Friedrich Wilhelm I. – Der "Soldatenkönig" und sein Potsdam

Ein Rundgang durch die Stadt auf den Spuren des "Soldatenkönigs".

 

Informieren Sie sich über einige der interessantesten Bauten und Orte Potsdams aus der Zeit Friedrich Wilhelms I. und deren Geschichte.
Der Rundgang entlang der gepunkteten Linie auf der Karte dauert rund 3 bis 4 Stunden.

Text und Redaktion: Hartmut Kreft

Einführung

 

Die Berliner wollten sie nicht, so sagt man. Sie wollten die Soldaten Friedrich Wilhelms I. nicht in ihrer Stadt, seine Langen Kerls. Und so blieb dem König nichts anderes übrig, als das erste Bataillon seiner Garde noch im Jahr seines Regierungsantritts 1713 in Potsdam einmarschieren zu lassen. Potsdam war die geeignete Alternative, denn "Pottstam gehöret Sr. Churf. Durchl. zu Brandenburg ... zu wasser und zu lande, soweit sich das ambtsgebieth erstrecket". So heißt es in einem Register aus dem Jahr 1700. Die Stadt gehörte also dem König.

Was dann geschah, kann man nicht besser ausdrücken als Friedrich Mielke, profunder Kenner und Ehrenbürger Potsdams. Er schrieb: "Friedrich Wilhelms 1713 gefaßter Entschluß, Potsdam zum ständigen Standort seiner Garde zu machen, war so gewalttätig, daß alle bisher ... gewohnten örtlichen Maßstäbe gesprengt werden mußten. Es brach ein Ereignis über die Bewohner herein, dem sie nicht gewachsen sein konnten, das aber für nahezu genau zweihundert Jahre alle weiteren Geschicke der Stadt bestimmen sollte. Die Entwicklung Potsdams war von nun an allein durch das Militär - genauer, durch die Garde und ihre Ansprüche - vorgezeichnet."

Der sogenannte "Soldatenkönig" wurde damit zu einer Schlüsselfigur in der Entwicklung der Stadt. Durch ihn erhielt die Potsdamer Innenstadt ihre Größe, ihre Form und ihre Struktur. Potsdam und seine stattliche Garnison gediehen unter ihm zu einem kunstvollen Mittel dynastischer Selbstinszenierung, der militärische Gestus zu einem Zeichen fürstlicher Geltung und Magnifizenz, mit dem er sich von seinem prunksüchtigen Vater abhob und zugleich seinen Platz in Europa bestimmte.

Doch obwohl Friedrich Wilhelm I. wie kein anderer die äußere Gestalt Potsdams geformt hat, sind nur wenige bedeutsame Bauten aus seiner Zeit erhalten. Das hat drei Gründe: Der König ließ äußerst sparsam bauen, sein Sohn, Friedrich II., ließ ganze Straßenzüger erneuern und letztlich auch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg.

Und es gibt noch einen weiteren Grund: Friedrich Wilhelm hielt nichts von Baukunst. Seine Instruktionen zur Stadtplanung enthielten keine Aussagen zum Aussehen der Häuser. Er befahl zwar, die Häuser mit Ziegeln zu decken, aber nur wegen der Brandgefahr. Das Aussehen der Ziegel war ihm egal. Er bezahlte seine Baumeister lächerlich schlecht. Jean de Bodt, Schöpfer des Fortunaportals, verließ Preußen und ging an den Dresdner Hof Augusts des Starken, andere folgten.
Des Königs Ziel waren Quartiere für seine Soldaten, der Maßstab für das Bauen war das Geld. 1740, am Ende seiner Regierungszeit, war Potsdam faktisch eine Kaserne.

Und dennoch entstand Bleibendes, wie wir beim Spaziergang durch die Stadt sehen werden. Der nun folgende Rundgang wird Sie mit Orten bekannt machen, die mit der Bau- und der planmäßigen Bevölkerungspolitik des Königs eng verbunden sind, wird sie zu zivilen Bauten führen, zu militärischen und zu imposanten Toren. Sie werden etwas Fantasie brauchen, um sich Potsdam so vorzustellen, wie Friedrich Wilhelm es geschaffen hat.

Der Rundgang beginnt am Alten Markt auf dem Platz vor dem Rathaus. Sie können aber auch ausgewählte Ziele direkt ansteuern.

Mehr zu Friedrich Mielke erläutert Station 37.

1 Das Alte Rathaus (Obelisk auf dem Alten Markt)

 

Nichts sieht hier am Alten Markt mehr so aus wie zur Zeit Friedrich Wilhelms I. Und das, obwohl die wichtigsten Gebäude noch oder wieder stehen. Der Alte Markt bildete seit dem Mittelalter das Zentrum des Städtchens und lag mit den ihn umgebenden Häusern auf einer sandigen Anhöhe, begrenzt von der Havel und von Sümpfen.

Durch die Umgestaltung unter Friedrich Wilhelm I. entwickelte er sich auch zum Zentrum der Residenzstadt. Lag er doch vor dem königlichen Schloss, gerahmt von der Stadtkirche und dem Rathaus. Das damalige Rathaus stand am Platz des heutigen an der Ostseite des Marktes. Friedrich Wilhelm ließ es 1720 bis 1722 vom Baumeister Pierre de Gayette errichten. Aus Sparsamkeitsgründen wurden 50.000 Ziegelsteine des Vorgängerbaus verwendet. Das Herausbrechen, Putzen und Stapeln wurde mit 16 Groschen pro tausend Stück veranschlagt. Dazu kamen 140.000 neue Ziegel. Friedrich Wilhelm verfügte handschriftlich, dass der Turm niedriger sein sollte als vom Architekten geplant.

Vorstellen müssen wir uns ein zweigeschossiges Fachwerkgebäude, überragt von einem zentralen Turmaufsatz über dem Mittelrisalit. Dieser war bekrönt von einer Laterne unter einem geschweiften Helm. Den zentralen Eingang erreichte man vom Alten Markt über eine Freitreppe. Der Heimatdichter Bellamintes beschrieb das Rathaus 1727 etwas euphorisch so: "Es stehet an dem Marckt', allwo sich alles reget Und bleibet diesemnach auch aller Augen Ziel. Sonst ist es ziemlich groß, und ordentlich gebauet, (Wie man denn, überhaupt, allhier die Ordnung liebt) So wird auf dessen Dach' ein feiner Turm geschauet, der diesem ganzen Bau ein herrlich Ansehn giebt."

Ein Stich aus dem Jahre 1735 zeigt tatsächlich einen ausgewogenen und durchaus fein gegliederten Bau. Unansehnlich waren die Seitenflügel, die Markstände für Brot- und Fleisch, die Ratswaage und Ratsdienerwohnungen enthielten. 1747, schon zu Zeiten Friedrichs II., wurde das Fachwerk der unteren Etage verputzt, die obere Etage und der Turm wurden mit Ölfarbe grün und rot angestrichen, um auch dort das Fachwerk verschwinden zu lassen und dem Bau so ein vorteilhafteres Aussehen zu geben. 1753 bis 1755 entstand an gleicher Stelle das jetzige Alte Rathaus nach dem Vorbild eines nicht ausgeführten Entwurfes des Renaissance-Baumeisters Andrea Palladio für einen Palast in Vicenza.

Wechselvolle Nutzungen bestimmten die 250-jährige Geschichte des Baus mit wenigen repräsentativen Räumen und vielen kleinen Amtsstuben. Örtlichkeiten für den Potsdamer Magistrat zunächst, wurden einzelne Bereiche im Turm für "Polizei-, Straf- und Schuldgefangene" genutzt. Seit 1840 hatte die Sparkasse hier ihr Domizil, der Potsdamer Museumsverein zeigte ab 1909 Sonderausstellungen. Nach der Zerstörung im April 1945 wurde das Alte Rathaus wieder aufgebaut und 1966 als Kulturhaus eingeweiht. Das Alte Rathaus ist heute Sitz des Potsdam Museums - Forum für Kunst und Geschichte.

Mehr über den Dichter Bellamintes erläutert Station 31.

2 Die Nikolaikirche

 

Die heutige Nikolaikirche, sie hat eine bewegte Geschichte. Hier lagen einst die städtische Katharinenkirche und ein sie umgebender Kirchhof. Als Friedrich Wilhelm sich entschloss, an dieser Stelle eine neue Stadtkirche bauen zu lassen, wurde zunächst der Friedhof aus der Stadt heraus verlagert. 1721 ließ der König die Kirche "so wol wegen Althertums und Baufälligkeit als Enge des Platzes" abreißen und nach Plänen von Philipp Gerlach neu bauen.

Wirklich neu war 1724 allerdings nur das Kirchenschiff, denn den aus dem 16. Jahrhundert stammenden Turm ließ der sparsame König nur dem architektonischen Stil der Zeit anpassen. Einige Jahre überragte nun der 90 Meter hohe Turm mit Laterne unter geschweiftem Helm die wachsende Stadt, bevor ihm zwei weitere Dominanten an die Seite gestellt wurden.

Drei Kirchen aus der Zeit Friedrich Wilhelms prägten nun für lange Zeit das Stadtbild von Potsdam: Neben der Stadtkirche entstand von 1726 bis 1728 die Heiliggeistkirche am östlichen Ende der Stadt und 1730 bis 1735 die zweite Garnisonkirche an ihrem westlichen Ende, beide ebenfalls mit Türmen von beinahe 90 Metern Höhe. Die drei Kirchen bildeten, in einer ost-westlichen Blickachse aufgereiht, den berühmtestens Blick der Stadtsilhouette. Garnison- und Heiliggeistkirche wurden 1945 schwer beschädigt.

Die Stadtkirche St. Nikolai erhielt 1752 durch Friedrich II. in Richtung auf das Schloss eine Schaufassade nach dem Vorbild einer römischen Basilika. Der Volksmund nannte diesen Anbau, der nebenbei das Innere der Kirche verdunkelte, spöttisch "das Vorhemdchen". 1795 brannte die Kirche ab, die Ruine wurde abgetragen. Die Nikolaikirche, die wir nun an dieser Stelle sehen, entstand in den Jahren 1830 bis 1837 nach Plänen von Karl-Friedrich Schinkel. Sie hatte, ebenfalls aus Sparsamkeitsgründen, zunächst nur ein flaches Satteldach. Erst 1848 konnte die Kuppel fertiggestellt werden.

Die Einweihung der Kirche in ihrer endgültigen, das Stadtbild prägenden Architektur fand am 24. März 1850 statt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche schwer beschädigt. Der Wiederaufbau erfolgte nach 1945 in mehreren Etappen, wobei sie im Innern stark verändert wurde.

3 Das Stadtschloss

 

Zwischen dem Alten Markt und der Langen Brücke liegt vor Ihnen der Neubau des brandenburgischen Landtages in der äußeren Gestalt des verloren gegangenen Stadtschlosses. Betrachten wir die wechselvolle Geschichte dieses Schlosses, denn es stand schon, als Friedrich Wilhelm den Thron bestieg.

