Zwischen Brandenburger und Nauener Tor

 

Bei Friedrich Nicolai lesen wir 1786: "K. Friedrich Wilhelm hatte bekanntlich eine vorzügliche Liebe zu dieser Stadt. Unter ihm fängt die glänzende Periode von Potsdam an. Er that zwey große Theile der Stadt hinzu, und verschaffte ihr, durch die Hineinlegung der Soldaten, durch die Anlage vieler Manufakturen, und durch seine fast beständige Gegenwart daselbst, ungemeine Nahrung.“ "Friedrich Wilhelms 1713 gefasster Entschluss, Potsdam zum ständigen Standort seiner Garde zu machen, war so gewalttätig, dass alle bisher ... gewohnten örtlichen Maßstäbe gesprengt werden mussten“, schreibt Friedrich Mielke in "Potsdamer Baukunst“. Ab 1722 erfolgte durch Friedrich Wilhelm I. die erste Stadterweiterung, deren Ziel es war, Platz zu schaffen für die Soldaten, für die mit ihnen verbundenen Dienstleistungen, für Handwerk und Gewerbe. Die Fläche der Stadt wuchs über den Stadtkanal hinaus und verdoppelte sich. Die gesamte Stadt wurde mit einer Stadtmauer umgeben, die u. a. entlang der heutigen Charlotten- und Lindenstraße verlief. In den neu gebauten Wohnhäusern gab es genormte, je 25 Quadratmeter große Stuben für die Einquartierung der Soldaten. Bereits elf Jahre später erwies sich die Stadt erneut als zu klein für die sich entwickelnde Garnison. Die barocke Stadt gewann ab 1733 mit der zweiten Stadterweiterung (1733-1742) ihre endgültige Größe. Die Stadtmauer wurde versetzt und zog sich nun im Norden entlang der Kurfürstenstraße, der Behlertstraße und der Schopenhauerstraße hin, zwischen Nauener, Jäger- und Brandenburger Tor. Als Friedrich Wilhelm I. 1740 starb, war die zweite Stadterweiterung bis auf Teile des Holländischen Viertels vollendet. Aus einem kleinen Ort mit 199 Häusern und 1500 Einwohnern (1715) war eine Stadt mit 1154 Häusern und 11.708 Einwohnern geworden. Anstelle der Stadtmauer verbindet heute eine Promenade die drei Tore.

 

Brandenburger Tor, Luisenplatz

Über das Brandenburger Tor heißt es in einem Reiseführer von 1900: "Friedrich II. setzte an die Stelle des alten hölzernen Thores diesen schönen, mit korinthischen Säulen geschmückten Triumphbogen. Die Seite außerhalb der Stadt ist von Unger nach des Königs eigenem Entwurfe ausgeführt. ... Die Stadtseite ist von Gontard.“
So geschah es im Jahre 1770. Die nach außen gewandte Seite des Tores wurde reich verziert, die Attika mit Trophäen geschmückt. Über der Kartusche thront die vergoldete Preußenkrone. Am rechten Pfeiler der Stadtseite weist der Schriftzug "Schritt" noch heute darauf hin, dass hier einst die Fahrer der Pferdebahnen Rücksicht auf die Fußgänger nehmen sollten. Das Brandenburger Tor ist eines der drei heute noch weitestgehend erhaltenen Potsdamer Stadttore. Das dunkelrot leuchtende Gebäude der Sparkasse am Luisenplatz 9 wurde 1833-1836 als Kaserne für das 1. Garde-Ulanen-Regiment gebaut, im Jahr 1900 beherbergte es die Kaiserliche Leibgarde. Der Luisenplatz selbst entstand etwa um 1733 mit dem Bau der Stadtmauer an dieser Stelle. Am 21. Dezember 1793 wurde hier die 17-jährige Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz (1776-1810), die später berühmt gewordene Königin Luise, empfangen. 1854 wurde der Platz von Lenné im Auftrag Friedrich Wilhelms IV. gärtnerisch umgestaltet. Ziergehölze, Rasenflächen, Bäume und Hecken zierten den Platz. In der Mitte erhob sich ein mit reichem Figurenschmuck versehener Brunnen. 1903 wurde dieser durch ein Standbild des 99-Tage-Kaisers Friedrichs III. ersetzt. 1939 löste ein Parkplatz die Gartenanlage ab. Parkplatz und
Verkehrsknotenpunkt blieb der Ort bis in die 1990-er Jahre. Im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau 2001 wurde er erneut umgestaltet. Der Platz erhielt eine Tiefgarage und doppel- bzw. dreireihige Lindenreihen. Der Brunnen in der Platzmitte ist eine Schale mit einem Brunnenrand aus chinesischem Granit. Der Boden der Schale ist mit Platten aus demselben Material gestaltet. Die Fontäne hat eine Höhe von bis zu 8 Metern, der Brunnen einen Durchmesser von 16 m. An der südlichen Seite des Platzes findet sich das Restaurant "Alter Stadtwächter“. Eine Wand des denkmalgeschützten Hauses wird von der 1733 gebauten Stadtmauer gebildet, deren Bögen zu sehen sind. Die direkt am Tor gelegene Schänke war Treffpunkt der Torwächter und der Soldaten der umliegenden Kasernen.

