Tag von Potsdam

Als die Demokratie starb
Das Bild zeigt Paul von Hindenburg, Polizeipräsident von Zitzewitz, Pfarrer Lahr und andere am Tag von Potsdam auf dem Weg zum Eingang der Nikolaikirche, 21. März 1933,
© Potsdam Museum, FS1404, Fotograf Franz Boroffka
Tag von Potsdam, Paul von Hindenburg, Polizeipräsident von Zitzewitz, Pfarrer Lahr und andere auf dem Weg zum Eingang der Nikolaikirche, 21. März 1933, (© Potsdam Museum, FS1404, Fotograf Franz Boroffka)

Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichpräsidenten Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933 wurde der Weg geebnet für die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie der Weimarer Republik. In der Folge beseitigte das neue nationalsozialistische Regime verfassungsmäßige Grundrechte wie Rede-, Versammlungs-, Presse- und Meinungsfreiheit. Adolf Hitler konnte die Macht ergreifen, weil die deutsche Gesellschaft diese Führung mehrheitlich begrüßte.

Eine wichtige Etappe für die Festigung der nationalsozialistischen Herrschaft war die feierliche Eröffnung des neuen Reichstags nach den Reichstagswahlen am 5. März 1933. Diese Festlichkeiten fanden in Potsdam am 21. März 1933 statt. Als Tag von Potsdam ist der symbolisch aufgeladene Staatsakt in die Geschichte eingegangen.

Die Demokratie starb nicht urplötzlich und unvermittelt. Ihre Abschaffung erreichte das NS-Regime durch zahlreiche Erlasse, Verordnungen und Gesetze, begleitet von Terror und allgegenwärtiger Propaganda.
Anlässlich des 90. Jahrestages der Ereignisse wirft der Blick auf die Vergangenheit die Frage auf, wie wehrhaft eigentlich die heutigen Demokratien sind. Wo werden sie unterlaufen? Wie werden sie angefeindet? Welchen Gefahren sind sie ausgesetzt?

Die vorliegende Veranstaltungsreihe zahlreicher Institutionen und Engagierter beleuchtet die historischen Ereignisse rund um den Tag von Potsdam. Sie soll anregen, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen und sich für die Wahrung und den Erhalt der Demokratie einzusetzen.
 

1. März 2023 | 18 Uhr | Vortrag und Diskussion
Selbstpreisgabe der Demokratie?
Theodor Heuss vor den Herausforderungen des Jahres 1933

Dr. Dr. Ernst Wolfgang Becker, stellvertretender Geschäftsführer und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Bundespräsident Theodor-Heuss-Haus mit einem theologischen Impuls von
Pfarrer Dr. Jan Kingreen
Veranstalter: Nagelkreuzgemeinde und Stiftung Garnisonkirche Potsdam
Nagelkreuzkapelle am Ort der Garnisonkirche Potsdam

Das Jahr 1933 bestimmt die deutsche Geschichte wie kaum ein anderes Jahr. Hier wurden finale Weichen gestellt, deren Wirkungen bis heute spürbar sind.
Die Nagelkreuzgemeinde am Garnisonkirchturm und die Stiftung Garnisonkirche Potsdam laden ein, Theodor Heuss‘ kritischen Blick auf das Jahr 1933 zu folgen.
Im Vorfeld des Festaktes zur Reichstagseröffnung am 21. März 1933 in der Potsdamer Garnisonkirche, der als „Tag von Potsdam“ in die Geschichte einging, wendete sich Theodor Heuss, der Reichstagsabgeordnete der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei, mit einem Brief an Otto Dibelius, den Generalsuperintendenten der Kurmark, späteren Bischof und Ratsvorsitzenden der EKD und Befürworter des Festakts. Heuss, der nach dem Zweiten Weltkrieg erster Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland wurde, schrieb damals u.a.: »Wenn die Kirche heute dem Staat gegenüber eine so geistliche als weltliche Aufgabe besitzt, dann ist es doch die, Mahnerin des Gewissens zu sein«. Zuvor, in seinem 1932 veröffentlichten Buch „Hitlers Weg“, urteilte er bereits, dass der gegenwärtige Antisemitismus der Nationalsozialisten »uns andern ein Anlass der Scham sein« sollte. Dennoch stimmte Theodor Heuss am 25. März dem Ermächtigungsgesetz zu, mit dem es den Nationalsozialisten gelang, die Demokratie der Weimarer Republik zu zerschlagen und die Errichtung der Diktatur und somit den Weg für Verfolgung, Krieg und beispiellosen Massenmord herbeizuführen. 