Der Große Kurfürst, er hieß ebenfalls Friedrich Wilhelm, hatte sein Stadtschloss 1662 bis 1668 anstelle älterer Vorgängerbauten im Stil der niederländischen Renaissance errichten lassen. Dreigeschossig, mit spiegelbildlich angeordneten Mittel- und Eckpavillons zur Havel hin. Schon zehn Jahre später wurde es durch eine Verlängerung der Seitenflügel bis zum Alten Markt erweitert, der Schlosshof mit einem weiteren Flügel nach Norden abgeschlossen. In diesem Schloss unterzeichnete der Kurfürst 1685 das "Edikt von Potsdam", das den in Frankreich verfolgten Hugenotten eine neue Heimat gab. Der nördliche Flügel mit der alten Hauptzufahrt zum Schlosshof wurde 1701 vom Architekten Jean de Bodt anlässlich der Krönung Friedrichs I., des Vaters Friedrich Wilhelms, zum König in Preußen, grundlegend umgestaltet.

Das Fortunaportal entstand. Der zweigeschossige, mit Schmucktrophäen verzierte Torbau war Mittelpunkt einer halbkreisförmigen eingeschossigen Bogengalerie. Die vergoldete Skulptur der römischen Glücks- und Schicksalsgöttin Fortuna auf der Kuppel gab dem Portal seinen Namen. Das kriegszerstörte Tor wurde 1960 gesprengt. Die Wiederrichtung des Fortunaportals auf Grund einer Spende im Jahr 2001 gilt als Initialzündung für die Wiedererrichtung des Stadtschlosses als Landtagsgebäude.

"Das königliche Schloss, und was dazu gehöret, Verdient den ersten Rang und stehet oben an, ...",
schrieb Bellamintes 1727. Das mag sein, denn der König Friedrich Wilhelm residierte zwar im Stadtschloss, es war ihm aber im Grunde gleichgültig. Er verkaufte die kostbaren Möbel nicht nur dieses Schlosses, überließ sie verdienten Militärs oder lagerte sie im Berliner Stadtschloss ein. Auch andere Schlösser traf die Sparsamkeit des Königs. Das Jagdschloss Klein Glienicke wurde zum Lazarett umgewandelt, die Gartenanlagen mussten Gemüsebeeten weichen. Die Schlösser in Fahrland und Bornim wurden kurzerhand abgerissen.

Doch zurück zum Stadtschloss: In diesem arbeitete auch Jacob Paul Gundling, eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Potsdamer Geschichte. Als Wissenschaftler, Ratgeber des Königs, als sein Vorleser und - als sein Hofnarr. Friedrich II. ließ das Stadtschloss 1744 bis 1752 nach eigenen Vorgaben durch seinen Architekten Knobelsdorff umfassend umbauen. Der Monarch wollte neben seinem privaten Sanssouci und neben Berlin einen zweiten repräsentativen Wohn- und Regierungssitz. Es entstand ein Bau mit markanten Fassadengliederungen, mit Balustraden und Attiken, von Figuren und Vasen bekrönt. Auch die zum Lustgarten ausgerichtete Kutschenauffahrt des Corps de Logis und das zum Ehrenhof hin liegende Haupttreppenhaus zählen zu den architekturgeschichtlich bedeutenden Leistungen Knobelsdorffs.

Das Stadtschloss wurde durch einen Bombenangriff im April 1945 schwer beschädigt, 1960 wurden die Reste gesprengt und abgetragen. Nach langen Diskussionen wurde ab 2010 an dieser Stelle der neue Landtag des Landes Brandenburg gebaut, annähernd in den historischen Dimensionen und mit der Außenfassade des ehemaligen Stadtschlosses.

Über Jacob Paul Gundling berichtet die Station 30.

4 Der Stadtkanal (Kreuzung Yorckstraße/Friedrich-Ebert-Straße)

 

Es ist kaum zu glauben, dass ein Stadtgraben an dieser Stelle einmal die nördliche und westliche Begrenzung der Stadt Potsdam bildete. Von hier bis zur Havel reichte die Stadt, bevor Friedrich Wilhelm I. sich ihrer bemächtigte. Nördlich der alten Stadtbefestigung verlief eine eiszeitliche Niederungsrinne. Das Gebiet war durchsetzt mit Torflinsen und sumpfigem Gelände. Und es gab einen See anstelle des heutigen Platzes der Einheit, genannt "der Faule". See und Sumpf dienten, gemeinsam mit einem wahrscheinlich schon im frühen 16. Jahrhundert befestigten Stadtgraben, dem Schutz der Stadt.

Dort, wo am oberen Ende der Yorckstraße der Stadtkanal nach Westen abbog, soll es sogar einmal ein Befestigungswerk gegeben haben. Friedrich Wilhelm unternahm es nun, nicht nur den Graben begradigen, sondern auch den See zuzuschütten und den Sumpf zu entwässern zu lassen, um Platz für seine geplante Stadterweiterung zu gewinnen. Der so entstandene Stadtkanal wurde an beiden Seiten mit Brettern verschalt und erhielt sieben hölzerne Brücken. Von Ludwig Manger wissen wir, dass es in regelmäßigen Abständen "Abtritte zur Bequemlichkeit der Garnison", also eine Art Toiletten gab. Zugleich diente der Kanal auch dazu, Baumaterial heranzuschaffen.

Der Dichter Bellamintes frohlockte 1727: "Die Strassen führen mich gerad' auf die Canäle, Die durch den größten Teil der Stadt geleitet sind ...Dieselben sind demnach von solcher Tief' und Breite, Daß sie, wie offt zu sehn, ein großes Schiff befährt ...".

Historiker des 19. Jahrhunderts spekulierten darüber, dass dem König ein ganzes System von Grachten im Sinn lag, so wie er es in Holland gesehen hatte. Wie dem auch sei, am Kanal selbst wurden Häuser für die wichtigeren und reicheren Potsdamer gebaut, man wohnte "an der Gracht". Die Häuser hatten Freitreppen, denn immer wieder einmal trat das Wasser des Kanals über die Ufer. Zwei dieser Häuser haben sich, mit leichten Veränderungen, in der Yorckstraße 6 und 7 erhalten.

Lange hielt der Holzverbau nicht stand: Bereits unter Friedrich II. musste 1756 mit einer Erneuerung des Kanals begonnen werden. Er erhielt massive Einfassungen, wie z.B. Ziegelmauerwerk, das mit Sandsteinplatten abgedeckt war, 1320 Geländerpfosten und insgesamt neun steinerne Brücken. Er war nun nicht mehr schiffbar. Die Bauarbeiten zogen sich bis 1770 hin und kostete den König rund 300.000 Taler und damit nur geringfügig weniger als sein Schloss Sanssouci.

Bereits 1809 erhoben Anwohner die Forderung, das Gewässer wegen Geruchsbelästigung zuzuschütten. Und 1866 konstatierte Hofrat Schneider: "So hat der Stadt=Kanal denn die besonders charakteristische Eigenschaft, daß er keinem der Zwecke, für welche er angelegt und vielfach verändert worden ist, je entsprochen hat." Die Idee jener Zeit war, den Kanal zu überwölben, also unter die Erde zu verlegen, und stattdessen eine Promenade anzulegen - eine Art Fußgängerzone.

1962 bis 1965 wurde der Stadtkanal im Zuge des Umbaus der Innenstadt zugeschüttet. 1999 wurde mit der Freilegung des ehemaligen Stadtkanals begonnen. Erste Ergebnisse sind sowohl an dieser Stelle als auch am früheren Ausgangspunkt des Kanals in der Straße Am Kanal zu sehen.

Weitere Details zum Hofrat Ludwig Schneider erläutert Station 36.

5 Der Platz der Einheit - Die erste barocke Stadterweiterung

 

Als Friedrich Wilhelm I. den Thron bestieg, lag dieser Platz vor den Toren der Stadt. Hier befand sich der oder auch die Faule See. Der König ließ den See zuschütten und nach und nach mit Bürgerhäusern umbauen. Das war keine ganz leichte Aufgabe bei dem insgesamt sumpfigen Gelände. Auch in späteren Jahren musste der Platz immer wieder aufgefüllt werden. Lassen wir einen Zeitzeugen zu Wort kommen: "Die Pleine oder Plantage auf der faulen See neben der Nauen'schen Straße ist, nachdem das vermeintliche gantz grundlose Loch endlich doch noch mit unsäglichen Kosten zugedammet und mit Linden besetzet worden war, von dem hochseligen König zum Divertissement, also Vergnügen, der Einwohner bestimmt, mit einem hölzernen Spalier rund eingefaßet und mit Banken zum ausruhen versehen. Sie war nicht so bald fertig worden, als auf Erlaubnis und Befehl des Königs alle, welche in und außerhalb der Stadt Pferde und Kutschen hatten, im Sommer alle Sonntage nachmittags nach der Predigt sich in hoher Gegenwart Sr. Majestät auf derselben Stunden lang auf dem innerhalb des Gitters gepflasterten Fahrweg spazieren lassen mußten. ..."

Einige Male sollen auch Jahrmärkte auf dem Platz veranstaltet worden sein. Dieser Platz ist zugleich Zeugnis der ersten barocken Stadterweiterung durch Friedrich Wilhelm. Um Raum für seine Soldaten zu schaffen und für die mit ihnen verbundenen Dienstleistungen, für Handwerk und Gewerbe, mussten neue Häuser gebaut werden. Ab 1722 wurde ein Gebiet westlich und östlich dieses Platzes entwässert, bebaut und mit einer Stadtmauer umfriedet. Die stand im Verlauf der heutigen Linden- und Charlottenstraße. Die Fläche Potsdams verdoppelte sich, einige neue Straßen entstanden.

Bellamintes, wieder recht überschwänglich: "Damit auch keiner nicht von ihrer Menge spreche, Sie sey ein labyrinth, in welchem man verirrt; Als hängt an jeder Eck ein Täfelgen von Bleche, Worauf das Namens=Wort uns angezeiget wird."

Straßennamen also. Der ordentliche König wollte auch eine übersichtliche Stadt. Aus der Zeit der ersten Stadterweiterung ist wenig erhalten. Friedrich II. ließ ganze Straßenzüge abreißen und neu bebauen, vieles ging im Bombenhagel des Zeiten Weltkrieges unwiederbringlich verloren. Der heutige Platz der Einheit selbst wurde mehrfach umgestaltet, darunter auch von Peter Joseph Lenné, dem genialen Gartenkünstler. Eine letzte Umgestaltung des Platzes erfolge im Vorfeld der Bundesgartenschau 2001, wobei man sich an den Vorgaben Lennés orientierte.

6 Die zweite barocke Stadterweiterung (Charlottenstraße/Ecke Friedrich-Ebert-Straße)

 

Bei Friedrich Nicolai, einem Verleger und Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, können wir über Potsdam folgendes lesen: "König Friedrich Wilhelm hatte bekanntlich eine vorzügliche Liebe zu dieser Stadt. Unter ihm fängt die glänzendste Periode von Potsdam an. Er tat zwei große Teile der Stadt hinzu und verschaffte ihr, durch die Hineinlegung der Soldaten, durch die Anlage vieler Manufakturen und durch seine fast beständige Gegenwart daselbst, ungemeine Nahrung." Eine sehr zutreffende Beschreibung, wie geschaffen für den nun folgenden Blick auf die zweite barocke Stadterweiterung unter Friedrich Wilhelm.