 

Villa Tieck, "Friedenshaus", Schopenhauerstraße 24

Folgt man der Promenade, die den Verlauf der Stadtmauer nachzeichnet, so gelangt man an den westlichsten Punkt des Mauerverlaufs. Gegenüber dieser Ecke liegt die Villa Tieck. Zur Zeit Friedrich Wilhelms I. befand sich hier ein Hopfengarten (für das in Potsdam gebraute Bier). Der Anbau wurde unter Friedrich II. eingestellt. 1787 ließ der Bornstedter Oberamtmann anstelle des Wohnhauses des Hopfengärtners ein stattliches Villengebäude errichten, das heutige "Friedenshaus". Am 11. März 1843 kaufte Persius im königlichen Auftrag Haus und Grundstück, um Zugang und Baustelleneinrichtung für den Bau der Friedenskirche zu haben. Das Gartengelände wurde nach Fertigstellung der Kirche dem Park zugeschlagen und zum Friedensgarten umgestaltet. Das Wohnhaus diente von 1841 bis 1849 jeweils als Sommerwohnung für den von Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufenen bedeutenden romantischen Dichter Ludwig Tieck (1773-1853). "Im Jahre 1850 bezog er zum letzten Male seine Wohnung in Potsdam. Hier saß er fast den ganzen Tag auf dem geschützten Balkon in der Sonne. Dieser Luftgenuss gewährte ihm große Stärkung. Der Blick auf den grünen Park von Sanssouci war der letzte in jenes Naturreich, das ihn oft unwiderstehlich an sich gezogen hatte“,  heißt es in einer Biographie Ludwig Tiecks aus dem Jahr 1855. 1874 wurde der seit 1852 existierende Kindergarten der Friedensgemeinde in den Gebäuden untergebracht, das Haus erhielt den Namen "Königin-Elisabeth-Haus“. Die Einrichtung existiert noch heute als "Friedenshaus“ und Kita des Diakonischen Werkes.

 

Einstein-Gymnasium

Das Gebäude des heutigen Einsteingymnasiums an der Hegelallee wurde 1909 als Real-Gymnasium errichtet. Zu den Abiturienten des Jahrganges 1925 gehörte Helmut James Graf von Moltke, der als Hitler-Gegner und Gründer des Kreisauer Kreises 1945 hingerichtet wurde. Ebenfalls 1925 legten hier auch die Enkel des letzten deutschen Kaisers, Louis Ferdinand und Wilhelm, ihr Abitur ab.

