand dieser zwei- und dreidimensionalen Bilder wird der Wandel von Form und Funktion von Kunstwerken, von Verständnis im Umgang mit der Idee von Kunst im öffentlichen Raum deutlich. Geschlossene und zentrale Räume stehen offener strukturierten, miteinander verketteten Räumen in den Neubaugebieten gegenüber. Trotz dieses Gegensatzes müssen die Stadtteile Potsdams nicht als periphere Satelliten des Stadtzentrums betrachtet werden. Wasserlandschaft, Grünanlagen und Verkehrswege, vor allem aber die über die Potsdamer Stadtlandschaft verteilten Kunstwerke können als verbindendes Element betrachtet werden. 

Kunst im öffentlichen Raum hat verschiedene Gesichter, denn die Ansprüche an diese wandeln sich im Laufe der Jahrzehnte ebenso wie ihre städtebaulichen und kulturpolitischen Räume, in denen sie sich befindet. Anwohnern und Besuchern kommt die Aufgabe zuteil, auch die vom Stadtzentrum entfernter liegenden Kunstwerke und Gestaltungsräume zu entdecken. Deren räumliche und zeitliche Kontinuität gilt es aufrecht zu erhalten, sowohl in der Wahrnehmung als auch in der Pflege und Vermittlung - und somit auch in deren Wertschätzung.   

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