1732 war dem König die Stadt schon wieder zu klein geworden. Soldaten, Manufakturen, Brau- und Gasthäuser für den Unterhalt der Garnison - all das brauchte mehr Platz. Hier an der Charlottenstraße wurde die gerade erst errichtete Stadtmauer niedergerissen und es wurde gebaut. Richtung Norden entstanden 21 neue Karrees mit rund 680 meist schlichten verputzten Häusern. In annähernd gleichmäßigen Karreegrößen und Straßenbreiten zeigte sich der durchorganisierte Grundriss einer Garnisonstadt. Ludwig Manger, Chronist der Potsdamer Bautätigkeit, spottete: "Das Auge des Königs war durch die beständige Beschäftigung mit seinem Garderegimente, welches aus den größten und schönsten Menschen aller Erdtheile bestand, dermaßen verwöhnt, daß ihm auch die neu angelegten Straßen nicht anders gefielen, als wenn deren Häuser eine in Reihen stehende Anzahl Soldaten vorstellten, wovon die Dacherker über dem zweyten Stockwerke gleichsam den Grenadiermützen glichen." Und Hofrat Schneider merkte 1870 an, indem er die Stadt mit Versailles verglich, Potsdam sei eine "steinerne Cabinetts-Ordre".

Noch immer deutlich sichtbar ist, dass sich die zweite barocke Stadterweiterung durch spiegelbildlich aufgereihte Typenhauszeilen auszeichnet. Sie waren nach einem architektonsichen Regelwerk unterschiedlich entsprechend ihrer Hierarchie gestaltet. So wurden Brauhäuser oder wichtige Manufakturen durch eine größere Hausbreite mit mehr oder weiter auseinanderstehenden Fensterachsen sowie durch eine repräsentativere Architektur betont. Symmetrie und Hierarchie waren also die wesentlichen Gestaltungsprinzipien, denen die Pläne der Ingenieurkapitäne Berger und Pierre de Gayette folgten. Die bürgerlichen Wohnhäuser waren nicht nur Quartiere für die Soldaten, sondern die Gasthäuser mit den Brauhäusern und Manufakturen hinter den Wohnhäusern versorgten die einzelnen Truppenteile in den Karrees. Hier spiegelte sich die wirtschaftliche, auf das Militär ausgerichtete Monostruktur in den Stadterweiterungsgebieten.

Natürlich wurde auch die Stadtmauer versetzt und zog sich nun im Norden entlang der Kurfürstenstraße, der Behlertstraße und der Schopenhauerstraße hin, zwischen Nauener, Jäger- und Brandenburger Tor. Alle drei Tore übrigens ebenfalls neu gebaut.

Als Friedrich Wilhelm I. 1740 starb, war die zweite Stadterweiterung bis auf Teile des Holländischen Viertels vollendet. Eine dritte Stadterweiterung vor dem Berliner Tor war bereits geplant, so berichten übereinstimmend die Chronisten. Sie wurde nicht mehr ausgeführt. Potsdams Stadtgebiet hatte sich auf annähernd das Dreieinhalbfache vergrößert und maß nun 568 Morgen, also etwa 145 Hektar. Berlin aber war zu dieser Zeit bereits neunmal so groß, Paris 13-mal und London 21-mal, behauptet Manger.
Immerhin: Aus einem kleinen Ort mit 199 Häusern und 1500 Einwohnern im Jahre 1715 war eine Stadt mit 1154 Häusern und 11.708 Einwohnern geworden.

Mehr über Pierre de Gayette erfährt man bei Station 32.
Mehr über Ludwig Manger erfährt man bei Station 35.

7 Die Französische Kirche - Das Französische Quartier

 

Kehren Sie zunächst der Kirche getrost den Rücken zu, denn jetzt geht es nicht um diesen Bau, sondern um etwas, das es nicht mehr gibt. Links sehen Sie das städtische Klinikum. An diese Stelle ließ Friedrich Wilhelm einst den Potsdamer Friedhof auslagern, als er am Alten Markt eine neue Kirche plante. Rechts von Ihnen, zwischen dem heutigen Platz der Einheit, der Charlottenstraße, der Französischen Straße und der Straße Am Kanal lag einst das Französische Quartier von Potsdam.

Friedrich Wilhelm fremdelte zunächst mit den eingewanderten Hugenotten. Sie waren privilegiert: durch das Edikt von Potsdam aus dem Jahr 1685 und eine Reihe späterer Erlasse. Dem König konnte dieser Staat im Staate, den die französischen Kolonien in Preußen bildeten, nicht gefallen. Seine Bemühungen, die Privilegien der Franzosen abzuschaffen oder wenigstens einzuschränken, blieben aber ohne Erfolg. Der König konnte jedoch die wirtschaftlichen Erfolge nicht übersehen, die er den Hugenotten zu verdanken hatte. 1720 bestätigte er deshalb alle von seinen Vorgängern erteilten Privilegien. Und er ließ für die Hugenotten in Potsdam ein eigenes Viertel bauen, eben das Französische Quartier. Am 21. Juli 1723 wurde die Französisch-Reformierte Gemeinde der Stadt gegründet.

Die Gottesdienste fanden in der Kapelle des Stadtschlosses, später für drei Jahre in der Garnisonkirche statt. Mit einem königlichen Edikt von 1731 erhielt die Französisch-Reformierte Gemeinde für die Französische Kolonie eine eigene Verfassung. Die Kolonie bildete danach ein eigenständiges politisches, kirchliches und kulturelles Gemeinwesen innerhalb Potsdams, mit eigenem Richter und Polizisten, eigenen Predigern und Schulmeistern, Steuerbefreiung auf 15 Jahre und weiteren Privilegien. Die besonderen Rechte galten für alle Einwanderer, die sich der französischen Jurisdiktion unterstellten. Sie führten naturgemäß zu Spannungen mit der deutschen Bevölkerung. Reformierte Pfälzer, Schweizer, Ungarn und Niederländer schlossen sich der Gemeinde an, unter ihnen auch Pierre de Gayette und der Baumeister Jan Bouman. 1739 umfasste die französische Gemeinde in Potsdam annähernd 600 Personen. Die Privilegien erloschen 1809 mit den Stein-Hardenbergschen Reformen. Das Französische Quartier wurde im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört.

Und nun zur Kirche selbst: Sie wurde erst 1751 bis 1753 vom Baumeister Jan Bouman errichtetet. Ihr Architekt Knobelsdorff orientierte sich mit seinem Entwurf am berühmten Pantheon in Rom. Sie ist die einzige Kirche, die König Friedrich II., Sohn des Soldatenkönigs, aus seiner Privatschatulle bezahlte. Ab 1832 erfolgte eine grundlegende Renovierung des Innenraumes nach einem Entwurf von Schinkel. Zwischen 1991 und dem 250. Jahrestag der Einweihung 2003 wurde die Kirche restauriert und erhielt eine barocke Grüneberg-Orgel. Der heutige Innenraum der Kirche entspricht dem religiösen Selbstverständnis der französisch-reformierten Gemeinde.

8 Der Bassinplatz mit Gloriette (auf dem Wochenmarkt)

 

Der Platz, auf dem Sie nun stehen, war und blieb lange Zeit Sumpf. Erst 1737 begann man, ihn im Zuge der zweiten barocken Stadterweiterung zu entwässern. In seiner Mitte wurde ein riesiges Bassin angelegt. Es nahm beinahe die gesamte Fläche des heutigen Platzes ein, fing das anfallende Wasser auf und diente zudem der Entwässerung des Bauplatzes für das Holländische Viertel. "Das Bassin selbst, "so beschreibt es ein Zeitgenosse, "ist ein mit großen Werkstücken und eisernem Geländer eingefaßter, einer neumodischen Bratenschüssel ähnlicher Teich ...". Verbunden war dieses sogenannte Holländische Bassin durch einen offenen, schiffbaren Kanal mit dem Heiligen See sowie durch einen "mit Gewölbe bedeckten Gang" mit dem Stadtkanal. Und unser Gewährsmann schreibt weiter: "In der Mitte desselben ist eine durch die Kunst gemachte Insel und auf derselben ein kleines nach holländischer Art erbauetes niedliches Lustschloss, dem man den Nahmen einer Gloriette gegeben hat."

Dieser quadratische Ziegelbau mit spitz zulaufender Welscher Haube und Laterne wurde 1739 von Jan Bouman geschaffen. Die Gloriette war für die barocke Sichtachsengestaltung der zweiten barocken Stadterweiterung von zentraler Bedeutung, da sie im Schnittpunkt der beiden wichtigen Blickachsen in dieser Stadterweiterung lag. Sie war, bevor die Kirche gebaut wurde, schon vom Brandenburger Tor aus zu sehen. Und unser Zeitzeuge vermutet, dass diese Gloriette gleichsam den Mittelpunkt der Stadt vorstellen sollte, die der König auszubauen geplant hatte. Eine gern wiederholte Legende besagt außerdem, dass Friedrich Wilhelm hier sein berühmtes Tabakskollegium veranstaltet habe. Deshalb auch der Name "Tabakshäuschen" für den Bau. Auch soll der König hier mit seinen Offizieren getafelt haben. Bekannt ist freilich nur ein einziges Essen, das der Monarch in diesem Lusthaus gegeben hat. Für Tafelfreuden war der Weg der Speisen über das Wasser wohl doch zu lang und zu umständlich.
Mehrfach mussten bis 1800 der Kanal, die Verbindung zum Stadtkanal und die Einfassungen erneuert werden. 1825 gestaltete Lenné den Platz um, wobei das Bassin bis auf einen kreisförmigen Restteich mit einem Durchmesser von 60 Metern zugeschüttet wurde. 1868 wurde beschlossen, völlig auf die Wasserfläche zu verzichten. Der Teich wurde zugeschüttet, der Platz planiert und Gartenanlagen wurden geschaffen, wobei die Gloriette erhalten blieb.

1870 entstand, von August Stüler entworfen, der Kirchenbau St. Peter und Paul im oberitalienischen neoromanischen Rundbogenstil. Mit dem hohen Turm gab er der Sichtachse in der Brandenburger Straße einen neuen Abschluss. Die Gloriette wurde 1947 abgerissen um Platz für den sowjetischen Ehrenfriedhof zu schaffen.

9 Das Holländische Viertel (Mittelstraße 8, Jan-Bouman-Haus)

 

Tüchtige und beim Bauen auf schwierigem Grund erfahrene Handwerker wollte Friedrich Wilhelm I. nach Potsdam holen. 1732, als er den Plan zur zweiten Stadterweiterung bereits gefasst hatte, gelang es dem König während einer Holland-Reise, in Amsterdam drei Zimmerermeister und einen Mauermeister anzuwerben. Noch im Oktober des gleichen Jahres trafen diese in Potsdam ein. Unter ihnen war auch Jan Bouman mit seiner Frau.

1733 begann unter dessen Leitung der Bau des Holländischen Viertels. Errichtet wurden zunächst die Häuserzeile an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße und die sich daran anschließenden Karrees. Der Stil der Häuser war und ist nicht einheitlich. Verschiedene Dach- und Fassadenformen und unterschiedliche Verzierungen zeugen davon, dass sich die städtebaulichen Regeln mit der Errichtung eines jeden neuen Karrees verfeinerten. Zierportale sowie Traufenbohlen mit geschnitzten Konsolen befanden sich an betonten Typenhäusern oder am Ende einer Zeile und zeugen von der niederländischen Bautradition des 18. Jahrhunderts. Ein besonders gelungenes Beispiel für einen holländischen Fassadenschmuck und dessen Sanierung ist in der Benkerstraße 23 zu bewundern. In der Benkertstraße 21 ist die älteste spätbarocke Ausmahlung eines Wohnraumes im holländischen Viertel noch erhalten.