 

Werner-Alfred-Bad

Werner Alfred Pietschker war ein deutscher Flugpionier, geboren am 14. Januar 1887, tödlich verunglückt in Berlin-Johannisthal am 15.11.1911. Seine Mutter Käthe Pietschker -  eine geborene von Siemens - ließ zu seinem Andenken im Rahmen einer Stiftung ein Reinigungs- und Volksbad für die Potsdamer Einwohner errichten. Es wurde am 14. Dezember 1913 eröffnet. Im ersten Jahr besuchten es 17.300 Badegäste. Das Bad besaß 18 Brause- und 26 Wannenbäder, eine russisch-römische und eine medizinische Abteilung sowie ein Hallenbad. Zur Zeit der DDR wurde zusätzlich ein Becken für Babyschwimmen eingerichtet. Bis zum Bau der Schwimmhalle am Brauhausberg in den 1970er Jahren diente das Werner-Alfred-Bad auch dem Schwimmunterricht der Potsdamer Schulen. 1992 wurde das Bad geschlossen. Nach vergeblichen Versuchen eines Weiterbetriebes als Bad erfolgte die Umgestaltung des Hauses zu einem medizinischen Zentrum, das 2005 öffnete.

 

"Im Güldenen Arm", Hermann-Elflein-Straße 3

Alle Häuser im Gebiet der zweiten Stadterweiterung – und das waren einmal insgesamt 680 - wurden in Fachwerkbauweise gebaut und erhielten massive Straßenfronten. Nur in der Jäger- und in der Hermann-Elflein-Straße hatten die Häuser Fachwerkfronten. Eines dieser Häuser ist das Haus "Im Güldenen Arm". Es entstand 1737 auf unbebautem Grund im Zuge der zweiten Stadterweiterung. Eine königliche Schenkung an den aus Süddeutschland stammenden Holzbildhauer und Brauer August Melchior Erhardt. Er gab dem Haus den Namen "Im Güldenen Arm". Aus dieser Zeit stammen das Hausschild über der Tür, in dem Putten mit Bildhauer- und Böttcherwerkzeug zu sehen sind, und auch die Masken über den Fenstern. Beim Haus "Im güldenen Arm" handelt es sich um ein Typenhaus. König Friedrich Wilhelm I., der die Bautätigkeit in Potsdam persönlich leitete, hatte den Bau solcher Typenhäuser verfügt, um schnell und preiswert bauen zu können. Zwischen 1715 und 1740 entstanden etwa eintausend fünf- und siebenachsige Typenhäuser in Potsdam. Mit dem Erhalt eines solchen Hauses wurde ein authentisches Zeugnis der Potsdamer Bau - und Sozialgeschichte zugänglich gemacht. Im Inneren des Hauses, das im Zusammenhang mit Ausstellungen besichtigt werden kann, sind die originale Aufteilung der Räume sowie vier verschiedene Typen schwarzer Kachelöfen aus dem 18. Jahrhundert zu sehen.

 

Jägertor

Das Jägertor ist das einzige aus der Zeit der zweiten Stadterweiterung annähernd erhaltene Tor. Es wurde 1733 errichtet. Hinter dem mit Jagdszenen verzierten Tor beginnt die Jägerallee, die, älter als das Tor, einst an der kurfürstlichen Fasanerie vorbei in Richtung Spandau führte.

 

Amtsgericht, Hegelallee 8

Die Bauarbeiten für das königliche Landgericht in Potsdam begannen 1880. Es soll der besondere Wunsch der Kronprinzessin Victoria gewesen sein, die Fassade mit überlebensgroßen Statuen von Friedrich II. und Kaiser Wilhelm I. zu schmücken. In einem Fries oberhalb der ersten Etage wurden die Büsten der weiteren Kurfürsten und Könige aus dem Hause Hohenzollern seit 1415 angebracht. 1883 fertiggestellt, gab es in den drei Hauptetagen 45 Räume, darunter einen großen Saal für die Zivil- und Strafkammer und einen Schwurgerichtssaal. 1910 wurde ein Anbau für das Landgericht eingeweiht. Zwischen 1952 und 1990 wurden beide Gebäude vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR genutzt. 1966 wurden die beiden Statuen an der Frontseite demontiert, 1978 wegen eines Anbaus auch die am rechten Giebel befindlichen Büsten. 1993 wurden die Amtsgerichte wieder eingeführt. Das Haus in der Hegelallee 8 wurde dafür umfangreich und aufwändig saniert, wobei besonderer Wert auf die Fassade, das Haupttreppenhaus und den großen Saal gelegt wurde. Die demontierten Statuen wurden wieder eingesetzt.