Die Veranstaltung wird im Rahmen des Projektes „100 Köpfe der Demokratie“ der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus gefördert. 

 

21. März 2023 | 17 Uhr | Vortrag
Die Schauplätze des Tags von Potsdam im Spiegel der Fotografie
Mit Hannes Wittenberg
Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte

 

21. März 2023 | 18 Uhr | Gespräch und Diskussion
Der Tag von Potsdam – Begräbnis der Demokratie 1933?
Die Veranstaltung widmet sich dem historischen Ereignis und fragt danach, welche Schlussfolgerungen heute daraus gezogen werden.
Mit Thomas Wernicke, Historiker und Museologe
Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung

Im Bildgedächtnis des Tags von Potsdam hat sich der Handschlag zwischen Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg durch das Abschiedsfoto vor der Garnisonkirche eingebrannt. Der Tag gilt als Symbol für das Begräbnis der republikanischen deutschen Demokratie, die sich seit 1918 entwickelt hatte. Potsdam wurde in der NS-Propaganda zur Geburtsstätte der nationalsozialistischen Diktatur. Der 21. März ist jedoch nicht nur ein historisches Datum. Die Hintergründe des „Handschlages“ verdeutlichen einerseits den Weg in die Diktatur, andererseits stellen sie für die brandenburgische Landespolitik, die Potsdamer kommunalpolitik und Stadtgesellschaft aktuelle Fragen im Umgang mit der Geschichte. Welche Akteure bereiteten den Weg in die Diktatur, wie verhielt sich die Stadt und welche Schlussfolgerungen lassen sich heute aus den historischen Ereignissen ziehen? 1933 hat Adolf Hitler die Macht nicht an sich gerissen, sie wurde ihm symbolträchtig übergeben, die parlamentarische Demokratie 1933 damit aufgegeben. Warum?  

 

22. März 2023 | 19 Uhr | Eröffnung und Performance
23. bis 26. März 2023 | 14 bis 17 Uhr
Rührt euch!
Sound- und Videoinstallation von der Künstlerin Annette Paul
Im entlegensten Raum des Rechenzentrums in Räumen der ehemaligen Kantine
Rechenzentrum Potsdam

 

23. März 2023 | 17 Uhr | Buchvorstellung und Ausstellung
ENTRECHTET
Das Schicksal von Ludwig Levy (1883-1966) und die Ausgrenzung von Juristen jüdischer Herkunft 1933
Präsentation des neuen Buches mit persönlichen Lebenserinnerungen über den Potsdamer Juristen und sozialdemokratischen Stadtverordneten Ludwig Levy. 
Das Buch präsentieren Dr. Johannes Leicht, Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße, und Schauspieler Alexander Bandilla.
Anschließend: Eröffnung der Foyerausstellung „ENTRECHTET. Die Ausgrenzung von Juristen jüdischer Herkunft 1933“
Gedenkstätte Lindenstraße

 

23. März 2023 | 18:30 Uhr | Podiumsdiskussion
Die Potsdamer Garnisonkirche und die Errichtung der NS-Diktatur
Eine Podiumsdiskussion mit Autoren des Bandes „Der Tag von Potsdam“ (Verlag De Gruyter, 2023)
Veranstalter: Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien
Mit Prof. Dr. Jens Flemming (Historiker und Experte zur Rolle von „Stahlhelm“ und „DNVO“), Prof. Dr. Reinhard Mehring (Philosoph und Carl-Schmitt-Forscher), Dr. Anna von der Goltz (Historikerin und Expertin zu Paul von Hindenburg), Thomas Wernicke (Historiker und Experte zum Tag von Potsdam)
Kosmos im Rechenzentrum Potsdam