Um die Häuser zu füllen, erteilte der König 1738 weitreichende Privilegien. So sollte jeder nach Potsdam ziehende holländische Handwerker ein Haus erhalten, von Einquartierungen befreit sein, Gewissensfreiheit genießen und mit Arbeitsaufträgen versorgt werden. Dennoch wurden von den ersten 40 Häusern im neuen Viertel nur 18 von holländischen Handwerkern bewohnt, darunter von Zimmerern, Maurern, Samtmachern, einem Schlosser und einem Seidendrucker. Als Friedrich Wilhelm 1740 starb, war erst die Hälfte der Häuser fertig. Friedrich II. ließ weiterbauen, trotz des Beginns des Ersten Schlesischen Krieges, und er erneuerte auch die Privilegien. Im September 1742 waren alle 134 Häuser der vier Karrees des Viertels fertiggestellt. In ihnen wohnten jedoch nur 22 holländische Handwerkerfamilien. 54 Häuser wurden durch Soldaten und deren Witwen genutzt, der Rest durch deutsche und hugenottische Familien.

Wir stehen hier vor dem Jan-Bouman-Haus aus dem Jahr 1735. Es ist ein typisches Giebelhaus im holländischen Stil. Benannt ist es nach dem Baumeister Jan Bouman aus Amsterdam. Das Haus überdauerte die Zeiten beinahe unbeschadet und repräsentiert den für dieses Viertel maßgeblichen Baustil in nahezu originaler Bausubstanz, bestehend aus Vorderhaus, Hof, Fachwerk-Hofgebäude und Hausgarten. Das Jan Boumann Haus mit seinen Nebengebäuden ist heute ein Museumshaus. Es ist in besonderer Weise dazu geeignet, die Geschichte des Viertels und dessen Bautradition sowie die Arbeits- und Lebensverhältnisse des 18.Jahrhundert wieder erfahrbar zu machen. Das Holländischen Viertel in Potsdam gilt als größtes geschlossen erhaltenes Architekturensembledieser Art in Europa außerhalb der Niederlande.

Weitere Details zu Jan Bouman gibt Station 34.

10 Das Nauener Tor

 

"Es lebe der König in Preussen, Friedrich Wilhelm und alle brave Soldaten!" Diese Inschrift zierte einst das erste Nauener Tor. Sie trug das Datum vom 25. Februar 1722. Damals stand das Tor allerdings noch 450 Meter entfernt, Richtung Süden, an der Charlottenstraße. Auf die Inschrift am Tor bezieht sich auch Bellamintes: "An einem, welchem man von dem nicht fernen Nauen Den Namen beygelegt, steht Preußens Wappen=Bild, Nebst einer Überschrift, in dichten Stein gehauen, Die gleichsam unsrer Stadt ein Schutz= und Ehren=Schild."

1733 entstand im Zuge der zweiten barocken Stadterweiterung auch ein neues barockes Stadttor. Das jetzige Nauener Tor mit seinen beiden Türmen und Loggien wurde im Jahr 1755 zu beiden Seiten des zweiten Tores angebaut. Diese Anbauten gelten als frühestes Beispiel neogotischer Architektur auf dem Kontinent. Die Idee zum Aussehen des Tores lieferte Friedrich II. selbst. Seine endgültige Gestalt erhielt das Nauener Tor allerdings erst mit dem Abbruch des barocken Tores und der Errichtung eines neogotischen Tores zwischen den beiden Türmen in den Jahren1867 bis 69.

11 Das Jägertor

 

Die noch immer relativ kleine Stadt Potsdam besaß im Verlauf ihrer barocken Stadtmauern einmal zehn Tore. Sie waren der Ausgangspunkt des Fernstraßennetzes zu den nächstgelegenen Städten in der Mark wie Brandenburg, Nauen, Berlin oder Teltow. Fünf davon waren Land-Tore, weitere fünf riegelten gegebenenfalls die Wasserwege in die Stadt ab. Nur ein einziges Tor aus dieser Zeit ist im Original erhalten. Es ist das Jägertor, zugleich eines der drei insgesamt erhaltenen Stadttore. Es steht auf der schon 1668 vom Großen Kurfürsten angelegten Allee zur kurfürstlichen Fasanerie.

Auch Friedrich Wilhelm nutzte diese Allee als Verbindung zu seinem Jägerhof. Diesem Zweck entspricht auch die Schmuckbekrönung des Tores, die eine damals beliebte Parforcejagd darstellt. Das Tor, dessen Architekt unbekannt ist, entstand 1733 an der nördlichen Grenze der zweiten barocken Stadterweiterung.

Beachten Sie bitte den auf der Stadtseite durch das Einrücken von Häusern gebildeten Platz. Sie werden ähnliche Plätze am Nauener und am Brandenburger Tor finden. Solche Plätze zu beiden Seiten des Tores dienten damals als Aufstellfläche für die zu kontrollierenden Fuhrwerke, um Steuern auf den Warenverkehr zu erheben.

12 Das Haus "Im Güldenen Arm" (Hermann-Elflein-Straße 3)

 

Da saßen sie also, die Langen Kerls des Königs, geübt im Marschieren, im schnellen Feuern aus ihren Musketen. Da saßen sie also an ihren Spinnrädern und spannen Wolle für die königlichen Manufakturen. Hinter den Fenstern dieses Hauses. Im Erdgeschoss oder im ersten Stock - darüber streitet die Wissenschaft noch immer.

Es gab Vorschriften für den Bau von Häusern in Potsdam. Denn sie dienten nicht nur zur Wohn- und Arbeitsstätte der Bürger, sondern waren auch zur Unterbringung der Soldaten vorgesehen. Jedes neue Haus hatte eine Stube zu enthalten, in der vier Soldaten schlafen konnten und vier Spinnräder untergebracht werden mussten. Die Größe der Stube musste also etwa 20 Quadratmeter betragen. Daraus ergaben sich die Maße des Hauses. Fachwerkbauten wurden bevorzugt, sie waren schnell und preiswert zu errichten. Und so ähneln sich viele Häuser der zweiten Stadterweiterung, in der wir uns befinden. Der Eigentümer des Hauses erhielt für die Soldaten Quartiergeld. Er hatte für Unterkunft und Verpflegung zu sorgen und ein Auge darauf zu haben, dass die Musketiere des Königs nicht desertierten.

Zu diesen Themen schweigt sich Bellamintes übrigens aus. Alle Häuser im Gebiet der zweiten Stadterweiterung - und das waren einmal insgesamt 680 - erhielten massive Straßenfronten. Die Typenhäuser in der Jäger- und hier in der Hermann-Elflein-Straße besaßen Fachwerkfassaden. Da Fachwerk jedoch peinlich war und als ärmlich galt, wurden damals die Balken und die Ausmauerungen dazwischen mit einem einheitlichen Farbton überstrichen, um wenigstens aus der Ferne eine Steinfassade vorzutäuschen.

Das sogenannte „Haus Im Güldenen Arm" lag damals in der Schockstraße, benannt nach einem Tabakfabrikanten, nahe der Stadtmauer. Was ist nun das Besondere daran? Dieses Haus entstand 1737 auf bis dahin unbebautem Grund. Es war eine königliche Schenkung an den aus Süddeutschland stammenden Holzbildhauer und Brauer August Melchior Erhardt. Er gab dem Haus den Namen "Im Güldenen Arm". Aus dieser Zeit stammen das Hausschild über der Tür, in dem Putten mit Bildhauer- und Böttcherwerkzeug zu sehen sind, und auch die Masken über den Fenstern. Außergewöhnlich gut erhaltene Schmuckelemente an einem solchen doch relativ einfachen Typenhaus. Im Inneren des Hauses sind die originale Aufteilung der Räume sowie vier verschiedene Typen schwarzer Kachelöfen aus dem 18. Jahrhundert zu sehen. Es konnte als authentisches Zeugnis der Potsdamer Bau- und Sozialgeschichte erhalten und zugänglich gemacht werden.

Gehen Sie hinein, wenn das Haus gerade wegen einer Ausstellung oder einer Veranstaltung geöffnet ist. Es lohnt sich.

13 Die alte Stadtmauer (am Alten Stadtwächter, Schopenhauerstraße 33)

 

"Den 8. Januar", so berichtet ein Zeitgenosse, "den 8. Januar 1730 wurde zu Potsdam eine Inquisition veranlasset, wider einige große Grenadiers vom Königl. Leib-Regiment, so sich zusammen Verschworen gehabt, die Stadt an verschiedenen Orthen in Brand zu Stecken und sodann mit bewaffneter Hand zu desertieren. 3. Februar. Ist zu Potsdam an denen rebellischen Grenadiers eine scharfe Execution vollzogen worden, indehm zweie davon gehangen, 2 Nasen und Ohren abgeschnitten, folglich auf Lebenszeit nach Spandow geschicket, etliche 20 aber die Straßen 10, 20, bis 30 mal lauffen mußten."

Die so oft gepriesenen wie verklärten sogenannten Langen Kerls kamen nicht freiwillig nach Potsdam. Die meisten waren zum Militärdienst gepresst, ein Großteil von ihren ausländischen Herren einfach an den König verschenkt oder verkauft worden. Harter Drill und drakonische Strafen führten zu Unzufriedenheit, Verzweiflung und Aufbegehren. Um die Flucht der Soldaten zu verhindern, wurde die Stadtgrenze 1722 befestigt.

Bellamintes berichtet: "Zuförderst ward demnach ein' ausgemeß'ne Mauer Um Potsdam, und zugleich um dessen Raum, geführt Die von besondrer Höh' und von so starcker Dauer, Daß künfftig selbst die Zeit die Krafft daran verliert."

Zunächst aber waren es nur einfache Palisadenzäune, erst später entstand eine Mauer, deren Höhe von 3,70 Meter auch ein Langer Kerl ohne Hilfsmittel nicht überwinden konnte. Die zweite Aufgabe der Mauer war die, Steuern einzutreiben, die sogenannte Akzise. Das war eine indirekte Steuer auf alle Waren des täglichen Bedarfs, die in den Städten verkauft wurden. Sie konnten nun an den Stadttoren erfasst und taxiert werden. Auch auf die in Potsdam hergestellten Erzeugnisse wurden Steuern erhoben. Der historische Name der Stadtmauer erfasst ihre Funktion ganz genau. Sie hieß damals "Accise- und Desertations-Kommunikation".

Dass Bellamintes Unrecht hatte, liegt auf der Hand: Die Zeit hat die Potsdamer Stadtmauer nicht verschont. Weitere Reste, 160 Meter lang, finden sich am anderen Ende der Stadt, in der Großen Fischerstraße.
Wenn Sie mehr über das Spießruten- bzw. Gasse laufen wissen möchten, wählen Sie bitte die 39.

Wenn Sie nun auf dem Weg zum Marly-Garten durch das Brandenburger Tor gehen, bedenken Sie, dass dieses Tor so erst im Jahre 1770 entstand. Damals ließ Friedrich II. das alte hölzerne Tor durch einen prächtigen Neubau ersetzen. Immerhin ist dieses Brandenburger Tor zwar kleiner, aber dafür älter als das in Berlin.

14 Der Marly-Garten (Westportal der Friedenskirche)

 

"Mein Marly! - So nannte König Friedrich Wilhelm I. einen gewöhnlichen Küchengarten vor dem Brandenburger Tore bei Potsdam." Das lässt uns der Hofrat Louis Schneider in einem Vortrag aus dem Jahre 1864 wissen. Gleich darauf folgt allerdings die Beschreibung eines ganz und gar nicht gewöhnlichen Küchengartens.