 

Druckerei Edmund Stein, Hegelallee 53

Die heute älteste Druckerei Potsdams wurde 1887 gegründet. Die Adresse lautete damals "Jäger-Kommunikation 9". Sie druckte für den Verlag August Stein, die Königliche Regierung zu Potsdam, das Königliche Oberpräsidium und das Finanzministerium. Nach dem Ersten Weltkrieg widmete sich der Betrieb dem Druck von Zeitschriften. Ein Glanzlicht war der Druck der Zeitschrift „Die Weltbühne“. Chefredakteur Carl von Ossietzky (1889-1938), Kurt Tucholsky (1890-1935) und Erich Kästner (1899-1974) kamen ins Haus. Im nahegelegenen Café Heider, damals noch Café Rabin (am Nauener Tor), schrieb Carl von Ossietzky zahlreiche seiner berühmten Leitartikel zur Verteidigung der Demokratie, redigierten er und Kurt Tucholsky gemeinsam die Seiten der Zeitschrift. Am 14. März 1933 wurde die letzte Ausgabe der "Weltbühne" vernichtet, die Druckstöcke wurden eingeschmolzen. Ossietzky war bereits am 28. Februar verhaftet worden. Er erhielt 1935 den Friedensnobelpreis und starb 1938 an den Folgen der Folterungen in verschiedenen Konzentrationslagern.

 

Nauener Tor

Ein erstes Nauener Tor wurde 1722 im Zuge der ersten Stadterweiterung gebaut. Es stand an der Kreuzung Charlottenstraße/Friedrich-Ebert-Straße. Ein zweites Tor, das 1733 nahe dem heutigen gebaut wurde, trug die Inschrift "Es lebe der König und alle braven Soldaten“. 1754 - 55 schließlich entstand an der heutigen Stelle nach einer Idee Friedrichs II. das früheste Beispiel neogotischer Architektur auf dem Kontinent. Vorbilder waren Staffagebauten aus südenglischen Parkanlagen. Seine endgültige Gestalt erhielt das Nauener Tor 1867-69. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das zweite Tor mit der Inschrift abgerissen.

 

Landgericht, Friedrich-Ebert-Straße 32

Knapp 20 Jahre nach ihrer Gründung und nach dem Boom der Gründerzeit benötigte die "Deutsche Lebens-, Pensions- und Rentenversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit zu Potsdam“ ein neues Direktionsgebäude. Es wurde hier 1886/87 gebaut, mit Diensträumen und repräsentativen Wohnungen für Direktor und Direktionsarzt. Durch den Ersten Weltkrieg in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wurde aus der Potsdamer Versicherung zunächst die Aachen-Postdamer Lebensversicherung, später die Aachen-Münchner Feuerversicherung. 1945 wurde das Gebäude beschlagnahmt. Ab 1947 für die Stadtverwaltung, ab 1949 für das Landesfinanzministerium genutzt, wurde das Gebäude ab 1952 Sitz des Bezirksgerichtes, der Staatsanwaltschaft und des Staatlichen Notariats der Bezirkshauptstadt Potsdam. 1950 war das Dachgeschoss ausgebaut worden. 1992 bis 1995 erfolgten die Sanierung und Umbau des Gebäudes für das Landgericht Potsdam.