 

24. März 2023 | 18 Uhr | Vorträge und Diskussionen
Eine Stunde Missbrauch?
Widerreden gegen Mythen zum Tag von Potsdam

Veranstalter: Lernort Garnisonkirche
Mit:
Dr. Matthias Grünzig: Die Garnisonkirche als Ort von Deutschnationalen und Rechtsradikalen 1919-1933
Prof. Dr. Manfred Gailus: Die Kirche als Ermöglicher – Otto Dibelius
Dr. Annette Leo: Nicht nur Potsdam – Reichsweite Feiern
Prof. Dr. Philipp Oswalt: Zwölf Jahre Präsenz – Der Tag in der NS-Propaganda
Moderation: Dr. Achim Saupe (ZZF)
Stadt- und Landesbibliothek/ Veranstaltungssaal

 

25. März 2023 | 10 Uhr
90 Jahre Tag von Potsdam. Historisches Ereignis oder gesellschaftliche Verantwortung
Veranstalter: Friedenskoordination Potsdam gegen Militarismus, Nationalismus, Rassismus und Krieg
Diskussionsreihe: Stammtisch Frieden
Mit: Prof. Dr. Anton Latzo
Bürgertreff Waldstadt, Saarmunder Straße 44, 14478 Potsdam

Am 21. März 1933 – vor 90 Jahren – inszenierten die Nationalsozialisten mit der Eröffnung des Reichstags in der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche nicht nur sich selbst, sondern legten damit auch den Grundstein für die Legitimierung ihrer Herrschaft. Der Schulterschluss mit dem preußischen Militarismus wurde symbolisch durch den Handschlag Adolf Hitlers mit Reichsmarschall Paul von Hindenburg
vollzogen. Dieses Ereignis ging als „Tag von Potsdam“ in die Geschichte ein. 

Nicht erst seit der Diskussion und dem nun begonnenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche wird über die weitreichende Bedeutung dieses Ereignisses debattiert. Was bedeutet der „Tag von Potsdam“ heute für uns? Welche Lehren ziehen wir aus der Geschichte? Wie gehen wir damit um, wenn solch ein Gebäude wie die Garnisonkirche wiedererrichtet wird? Welche Verantwortung haben wir als Teil der
Potsdamer Stadtgesellschaft? Was bedeutet das für unsere Zukunft?  Prof. Dr. Anton Latzo wird darüber informieren und Denkanstöße geben, die zum weiteren Diskutieren anregen sollen. Wir laden Sie daher herzlich dazu ein.

 

26. März 2023 | 11 Uhr | Vortrag mit Filmbeispielen
Der Tag von Potsdam und die Medien
Mit Dr. Ralf Forster, Filmmuseum Potsdam
Filmmuseum Potsdam

 

21. bis 26. März 2023 | täglich 15 bis 18 Uhr außer Donnerstag
23. März 2023 | 17 bis 20 Uhr
26. März 2023 | 15 Uhr | Einführung undInformation zur Anwendung
Zukunft der Erinnerungskultur – virtuelle Annäherung an das (erste) KZ Oranienburg
Virtual Reality-Experience in die Zeit des ersten Konzentrationslagers Oranienburg, das am Tag von Potsdam von der lokalen SA auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei mitten in Oranienburg
eingerichtet und bis 1934 betrieben wurde. Die Anwendung basiert auf dem Bericht des dort inhaftierten und von dort geflüchteten politischen Häftlings Gerhart Seeger.
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte


21. bis 26. März 2023 | ganztägig
Glockenklang und Menschenmassen
Der Tag von Potsdam als historisches Ereignis und Gegenstand geschichtskultureller Debatten

Außerschulische Projekttage zum Tag von Potsdam
Stiftung Garnisonkirche Potsdam in Kooperation mit dem Potsdam Museum und dem Filmmuseum
Buchbar nach Absprache ab März
Nagelkreuzkapelle und Potsdam Museum

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