Doch der Reihe nach: Kurz nach seiner Thronbesteigung ließ der König den Lustgarten am Stadtschloss in einen Exerzierplatz umwandeln. Ein neuer Lustgarten musste her, nach des Königs Geschmack. "Einfach, nicht kostspielig zu unterhalten, einträglich, und die Bäume in Reih‘ und Glied wohl auf einander gerichtet" - so ein Zeitgenosse. Er wurde 1715 angelegt, mit Ertrag versprechenden Obstbäumen, Beeten für Salat, Spargel, Kohl und Spinat. Wenige Sandsteinstatuen nur, Kindergruppen darstellend, zierten die Wegachsen. Besonders in den ersten Jahren war Schatten rar in diesem Garten, was vor allem von den Damen beklagt wurde.

Zum Lustgarten wurde dieses Refugium durch den Bau eines Lusthauses, in dem der König mit seiner Familie und den Offizieren seines Leibregiments tafeln konnte. Mit diesen vor allem an den Tagen der Revuen, der Truppenschauen. Für die Familie habe der König zuweilen höchstselbst den Salat zubereitet, nicht ohne sich vorher und nachher gründlich die Hände zu waschen, berichtet ein Augenzeuge.

Was der sparsame König nicht selbst verbrauchte, wurde verkauft. Der König setzte auch gleich persönlich die Preise dafür fest. Und vornehme Militärs und Zivilbedienstete waren verpflichtet, zu kaufen.

Der Marly-Garten schloss auch eine Kegelbahn, ein Haus zur Überwinterung exotischer Pflanzen und eine Melonentreiberei ein. Und einen Schießstand. 1728 soll es dort beim Besuch Augusts des Starken, Kurfürst von Sachsen, ein besonders glänzendes Armbrustschießen gegeben haben. Teile der Mauer, die einst die Zielscheiben trug, sind bis heute im östlichen Teil des Kreuzganges der Friedenskirche erhalten. Nach des Königs Tod blieb nur die Bedeutung als Küchengarten übrig. Unter Friedrich II. wurden das Lusthaus abgerissen und die Steine für die Hofgärtnerwohnung verbaut. Und etwa 100 Jahre später gestaltete der große Lenné den Marlygarten völlig um. So, wie er heute noch zu sehen ist.
Jetzt wollen Sie sicher noch wissen, woher der Name „Marly" kommt. Friedrich Wilhelm benannte sein für die damalige Zeit doch immerhin recht bescheidenes Gärtlein spöttisch nach Marly-le-Roi, einer prächtigen Schloss- und Parkanlage Ludwigs XIV. nördlich von Versailles, von der allerdings heute auch nur noch Reste erhalten sind.

Und, ach ja, nahe des Marly-Gartens befand sich zu jener Zeit auch der Richtplatz der Stadt, der Ort, an dem, wie es zeitgenössisch heißt "die Räder standen".

15 Das Große Holländische Haus (Lindenstraße 54/55)

 

Zur Zeit seiner Vollendung im Jahr 1737 war das Große Holländische Haus innerhalb der zweiten barocken Stadterweiterung das vornehmste Wohngebäude. Es gilt als erstes großes ziegelsichtiges Wohngebäude niederländischer Bautradition in Potsdam. Friedrich Wilhelm ließ das repräsentative Stadtpalais für den Kommandanten der königlichen Leibgarde errichten. Rund 30 Meter lang und beinahe sieben Meter tief, hatte das Haus in jedem Stockwerk einen Saal, vier Stuben, zwei Kammern, einen Flur und ein kleines Kämmerchen zu, wie es hieß, Bequemlichkeiten - wohl eine Toilette. In einem Seitengebäude waren Küche, Keller und Bedienstetenkammern untergebracht. Remise, Pferdeställe und Futterkammern ergänzten den Bau. Die große Toreinfahrt soll nach holländischer Manier verziert gewesen sein, so wie man es heute noch an einigen Häusern im Holländischen Viertel sieht. Der Balkon sowie der Segmentgiebel in der Mittelachse wurde erst 1909 hinzugefügt.

1738 verschenkte der König das Haus an den Potsdamer Magistrat, der daraus Mieteinnahmen erwirtschaften sollte. Für ein so herrschaftliches Haus konnte die Stadt allerdings keinen geeigneteren Mieter finden als den jeweiligen Kommandeur des Leibregiments.

80 Taler Miete zahlte Oberst von Röder 1739 an die städtische Kämmerei, 1741, als das Haus wegen des Schlesischen Krieges leer stand, nur 39 Taler. Bis 1802 wurde das Haus immer wieder an Kommandeure und hohe Offiziere Potsdamer Regimenter vermietet. Es prägte sich der Begriff "Kommandantenhaus". Allerdings hatte die Stadt wegen der ständigen Reparaturkosten wenig von den Mieteinnahmen - zwischen 1738 und 1802 blieben jährlich nur 24 Taler Überschuss.

1809 trat in diesem Haus die erste gewählte Stadtverordnetenversammlung Potsdams zusammen. Ab 1818 wurde das Haus schrittweise Gefängnis. 1907 bis 1909 entstand das heute noch vorhandene Gefängnisgebäude. 1935 wurde auf der Grundlage der Nürnberger Rassengesetze in diesem Haus ein sogenanntes Erbgesundheitsgericht gebildet, das u. a. über Zwangssterilisationen zu entscheiden hatte.

Ab 1943 wurden im Gefängnis zunehmend politische Angeklagte des Potsdamer "Volksgerichtshofes" eingekerkert. 1945 besetzte die sowjetische Armee das Gerichtsgefängnis. Die sowjetische geheimpolizeiliche Ermittlungsbehörde und das Militärtribunal nahmen hier Quartier. 1953 wurde das Haus an das Ministerium für Staatssicherheit der DDR übergeben. 1990 zogen hier Bürgerbewegungen und Parteien ein, 1995 wurde im Hof das Denkmal "Das Opfer" des Berliner Bildhauers Wieland Förster aufgestellt. Heute beherbergt das Haus eine "Gedenkstätte für die Opfer politischer Gewalt im 20. Jahrhundert".

16 Die Große Stadtschule (Friedrich-Ebert-Straße 17)

 

Es war nur eine Schule, die Friedrich Wilhelm 1738-1739 bauen ließ. Eine "moralische Anstalt", die einen positiven Einfluss auf die sehr heterogen zusammengesetzte Bevölkerung der jungen Garnisonstadt ausüben sollte. Und dennoch ist diese letzte Schulneugründung der Königs in Potsdam eines der bedeutendsten städtischen Gebäude aus der Zeit dieses Königs und neben dem Kommandantenhaus der einzige repräsentative Bau der zweiten barocken Stadterweiterung. Und sie trägt die verschlungenen Initialen des Königs "FWRB" in vergoldetem Kupfer am Balkon: Fridericus Wilhelmus Rex Borussiae.

Der hohe, zweigeschossige Putzbau unter einem steilen Mansardendach mit 13 Fensterachsen sowie einer vorgeblendeten Säulenarchitektur an den Seitenrisaliten und am Mittelrisalit überragt die umliegenden barocken Typenhäuser deutlich. Der Mittelrisalit wird durch einen Balkon und durch die vasenbekrönte Attika betont.

In den Anfangsjahren der Schule unterrichteten zwei Lehrer die beiden Klassen. Erst 1812 wurde die Stadtschule vergrößert und erhielt die offizielle Anerkennung als Gymnasium. Namhafte Schüler der Großen Stadtschule waren unter anderem der Revolutionär Maximilian Dortu, der Mathematiker Carl Gustav Jacobi, der Naturwissenschaftler Hermann von Helmholtz und der Dichter Heinrich von Kleist. Noch immer Schule, beherbergt der Bau heute eine Einrichtung des zweiten Bildungsweges.
Der Name "La Grande Ecole" für diese Schule ist wohl eine Erfindung der Nachgeborenen. Friedrich Wilhelm war kein Freund der französischen Sprache, wie er denn auch gern über alles Französische spottete.

17 Die Potsdamer Apotheken (Löwen-Apotheke, Friedrich-Ebert-Straße 102)

 

Vier Apotheken gab es zur Zeit Friedrich Wilhelms in Potsdam. Drei davon gehörten einer einzigen Familie. Als der König 1713 den Thron bestieg, gab es die älteste Potsdamer Apotheke "Zum schwarzen Bär" noch. Sie wurde 1654 in der Potsdamer Altstadt, nahe dem Schloss gegründet und 1945 zerstört.

1725 erneuerte und verschärfte der König die Medizinaledikte seiner Vorgänger. Das führte zu einer strikten Trennung zwischen Apothekern und Drogisten. Von nun an gab es Privilegierte Apotheken und sogenannte Gewürz-Krahm-Läden. Ebenfalls 1725 eröffnete der Hesse Nicolaus Becker die Adler-Apotheke, auch noch in der Potsdamer Altstadt, gleich hinter dem Marstall. Nach Grabungsbefunden möglicherweise an der Stelle, an der heute in der Friedrich-Ebert-Straße das letzte der Acht-Ecken-Häuser steht.

Nicolaus Becker war hoch gewachsen und von bestimmtem Auftreten, was dem König offensichtlich gefiel. Denn er gestattete auch dessen Sohn, 1733 eine Apotheke zu eröffnen: die Löwen-Apotheke in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße 102. Der Schwiegersohn Beckers schließlich durfte die Hirsch-Apotheke gründen, die heute noch in der Lindenstraße 48 zu finden ist.

Apotheken bestanden zu dieser Zeit aus Verkaufsraum, Officin genannt, Kräuterboden, Laboratorium, Materialkammer und Arzneikeller. Die Herstellung von Arzneimitteln erfolgte nach dem Dispensatorio Brandenburgico von 1698. Zur Ausstattung einer Apotheke gehörten neben einheimischen Kräutern wie Dill, Hopfen, Beifuß, Minze und Huflattich auch exotische Ingredienzien wie Aloe, Myrrhe, Muskat und Spanische Fliege. Es fanden sich aber auch gedörrte Kröten und Regenwürmer, Hechtzähne, Kellerwürmer, Wolfsleber, Alabaster, Amethyst und Bimsstein in den Gläsern und Schachteln.

Die nun vier Apotheken teilten den Markt in der Stadt unter sich auf: die Bären-Apotheke belieferte das Predigerwitwenhaus, die Adler-Apotheke versorgte die Gewehrfabrik, die Hirsch-Apotheke verdiente mindestens 400 - andere Quellen behaupten tausende - Taler im Jahr durch die Versorgung des Militärwaisenhauses mit Medizin. Die Inhaber der Adler- und der Löwen-Apotheke waren zudem Hofapotheker, was ihnen zusätzliche Einnahmen von 500 Talern im Jahr bescherte.
Übrigens gab es damals je nach Ausbildung Apotheker 1. und 2. Klasse. Potsdam gehörte zu den 20 Städten in Preußen, in denen nur die 1. Klasse Apotheken besitzen oder verwalten durften.

18 Die "Moskowitische" Kirche (Yorckstraße)

 

Auf der südlichen, der Altstadtseite des Stadtkanals steht noch heute das Brockessche Haus aus der Zeit Friedrichs II. Rechts daneben befand sich einst die sogenannte Moskowitische Kirche. Was tun mit den vielen Menschen fremden Glaubens in der Stadt und vor allem in der Armee? Der König hatte seine Toleranz schon bewiesen, als er eine katholische Kirche bauen ließ.