 

Stadthaus, Friedrich-Ebert-Straße 79/81

Das heutige Rathaus in der Friedrich-Ebert-Straße 79/81 wurde als neuer Sitz für den Regierungsbezirk Potsdam in den Jahren 1902 bis 1907 erbaut. Ein vom Kaiser persönlich geänderter und genehmigter Vorentwurf bildete dafür die Grundlage. Wegen des hohen Grundwasserspiegels und der ungünstigen Bodenverhältnisse konnte nicht sehr tief gegründet werden. Der Fußboden des Untergeschosses lag auf der Höhe der damaligen Spandauer Straße. Die Baugruppe bestand aus dem Hauptgebäude für die Regierung, dem Wohngebäude für den Regierungspräsidenten und dem Stallgebäude. Das Rathaus hat insgesamt 478 Räume. Seine heutige Größe beträgt 105 (Straßenfront) mal 130 (Tiefe) mal 45 Meter. Besonders sehenswert sind noch heute die Bibliothek (Verwaltungsbibliothek) und der Hauptsitzungssaal, heute Plenarsaal, auf deren Ausstattung viel Mühe verwandt wurde. Der Plenarsaal wurde im Laufe der Zeit umgebaut, so dass zum Beispiel nur noch eine der beiden Galerienischen an den Schmalseiten vorhanden ist. Auch die Deckengemälde fehlen inzwischen. Das heutige Rathaus war zunächst bis 1945 Sitz der Regierung für den Regierungsbezirk Potsdam. 1947 wurde es erstmalig als Sitz der Stadtverwaltung erwähnt, seit 1953 beherbergte es den Rat der Stadt Potsdam und den Rat des Kreises, heute ist es Sitz der Verwaltung der Landeshaupstadt Potsdam.

 

Russische Kolonie Alexandrowka

"Ich habe die Absicht, als ein bleibendes Denkmal der Erinnerung an die Bande der innigen Freundschaft zwischen Mir und des Höchstseligen Kaisers Alexander von Russland Majestät, eine Kolonie bei Potsdam zu gründen, welche Ich mit den in den Jahren 1812 und 1815 aus dem russischen Militär, und mit Kaiserlicher Bewilligung übergegangenen Sängern, die dem 1. Garderegiment zu Fuß beigegeben sind, als Kolonisten, besetzen und Alexandrowka nennen will.“  Diese Order König Friedrich Wilhelms III. aus dem Jahr 1826 darf als "Geburtsurkunde" der Alexandrowka gelten und verweist zugleich auf ihre Vorgeschichte. Es waren zunächst russische Kriegsgefangene, die General Yorck an der Seite Napoleons 1812 gemacht hatte und von denen 62 als Soldatenchor den König erbauen sollten. Ein Teil von ihnen verblieb mit Zustimmung des Zaren nach dem Bündnis von Tauroggen beim König, weitere kamen 1815 hinzu. 1826 lebten noch zwölf von ihnen in Potsdam. Diese wurden, sofern sie verheiratet waren oder heirateten, als Kolonisten in die Häuser gesetzt. Der Entwurf für die Anlage der Alexandrowka stammt von Peter Joseph Lenné. Es handelt sich um ein Kunstdorf in russischen Architekturformen. Die Kolonie ist als Hippodrom mit einem eingelegten Andreaskreuz gestaltet. Zur Anlage gehören insgesamt zwölf Gehöfte, ein Aufseherhaus, eine Kapelle und das dazugehörige Haus des Aufsehers der Kapelle, auch als Königliches Landhaus bezeichnet, da der König dort eine Teestube unterhielt. Alle Gebäude der Kolonie sind auf gemauerten Sockeln stehende Fachwerkbauten, bei denen der Blockhauscharakter durch das Aufnageln rundbohlenartiger Verschalungen vorgetäuscht wurde. Vorbild für die Kolonie war das ab 1815 entstandene, heute jedoch nicht mehr vorhandene Parkdorf Glasowo bei Pawlowsk. Die Dorfbebauung im Hippodrom ist daher wahrscheinlich das weltweit einzige erhaltene Beispiel eines russischen Kunstdorfes. Eine weitere Besonderheit der Alexandrowka besteht darin, dass in den großen Gärten zahlreiche historische Obstsorten kultiviert werden. Inzwischen konnten wieder 550 solcher Sorten zusammengetragen und in mehr als 1000 Exemplaren ausgepflanzt werden. Die Kolonie Alexandrowka wurde 1999 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen. Noch heute leben hier zwei echte Nachfahren der russischen Sängersoldaten. Das Aufseherhaus beherbergt heute eine russische Teestube, das Gehöft Nummer 2 ein privates Museum. Zu Fuß gelangt man von der Kolonie aus in wenigen Minuten auf den Kapellenberg. Hier steht die russisch-orthodoxe Kapelle des Heiligen Alexander Newski, entworfen von einem Hofarchitekten des Zaren, 1829 eingeweiht. Ihren Bau beaufsichtigte Karl Friedrich Schinkel. Auch der Entwurf für das Einfassungsgitter des Friedhofs stammt von ihm. Das Königliche Landhaus, heute Sitz des Erzpriesters, stellt insofern etwas Besonders dar, als es nach einem Entwurf für ein Dorf bei Zarskoje Selo gebaut wurde, das in Russland selbst nicht verwirklicht werden konnte, und sich in der Architektursprache stark von den anderen Bauten der Alexandrowka unterscheidet.