Schon 1718 waren aber auch 55 Russen in Potsdam angekommen. Als Geschenk des Zaren für das Leibregiment und im Austausch gegen das Bernsteinzimmer. Sie wurden zunächst vom Popen der russischen Gesandtschaft in Berlin betreut. Der kam allerdings nur einmal im Jahr und zelebrierte die russisch-orthodoxen Gottesdienste im Rathaus am Alten Markt.

Als die Zahl der Russen auf 300 anwuchs und deren Entfremdung vom Glauben und den guten Sitten bis nach St. Petersburg gemeldet wurde, erklärte sich die Zarin Anna 1730 bereit, einen Geistlichen nach Potsdam zu entsenden. Auch der König war einverstanden und ließ eine hölzerne, mit Fachwerk ausgemauerte Kirche bauen, ohne Turm und ohne Geläut. Sie stand hier, am Kanal, am Ende des Langen Stalls. Sie hatte Sakristei, Kanzel, Altar und Taufbrunnen und einen Chor für die Sänger. Als der Pope im Frühjahr 1734 endlich eintraf, wurde die Moskowitische Kirche eingeweiht, in Anwesenheit des Königs. Doch der Geistliche starb schon 1740, kurz nach dem König. Einen Nachfolger gab es nicht, und so begannen die alten Zustände erneut: Der Gesandtschaftspope aus Berlin kam alle zwei Jahre für mehrere Tage nach Potsdam und ließ sich das mit 16 Talern bezahlen. Die Gottesdienste fanden wieder im Rathaus statt. Die Kirche stand leer. 1765 bestimmte schließlich Friedrich II., dass die russische Kirche nicht, wie beantragt, Garnisonschule, sondern "ein Comödien-Saal für das Publicum" sein solle. Verschiedene Schauspieltruppen bespielten das Haus bis 1777, danach verfiel es. Schließlich wurde es abgerissen und ein dreistöckiger Neubau entstand, der der Ausrüstung der Soldaten diente. Er wurde im Krieg zerstört.

19 Der Neue Markt

 

"In Potsdam finden sich verschiedne große Plätze", dichtete Bellamintes 1727, ohne diese genauer zu benennen. Doch er beschreibt die unterschiedliche Funktion: "Denn hier erblicket man, zum Theile, Kauffmanns=Waaren, So mancher Handels=Mann in Menge, hergebracht; Zum Theile siehet man gestellte Krieges=Schaaren An denen sich gewiß ! viel Schönes kennbar macht."

Der Neue Markt gehörte zu Friedrich Wilhelms Zeiten wohl eher zu den Handelsplätzen. Doch er ist älter und er lag in der von Havel und Stadtgraben umflossenen Potsdamer Altstadt. Dort, wo heute das imposante Gebäude des ehemaligen Kutschpferdestalles den Neuen Markt nach Westen hin begrenzt, stand einst der Reitstall des Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Davor lag der Stallplatz. Als Friedrich Wilhelm den Reitstall in die Orangerie verlegte, wurde das Gebäude als Kutschpferdestall weiter genutzt. Die neuen Funktionsbauten wie Schmiede, Remisen und Reitbahnen entstanden nun hinter dem Stall, wo sie teilweise heute noch erhalten sind.

1725 wurde der nun freie Platz erstmalig umbaut und Neuer Markt genannt. Auf ihm fanden Jahrmärkte statt, die vom Alten Markt hierhin verlegt wurden. Es gab jedoch auch eine düstere Seite: Ein Zeitzeuge berichtet, der Neue Markt sei "eine Zeitlang auch der Gerichtsplatz" gewesen, „wo die Todeswürdigen Verbrecher abgethan wurden." Die letzte Hinrichtung an diesem Ort ist für 1739 verbürgt.

Friedrich II. ließ den Platz ab 1752 von Knobelsdorff und Bouman umbauen. Es entstanden neue repräsentative Bürgerhäuser, zunächst die mit der Nummer 10 und 11. Unger baute ab 1773 die Häuser mit den Nummern 2 und 3 und 6 bis 8, die durch einen regelmäßigen Fassadenrhythmus auffallen. Bemerkenswert sind auch die barocken Schornsteinköpfe über den Satteldachfirsten. Denn sie enden noch mit den steil aufgestellten Biberschwanzziegeln, die das Eindringen von Regenwasser verhindern sollen. Das Haus Nr. 3 wurde für den Hofzimmermeister Johann Georg Brendel, der am Potsdamer Baugeschehen stark beteilig war, errichtet. Seine Initialen sind im Gitter an der Freitreppe noch erhalten.

Im Zentrum des Platzes steht die Ratswaage. Ihre Vorgängerin, die königliche "Malz- und Kornwaage" oder auch "Mühlenwaage" wurde unter Friedrich Wilhelm hier in einem Fachwerkhaus eingerichtet. Die Einkünfte gingen an das königliche Waisenhaus. 1836 wurde das jetzige Gebäude von einem Schinkelschüler im Stil des Klassizismus errichtet und 1875 wurde - nach Erneuerung der technischen Einrichtungen - auch die städtische Ratswaage hierher verlegt. Das heutige Gebäude des ehemaligen Kutschpferdestalls wurde erst 1789 fertiggestellt.

Der Neue Markt, heute der schönste Platz Potsdams, ist ein bauhistorisches Kleinod von großer Bedeutung. Die bürgerlichen Wohnbauten mit den fast unveränderten Satteldächern und originaler Biberschwanzdeckung sind von Zerstörungen weitgehend verschont geblieben und in den 1990-er Jahren aufwändig instandgesetzt worden. Vorausgegangen waren dem farbrestauratorische Untersuchungen. Der Platz mit seinem im Barock typischen Lesesteinpflaster gilt als der einzige noch annähernd erhaltene Stadtplatz Potsdams im Erscheinungsbild es 18. Jahrhunderts.

20 Der Marstall (Breite Straße)

 

Das imposante, langgestreckte braunrote Gebäude ist der einzige Bau aus der Zeit vor Friedrich Wilhelm I., der die Zeiten überdauert hat. Es ist damit das älteste Haus Potsdams. Der Bau wurde im Jahr 1685 zeitgleich mit dem Stadtschloss auf Geheiß des Großen Kurfürsten errichtet. Er diente zunächst als Orangerie. Dort überwinterten die in Mode gekommenen südländischen Pflanzen des Hofes, daher der ursprüngliche Name "Pomeranzenhaus". Auf der Rückseite des Hauses ist die bauzeitliche Gestaltung aus der Renaissance teilweise noch erkennbar.

Als Friedrich Wilhelm den Thron bestieg, fand er auch für die Orangerie eine neue Verwendung. Sie wurde zum Marstall für die königlichen Reitpferde. Immerhin war auch das des Bedichtens wert:
"Was aber seh' ich hier? Zunächst dem Schlosse stehet Der königliche Stall, so des Beschauens wehrt
Indem die Baukunst ihn nicht nur allein erhöhet;" lässt uns Bellamintes wissen und fährt fort, dass "so manch gewandtes Pferd" untergestellt worden sei, "Das gleichsam Flügelwerk an seinen Füssen träget". Nun ja.

Unter Friedrich II. verliehen die Architekten Knobelsdorff und Krüger dem Marstall seine heutige Gestalt. Unter anderem wurde das Gebäude damals um ein Drittel verlängert, was zu einer asymmetrischen Architektur führte. Knobelsdorff gestaltete die dem Lustgarten zugewandte südliche Schaufassade neu und gab dem Garten so seine repräsentative nördliche Raumkante. Die lange Gebäudefront sowie die Stirnseite zum königlichen Stadtschloss gliederte er mit Risaliten, vor denen plastische Säulenarchitekturen vorgeblendet waren. Die Balustraden auf den Risaliten wurden prunkvoll mit dynamisch bewegten Reiter- und Pferdegruppen bekrönt. Diese Schmuckaufsätze zählen neben den Karyatiden des Schlosses Sanssouci zu den berühmtesten Meisterwerken des Bildhauers Friedrich Christian Glume.

Wie das Stadtschloss und die anderen Bauwerke des Alten Marktes wurde auch der Marstall im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. In den 1970er-Jahren baute man das stadtbildprägende Gebäude wieder auf. Seit 1981 hat hier das Filmmuseum Potsdam seinen Platz.

Wenn Sie die Breite Straße überqueren gelangen Sie zum Neuen Lustgarten.

21 Der Neue Lustgarten

 

Es ist nicht zu übersehen: Dieser Garten ist wirklich neu, auch wenn wir es hier mit dem Areal des nachweislich ältesten Lustgartens der Stadt zu tun haben. Schon lange vor Friedrich Wilhelm wurde dieses Gebiet der Havel abgerungen. Um das Jahr 1600 soll der Garten eine dreieckige Form gehabt haben. Später dann, unter dem Großen Kurfürsten, kam mit dem neuen Schloss und den Hugenotten ein Ziergarten hinzu.

Der zwischen Schloss und Havel eingeebnete Parterregarten bestand aus einem schachbrettartigen Wegenetz, das parallel zur Schaufassade des Schlosses ausgerichtet war. In den großen rechtwinkligen Beeten wurde im Stil der italienischen Renaissancegärten Zierpflanzungen angelegt. Diese bestanden meist aus Hecken, Blumen und Ziergemüse. Diese Beetbepflanzungen bildeten besonders in der Betrachtung aus dem höher gelegenen Schloss großflächige prachtvolle Pflanzmuster, die spiegelbildlich aufeinander bezogen waren. Abgelegene Beete wurden als Gemüsegärten genutzt.

Friedrich Wilhelm aber hatte andere Pläne mit dem Lustgarten. Er ließ, kaum ins Stadtschloss eingezogen, unter seinen Fenstern einen Exerzier- und Paradeplatz anlegen, dem die nördlichen Teile der als gärtnerisches Kleinod gepriesenen Anlage weichen mussten. So konnte er seine Soldaten nach Belieben beim Exerzieren beobachten.

Friedrich II. hielt es nicht anders. Er ließ jedoch den alten Hafen für die königlichen Lustschiffe von der Havel abtrennen und das so entstandene Lustgartenbecken mit einer großen Neptun-Gruppe schmücken. Eine besondere Aufwertung erfuhr der Lustgarten durch die Errichtung der Ringerkolonnade zwischen Marstall und Schloss und durch die Havelkolonnade, die den Lustgarten im Osten von der Havel und der Langen Brücke abschirmte. Im Westen begrenzte den Lustgarten mit einer noch heute sichtbaren schmückenden Gartenmauer, die mit Pilastern gegliedert und mit einer von Putten und Vasen geschmückten Balustrade bekrönt war.

Auch Peter Joseph Lenné änderte den streng gegliederten barocken Lustgarten und überformte ihn teilweise mit den typischen Pflanzungen und Wegeführungen eines Landschaftsgartens. Das Neptunbecken mit Figurengruppe blieb aber erhalten, da es Bestandteil des berühmten "Potsdamblickes" war, einer Sichtachse in nördlicher Richtung über das Neptunbecken bis zum Mittelpavillon des Schlosses, über dem sich die Kuppel der Nikolaikirche erhob. Eine große Beeinträchtigung erfuhr der Lustgarten 1845, als der südliche Teil des Gartens zunächst durch eine fast ebenerdige Gleisführung der Eisenbahn abgetrennt wurde. Der später erhöhte Eisenbahndamm verhinderte endgültig die Sichtbeziehungen zur Havel und in die Landschaft.