 

Große Stadtschule, Friedrich-Ebert-Straße 17

Die Große Stadtschule, 1739 gebaut, ist die letzte Schulneugründung Friedrich Wilhelms I. in Potsdam. Sie ist zugleich eines der bedeutendsten städtischen Gebäude aus der Zeit dieses Königs und wohl neben dem Kommandantenhaus der einzige repräsentative Bau der zweiten Stadterweiterung. Die verschlungenen Initialen des Königs "FWRB" (Fridericus Wilhelmus Rex Borussiae) zieren in vergoldetem Kupfer den Balkon der heutigen Abendschule. In den Anfangsjahren der Schule unterrichteten zwei Lehrer die beiden Klassen. Erst 1812 wurde die Stadtschule vergrößert und erhielt die offizielle Anerkennung als Gymnasium. Namhafte Schüler der Großen Stadtschule waren u. a. der Revolutionär Maximilian Dortu, der Mathematiker Carl Gustav Jacobi, der Naturwissenschaftler Hermann von Helmholtz und der Dichter Heinrich von Kleist.

 

Löwen-Apotheke, Friedrich-Ebert-Straße 102

Diese älteste noch erhaltene Apotheke Potsdams wurde 1733 in der damaligen Nauener Straße durch königliches Privileg an den Apotheker Johann Philipp Becker begründet. Ein erster Apotheker ist für Potsdam 1623 bezeugt. Zeitweilig gab es zwei Apotheken, was unter den Bedingungen einer kriegsgeschädigten Stadt mit nur noch 700 Einwohnern zu scharfer Konkurrenz führte. Eine bestand fort und war als Bären-Apotheke bis 1724 die einzige der Stadt. In diesem Jahr gründete der Vater Beckers, zugezogen aus Hessen, eine weitere. Der Schwiegersohn Beckers erhielt 1735 ebenfalls ein Privileg zur Gründung einer Apotheke in der Lindenstraße, der Hirsch-Apotheke (Lindenstraße 48), die sich heute noch dort befindet. Zudem wurde Carl Heinrich Harsleben 1747 Hof-Apotheker, zuvor bereits war ihm die Belieferung des Großen Waisenhauses mit Medikamenten übertragen worden. 1735 gab es in Potsdam also insgesamt vier Apotheken zugleich.

 

Brandenburger Straße

Die Brandenburger Straße erstreckt sich über 750 Meter im Zentrum der Stadt. Ihr östliches Ende bildet die katholische Kirche St. Peter und Paul, das westliche das Brandenburger Tor. Sie entstand wie ihre ganze Umgebung in der zweiten Stadterweiterung, was an der noch heute vorhandenen überwiegenden Bebauung mit fünfachsigen Typenhäusern zu erkennen ist. In der Regierungszeit Friedrichs II. entstanden die beiden zweigeschossigen Putzbauten am Brandenburger Tor und die Eckhäuser an der Hermann-Elflein-Straße. Im 19. wie auch im 20. Jahrhundert wurden zahlreiche Häuser neobarock oder gründerzeitlich überformt oder durch Neubauten ersetzt. Es waren vor allem Handwerker wie Bäcker, Brauer und Handschuhmacher, Klempner, Maurer und Perückenmacher, die die Brandenburger in ihrer Entstehungszeit und noch lange danach bewohnten und die Soldaten des Königs beherbergten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelte sich die Straße gemeinsam mit der heutigen Friedrich-Ebert-Straße zu einer Geschäftsstraße. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden zwei Kaufhäuser – 1905 das heutige Karstadt, 1910 das Kaufhaus Hirsch in der Brandenburger Straße 30. Zwischen 1975 und 1978 wurde die damals Klement-Gottwald-Straße genannte Magistrale grundlegend restauriert, saniert und zu einer Fußgängerzone umgestaltet. Aus dieser Zeit (1979) stammt auch die "Familie Grün“ an der Ecke Lindenstraße, eine Schöpfung des Potsdamer Künstlerehepaares Buhlmann.

 

Stadtpalais Potsdam - Karstadt-Kaufhaus

Das heutige "Stadtpalais Potsdam“, ein Kaufhaus der Karstadt-Quelle AG, wurde 1910 für die Firma F. Schwarz gebaut. Erste Erweiterungen und Veränderungen erfolgten bereits 1913/14. 1929 kam das Warenhaus zu Karstadt. 1946 wurde Karstadt und damit auch dieses Haus enteignet und der Konsum-Genossenschaft übergeben. Nach der Wende erneut von einem Konzern übernommen, brannte das Haus aus und stand lange leer. 2005 wurde es als Stadtpalais Potsdam wieder eröffnet. Das Potsdamer Kaufhaus gehört zu einer Gruppe von nur wenigen Kaufhäusern in Deutschland, bei denen das historische Erscheinungsbild der Fassaden mit unwesentlichen Veränderungen erhalten geblieben ist. Obwohl hier das Fassadendekor in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts entfernt wurde, ist das heutige Erscheinungsbild noch weitgehend dem der Erbauungszeit ähnlich. Bemerkenswert ist insbesondere der Jugendstil-Lichthof, der über eine regionale bauhistorische Bedeutung weit hinausgeht: Er ist einer der letzten Lichthöfe eines historischen Kaufhauses in der Region Berlin und Brandenburg, der mit seinem nachgebildeten Dekor bis heute erhalten werden konnte. Eine Strukturglasdecke im zweiten Obergeschoss ist eine weitere Besonderheit der Lichtgestaltung. Das Potsdamer Kaufhaus ist in der Fachliteratur über die Baugeschichte der Kaufhäuser in Deutschland mehrfach erwähnt und ausführlich beschrieben. Bemerkenswert am neuen Kaufhaus ist auch, dass in seine Umgestaltung denkmalgeschützte Typenhäuser der zweiten Stadterweiterung einbezogen werden konnten. Eine späte Wiedergutmachung dafür, dass beim Bau des Hauses zahlreiche alte Häuser abgerissen werden mussten. Das näher an der Friedrich-Ebert-Straße und auf der anderen Straßenseite gelegene ehemalige Kaufhaus Hirsch wurde nach mehreren Vorgängerbauten 1910 an dieser Stelle errichtet. 1880 gegründet, wurde die Firma 1938 "arisiert", das heißt enteignet und an ein NSDAP-Mitglied verkauft. Nach 1945 war das Haus zunächst Einkaufszentrum für sowjetische Offiziere, danach Möbelkaufhaus der HO (staatl. Handelsorganisation). Um die Jahrtausendwende erhielt es sein heutiges Aussehen.