Nach den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg und im Zuge der Umgestaltung der Innenstadt entstanden auf diesem Gelände ein Stadion und ein Hotel. Als Erinnerung an den königlichen Lustgarten wurden Teile der Ringerkolonnaden im Bereich des Neptunbeckens aufgebaut.

Für die Bundesgartenschau 2001 wurde der Versuch einer Annäherung an den historischen Grundriss unternommen. Neben einem großen Festplatz direkt an der Straße umfasst der Neue Lustgarten heute Gartenzimmer, Lindenhaine und eine Hopfengalerie als Ersatz für die den Garten einst südlich abschließende Orangerie. Wieder freigelegt wurde das Neptun-Bassin. Es enthält Reste der Neptun-Gruppe, die einst das Becken schmückte. Ein Förderverein bemüht sich um die Vervollständigung der fehlenden Figuren unter Verwendung von Originalteilen.

22 Das Haus des Majors von Knesebeck und andere (Henning-von-Tresckow-Straße 9-12)

 

Es ist schon so, dass der König nicht nur fünfachsige Typenhäuser bauen ließ. Nicht "an der Gracht", also dem Stadtkanal, und auch nicht in der damaligen Gärtnerstraße. Wer aber durfte solche Stadtpalais bauen oder bewohnen?

Die ehemalige Garnisonschule, das Haus Nummer 11, wurde 1722 als Stadtpalais für einen Major von Knesebeck vom königlichen Leibregiment gebaut. 1787 freilich wurde die Fassade überformt, nach Umbauten 1938 blieb nur noch diese Fassade übrig. Das Haus mit der Nummer 10 gehörte dem Hofprediger Storch und wurde 1805 frühklassizistisch überformt, das Haus Nummer 9 ließ sich der Hofprediger Carstadt zwischen 1726 und 1736 erbauen. Die Fassade ähnelt mit ihrem breiten übergiebelten Mittelrisalit und dem Giebeldach mit Mansarden wahrscheinlich dem ursprünglichen Aussehen des Hauses Nummer 12.

Dieses Haus Nummer 12 schließlich, 1777 erbaut, geht möglicherweise auf einen Entwurf von Unger zurück. Wahrscheinlich wurde der ursprüngliche Bau aus dem Jahr 1736, Wohnhaus des Hofmalers Adelfing, nur um ein Stockwerk erhöht, wobei das Giebeldreieck und das hohe Mansardendach entfernt wurden.

23 Die Gewehrfabrik/Die Katholische Kirche (Ecke Henning-von-Tresckow-Straße/Dortustraße)

 

"Für allen darf nun wohl die Werckstatt sich erheben, Wo man fürs Königes gesamtes Krieges=Heer (Dem seine Zahl und Größ‘ ein solches Ansehn geben Als kaum zu glauben ist) das trefflichste Gewehr in grosser Menge macht."

Die "Werckstatt", von der Bellamintes hier schwärmt, ist beziehungsweise war die Gewehrfabrik. Friedrich Wilhelm ließ sie 1722 entlang des Stadtkanals, also der heutigen Dortustraße, bauen. Hier wurden die in Spandau hergestellten Einzelteile zu fertigen Musketen zusammengesetzt. Ausgeführt wurde diese Präzisionsarbeit von Büchsenmachern, die der König in Lüttich, damals ein Fürstbistum, hatte anwerben lassen. Katholiken also, von denen Bellamintes 1727 schrieb: "... es wohnen hier fast siebenhundert Männer, Von denen jeder Weib und Kinder bey sich hatt."

Da er die Arbeiter brauchte, war der König tolerant. Schon 1723/24 war auf dem Gelände der Gewehrfabrik eine Fachwerkkirche aufgeführt worden. Nun konnten die katholischen Gottesdienste aus einem Saal des Stadtschlosses in diese Kirche verlagert werden. Unter dem Einfluss von Pater Raymundus Bruns wurde der Bau später erweitert. 1731 betete der Herzog von Lothringen, der spätere Kaiser Franz I., währen seines Potsdam-Besuches in dieser Kirche. 1737 gab es in der kleinen Stadt Potsdam 2000 Katholiken. Nicht nur Arbeiter waren das, sondern auch Soldaten aus aller Herren Länder. Die Kirche war längst zu klein geworden. Ein Neubau musste her - 44 Meter lang, 19 Meter breit, wieder aus Fachwerk und als Kirche äußerlich erkennbar nur an zwei kleinen Kreuzen auf den Dachfirsten, innen jedoch kostbar ausgestattet mit liturgischem Gerät. Dort traf sich die katholische Gemeinde bis 1870, bis zu ihrem Umzug an den Bassinplatz.

Der monumentale Bau, vor dem Sie stehen, wurde 1776 bis 1780 für die Gewehrfabrik errichtet. Er diente später als Kaserne für das 1. Garderegiment zu Fuß, später für das Infanterieregiment Nr. 9. Heute sind Ministerien der Landesregierung Brandenburgs hier untergebracht.

24 Das Große Militärwaisenhaus (Lindenstraße 34)

 

Das Große Militärwaisenhaus. "Es gleichet solches Haus den größten Pracht-Palästen Und gehet manchem noch an Raum und Ordnung für. Wer es mit Augen sieht, beurtheilt es am besten Und nennet selbiges der Stadt besondre Zier." So reimte Bellamintes 1727. Dabei war das damalige Waisenhaus mit dem heutigen Bau kaum zu vergleichen.

Natürlich war zwischen 1722 und 1724 ein für die damalige Zeit bedeutender Komplex innerhalb der alten Stadtgrenzen errichtet worden - wenngleich nach des Königs Lieblingsbauweise aus Fachwerk. Er war für die Unterbringung, Versorgung und Ausbildung von Nachkommen gefallener, verstorbener oder außerordentlich armer Soldaten gedacht, zunächst für Jungen, ab 1725 auch für Mädchen.
Insgesamt 600 Kinder fanden in der Anstalt Platz, die nach dem Vorbild der Franckeschen Stiftung in Halle errichtet wurde. Friedrich Wilhelm hatte diese 1713 und 1720 besucht und Gefallen am pädagogischen Konzept des pietistischen Theologen August Hermann Francke gefunden.

Vom König wurde das Große Waisenhaus zunächst mit Besitzungen für die Versorgung mit Nahrungsmitteln ausgestattet. Darüber hinaus trat das Waisenhaus "auf königliche Kosten" selbst als Unternehmer auf. Ab 1725 war es u. a. Eigentümer der größten staatlichen Tuch- und Zeugmanufaktur, des Berliner Lagerhauses, und eines Bergwerkes in Freienwalde. Daneben wurden die Zöglinge zur Arbeit außerhalb des Hauses vermietet, so zum Beispiel an die Gewehrfabrik. 50 Knaben waren dort mit einer Arbeitszeit von bis zu zehn Stunden tätig. Die Kinder schufteten auch in Tuchmanufakturen. 1740 zählte das Haus 1400 männliche und 155 weibliche Zöglinge. Erstmalig übersprang die Garnison Potsdam in dieser Zeit auch die Havel in Richtung Süden. Gegenüber dem Exerzierplatz im Lustgarten entstand unterhalb des Brauhausberges ein Lazarett für die Mädchen des Waisenhauses.

In den Jahren 1771 bis 1777 wurde das Große Militärwaisenhaus abschnittsweise durch den Architekten Carl von Gontard neu errichtet. Das große drei- bis viergeschossige Gebäude füllte das gesamte Karree aus. Mit seinen den Straßen folgenden vier großen Flügelbauten bildete es einen weiträumigen geschlossenen Innenhof mit zahlreichen kleineren Wirtschaftsgebäuden. Die beeindruckende Schaufassade des riesigen Baukomplexes lag jedoch an der wichtigen Lindenstraße.

Hier wurde die gewaltige Baumasse durch einen freistehend aufgesetzten Rundtempel mit abschließender Kuppel auf dem Mittelrisalit betont. Der über den Dächern der Stadt errichtete Monopteros war damit ein unverwechselbarer Bestandteil von Potsdams Stadtkrone geworden. Der Monopteros von Gontard gilt als Vorbild für seine Entwürfe des deutschen und französischen Domes am Gendarmenmarkt in Berlin und war später Vorbild für das Stadthaus hinter dem dortigen Roten Rathaus.

Nach Kriegsschäden wurde das Waisenhaus in vereinfachter Form wieder aufgebaut. Erst im Jahr 2004 wurde der barocke Rundtempel in traditioneller Bauweise auf dem balustradengerahmten Basisgeschoss über dem Mittelrisalit wieder errichtet.

Zögling des Militärwaisenhauses war zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch Eleonore Prochaska, das "Heldenmädchen von Potsdam". Sie kämpfte währen des Befreiungskrieges als Jäger Renz im Lützowschen Freikorps und fiel im Oktober 1813.

25 Das alte Ständehaus (Breite Straße 9)

 

Ein Holländer namens de Langelaer hatte die Breite Straße bereits 1668 als lang gezogenen Platzraum angelegt. Sie führte geradlinig vom Stadtschloss durch die Kurfürstliche Freiheit über den Stadtgraben und weiter über eine hölzernen Damm in der Havelbucht stadtauswärts. Die Straße folgte dann ziemlich genau dem heutigen Verlauf der Feuerbachstraße. Als Landschaftsallee zielte sie auf einen Hügel nahe bei Golm, heute ein Ortsteil von Potsdam. An ihr reihten sich zum kurfürstlichen Hof gehörende Wohn- und Funktionsgebäude.

Friedrich Wilhelm bereicherte die Breite Straße mit eigenen Bauten - dem Militärwaisenhaus, der Garnisonkirche und mit dem alten Ständehaus, vor dem wir stehen. Er sorgte allerdings auch dafür, dass diese Straße nur wenige Meter hinter der Lindenstraße endete. An der heutigen Kreuzung mit der Schopenhauerstraße verlief damals die Stadtmauer. Es gab kein Tor an dieser Stelle.

Für Manger zählte das von ihm so genannte neue Landschaftshaus zu den vornehmsten Bauten aus der Zeit Friedrich Wilhelms. Auch Bellamintes preist das Haus als "groß und kostbar". Hier versammelten sich die adeligen Landstände der Mark Brandenburg zu Beratungen, und der König wohnte, wie es heißt, "der Zusammenkunfft in holden Gnaden bey". "Das Landschafts=Haus", so dichtete Bellamintes weiter, "ist dann ein Himmel voller Sterne, In deren Mitte sich die schönste Sonne zeigt".

Die Wirklichkeit war wohl etwas prosaischer. Um 1724 von Pierre de Gayette errichtet, zeigte das Haus zur Breiten Straße hin zwar eine steinerne Fassade, der eigentliche Bau jedoch bestand aus Fachwerk. Ab 1724 wurde er von den Landständen genutzt, ab 1770 wohnten hier die Prediger des Waisenhauses.

Nur wenige Meter weiter, an der Ecke Lindenstraße, ließ Friedrich II. 1770 ein Typenhaus aus der Zeit seines Vaters aufwändig und anspruchsvoll zum neuen Ständehaus umbauen. Es beherbergt heute das Potsdamer Naturkundemuseum und hat, wie auch das Haus Nummer 9, einen nach historischem Vorbild gestalteten Vorgarten.