Kommandantenhaus, Lindenstraße 54

König Friedrich Wilhelm I. hatte auf seinen Reisen nach Holland 1700, 1704/05 und 1732 den unverputzten Backsteinbau kennen gelernt. In den Jahren 1733 bis 1737 entstand auch in Potsdam ein solcher Ziegelbau, von den Zeitgenossen das "große holländische Haus“ genannt. Bemerkenswert ist die seinerzeit unübliche Raumhöhe von 16 Fuß (5,02 m): Das Haus war für den Kommandanten des königlichen Leibregiments, also der sogenannten Langen Kerls, bestimmt. Auch danach wurde das Haus, in dessen Hofgebäuden sich Pferdeställe und Remisen befanden, immer wieder an Kommandeure Potsdamer Regimenter vermietet. Damals prägte sich der Begriff "Kommandantenhaus". 1809 trat in diesem Haus die erste gewählte Stadtverordnetenversammlung Potsdams zusammen, ab 1820 waltete die Justiz in den Räumen: 1818-20 wurde das Haus zum Stadtgericht umgebaut und mit einem ersten Gefangenenhaus versehen. 1853 bis 1856 wirkte hier Theodor Storm (1817-1888) als Assessor am Stadtgericht. 1907-09 wurde erneut umgebaut, es entstand das heute noch vorhandene Gefängnisgebäude. 1935 wurde auf der Grundlage der Nürnberger Rassengesetze in diesem Haus ein sogenanntes Erbgesundheitsgericht gebildet, das u. a. über Zwangssterilisationen zu entscheiden hatte. Ab 1943 wurden im Gefängnis zunehmend politische Angeklagte des Potsdamer „Volksgerichtshofes“ eingekerkert. 1945 besetzte die sowjetische Armee das Potsdamer Gerichtsgefängnis. Die sowjetische geheimpolizeiliche Ermittlungsbehörde und das Militärtribunal nahmen hier Quartier. 1953 wurde das Haus an das Ministerium für Staatssicherheit der DDR übergeben. 1990 zogen hier Bürgerbewegungen und Parteien ein, 1995 wurde im Hof das Denkmal "Das Opfer" des Berliner Bildhauers Wieland Förster aufgestellt. Heute beherbergt das Haus neben einer Gedenkstätte gegen politische Gewalt die Untere Denkmalschutzbehörde der Landeshauptstadt "Mit dem 'Kommandantenhaus' wurde der holländischen Baukunst eine Vorzugsstellung eingeräumt, die sich sehr bald auf ein ganzes Stadtviertel ausdehnen sollte“, schreibt Mielke.

Charlottenstraße

Die heutige Charlottenstraße trennt die erste und zweite Stadterweiterung. Stadtauswärts gesehen links endete die erste, rechts begann die zweite Erweiterung. An der rechten Seite verlief von 1722 bis nach 1733 die Stadtmauer. Die Bauten aus diesen Jahren sind in friderizianischer Zeit teilweise ersetzt worden.

 

Alte Wache

Die heute als Alte Wache, seinerzeit als Neue Wache bezeichnete Hauptwache war ein Geschenk des Königs Friedrich Wilhelms II. an sein ehemaliges Regiment "Prinz von Preußen“. Das 1795-1797 von Andreas Ludwig Krüger (1743-1822) gebaute Gebäude umfasste damals ein Wachlokal, die Montierungskammer im Obergeschoss und Verkaufsstände für Fleischer. Krüger führte mit diesem Bau die bis dahin im Potsdamer Stadtgebiet wenig gebräuchlichen Arkaden als Hauptmotiv einer Fassade ein.

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