26 Die Garnisonkirche (Torbogen)

 

Bellamintes besang 1727 auch die Garnisonkirche: "Hier winket mir der Thurm auf jenem Kirch Gebäude, Wo die Besatzung sich zu Gottes Füssen setzt, Und wo der König selbst, an der beliebten Weide Und angenehmen Kraft des Wortes, sich ergötzt."

Das klingt niedlich, nicht wahr. Dabei ist die geplante Wiedererrichtung ehemalige Hof- und Garnisonkirche das in den letzten Jahren umstrittenste Bauvorhaben der Landeshauptstadt Potsdam überhaupt. Die Auseinandersetzungen um den Neubau der Garnisonkirche am ehemaligen Standort haben ihre Ursache in der Geschichte dieses Bauwerks.

Bellamintes bedichtete einen Kirchenbau aus Fachwerk, der 1722 eingeweiht wurde. Schon acht Jahre später aber musste die Kirche wieder abgebrochen werden. Auf sumpfigem Boden gebaut, hatte sie ihre Standfestigkeit verloren.

Der Architekt Philipp Gerlach, der bereits die Stadtkirche St. Nikolai geschaffen hatte, bekam den Auftrag für einen massiven Neubau. Mit der Errichtung wurde 1731 begonnen, ein Jahr später war die Kirche fertig, 1735 dann auch der Turm. Mielke konstatiert: "Es entstand ... ein Werk sakraler Architektur, vergleichbar mit dem Besten, das die Kirchenbaukunst der Zeit zu bieten hatte." "Mit dem Turm der Potsdamer Garnisonkirche", schreibt Mielke weiter, "ist Philipp Gerlach ein Werk ersten Ranges gelungen." Er hebt besonders die Grundrissveränderung der fünf Geschosse vom Rechteck zum Quadrat hervor, die Anordnung der Säulen und Trophäen und schließlich die Durchsichtigkeit der Glockenspielhalle unter dem hohen, konvex gewalmten Helm. Ein 35-stimmiges Glockenspiel aus den Niederlanden, das bereits in der alten Kirche erklang, wurde - um fünf Glocken erweitert - erneut aufgehängt.

40 Jahre später habe ein berühmter dänischer Reisender die "vortrefflichen Thurm-Spitzen in Amsterdam, Groningen und Potsdam" gerühmt, weiß Mielke zu berichten.

1740 wurde Friedrich Wilhelm I. in der Gruft der Kirche beigesetzt, 1786 auch - gegen seinen erklärten Willen - Friedrich II. Sowohl Zar Alexander als auch Napoleon I. besuchten die Gruft.
Martin Sabrow, Historiker am renommierten Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam schreibt: "Nach den Befreiungskriegen und wieder nach den Reichseinigungskriegen nahm die Garnisonkirche die feierlich geweihten Kriegstrophäen der preußischen Armee auf und entwickelte sich auf diese Weise zu einer Art Walhalla des preußisch-deutschen Aufstiegs ...". Eine alte Ansichtskarte belegt das und zeigt das mit militärischen Trophäen geschmückte Innere des Gotteshauses. Theodor Fontane schrieb 1869: " ... am Horizonte stand in scharfen Linien steif-grenadierhaft die Garnisonkirche von Potsdam: das Symbol des Jüngstgeborenen im alten Europa, des Militärstaats Preußen.

"Am 21. März 1933, dem sogenannten "Tag von Potsdam" zelebrierten Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident von Hindenburg in der Kirche das Bündnis zwischen deutschem Faschismus und preußischem Militär. Sowohl Hindenburg als auch Hitler und Göring nahmen in ihren Reden an diesem Tag Bezug auf den, wie Göring es nannte "Geist von Potsdam". Er sagte: " ... und auch heute war es symbolisch, daß der neue Reichstag, der nun wieder das Reich aufbauen will in alter Größe ..., zurückgefunden hat nach der Stätte, von der einst Preußen und von Preußen Deutschland ausgegangen ist ...".

Die Garnisonkirche wurde im April 1945 stark zerstört, der Turm, in dem auch danach noch Gottesdienste stattgefunden hatten, 1968 gesprengt.

Der Nachbau der Kirche ist nicht wegen ihrer Architektur, sondern wegen ihrer engen Verbindung zum preußisch-deutschen Militarismus, beginnend bei der Garde Friedrich Wilhelms bis zur faschistischen Wehrmacht und wegen des "Tages von Potsdam" umstritten.

Mehr über den Architekten Philipp Gerlach zeigt Station 33 auf.

27 Das große Reit- und Exercier-Haus - Der Lange Stall (Breite Straße, neben der Garnisonkirche)

 

"Das grosse Reit-Haus wird hier einen Raum verdienen ...", sagt Bellamintes und verweist damit auf ein Gebäude neben der Garnisonkirche. Um ein Exerzieren und Reiten auch bei schlechtem Wetter oder im Winter zu ermöglichen, ließ Friedrich Wilhelm zwischen der Breiten Straße und der heutigen Yorckstraße einen gewaltigen Fachwerkbau unter steilem Satteldach errichten, beinahe 170 Meter lang. Das damals größte und höchste Dachwerk Potsdams war eine Meisterleistung der barocken Zimmerleute, musste doch eine Breite von beinahe 23 Meter stützenfrei überspannt werden.

1781 ließ Friedrich II. von seinem Architekten Georg Christian Unger eine Schaufassade vor dem südlichen Fachwerkgiebel des Exerzierhauses errichten. Diese heute noch erhaltene Kulissenarchitektur mit den bekrönenden Wappengirlanden und Kriegsfiguren vor uns ist in besonderer Weise ein Zeugnis dafür, wie konsequent und nachhaltig Friedrich II. die ungeliebte sparsame und einfache Architektur seines Vaters beseitigen oder überbauen ließ. An vielen ortsbildprägenden Plätzen wie am Alten oder Neuen Markt und an vielen exponierten Straßenecken im Umfeld des Stadtschlosses wurde die einfach gestaltete Bestandsarchitektur seines Vaters abgebrochen. Man ersetzte sie aber nicht durch zeitgemäße barocke Architektur.

Die Neubauten errichtete man auf Geheiß des Königs in italienischer Renaissance-Architektur, oft nach Vorbildern des bedeutenden Baumeisters Andrea Palladio. Sie wurden den Potsdamer Größenverhältnisse und Dimensionen angepasst und in der Architektur leicht abgewandelt. Die originalen Vorbilder sind dennoch unschwer in Rom oder Vicenza auszumachen Auch die Kulissenarchitektur des verlorenen Langen Stalls vor uns stellt ein architektonischen Rückgriff auf die Renaissancearchitektur der Loggia Valmarana in Vicenza dar.

Bis 1815 soll frei vor der Fassade eine Kriegergruppe gestanden haben, die den reichen Bildhauerschmuck auf der Attika -ergänzte. Während der eigentliche Lange Stall 1945 zerstört wurde, blieb der Kopfbau erhalten und wurde seitdem mehrfach restauriert. Am nördlichen Ende des Langen Stalls, an der Yorckstraße stand einst die sogenannte Moskowitische Kirche.

Zum Jagdschloss Stern, unserer letzten Station, gelangen Sie mit dem Bus 694 ab Hauptbahnhof. Sie fahren etwa 30 Minuten bis zur Haltestelle Jagdhausstraße und gehen dann noch etwa 10 Minuten zu Fuß.

28 Das Jagdschloss Stern

 

Vielen Dank, dass Sie die Mühe und den weiten Weg bis hierher auf sich genommen haben. Das wunderliche Gebäude, das so recht zum Charakter Friedrich Wilhelms I. passt, wird Sie dafür hoffentlich entschädigen. Es ist bestimmt eines der kleinsten Jagdschlösser Deutschlands.

Die Gegend hier heißt nicht umsonst Parforceheide. Hier jagte der König. Genauer: Hier hetzte der König mit Pferden und Hunden Hirsche und Schweine bis zu deren Erschöpfung. Parforcejagd nannte man das. Und sie war zu dieser Zeit sehr in Mode. Ganze Wälder wurden speziell für diese Zwecke hergerichtet, wie eben die Parforceheide. Es wurden Schneisen geschlagen, man nannte sie Gestelle - hier gab es einmal 16 davon. Sie dienten dazu, den Jägern die Orientierung zu erleichtern und sie wieder auf einen zentralen Punkt zurückzuführen.

Die Gestelle wurden ab 1725 in den Wald geschlagen und das eigentliche Jagdschloss entstand 1731 bis 32. Dieser Bau gilt als erstes Gebäude in Potsdam in niederländischer Bautradition. Das ist kein Zufall, sah der König doch die in vielen Bereichen, z. B. in der Waffentechnik, im Schiffsbau sowie im Landbau, weiter entwickelten Niederlande als Vorbild.

Es war der einzige Neubau eines Schlosses, den sich Friedrich Wilhelm gönnte. Wenn man es denn Schloss nennen will. Doch dieser Name hat sich eingebürgert für das Haus. Es sieht nicht nur aus wie ein schlichtes holländisches Bürgerhaus der damaligen Zeit, es ist auch kaum größer. Die Fassadenbreite beträgt nicht einmal zehn Meter, in der Tiefe misst es 18 Meter. Friedrich Mielke spottet einerseits über die "Architektur eines niederländischen Reihenhauses", hebt aber andererseits die opulente Innenausstattung hervor.

Eine Besonderheit ist der holzgetäfelte Saal mit einem Kamin aus dunklem, rötlichem Marmor. In die Holztäflung sind fünf Gemälde eingelassen, die den Hausherren Friedrich Wilhelm I. bei verschiedenen Jagdereignissen zeigen. An den Fensterpfeilern sind fünf geschnitzte und vergoldete Hirschköpfe mit natürlichem Geweih befestigt. Die übrigen Räume sind in holländischer Manier schlichter ausgestattet. In der Küche hat es zur Zeit Friedrich Wilhelms einen Waschtrog mit Pumpe gegeben, an dem sich der König des Morgens wusch. Die Schlafstätte ist eine hölzerne, grünlich angestrichene Einbauwand mit einer tiefen Bettnische in der Art einer Schiffskoje, wie sie in friesischen Fischerhäusern anzutreffen war. Der Stern an der Giebelseite wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angebracht.

Zum Schlossensemble gehören das Kastellanhaus mit seinen Nebengebäuden und ein Pferdestall, der seit 1930 als Wohnhaus genutzt wird. Das Kastellanhaus war bis Anfang der 1990er Jahre eine beliebte Ausflugsgaststätte. Der alte Backofen wurde 2011 aus Spendenmitteln wieder denkmalgerecht und funktionstüchtig aufgebaut.

Das Jagdschloss gilt als Musterbau für das wenige Jahre später errichtete holländische Viertel in Potsdam. Mit ihm ist ein wichtiges Beispiele der Bau- und Raumkunst aus dem frühen 18. Jahrhundert erhalten geblieben.

Der Förderverein Jagdschloss Stern-Parforceheide e.V. kümmert sich heute liebevoll um die vorhandene Schlossanlage. Im Rahmen seiner Veranstaltungen werden Führungen durch das Jagdschloss angeboten. Die Parforcejagd lernte Friedrich Wilhelm übrigens vom Fürsten Leopold von Dessau, bekannter unter dem Namen "der alte Dessauer".

Das zeitgenössische Klagen eines parforcegejagten Hirsches zeichnet Station 38 nach.

30 Jacob Paul Freiherr von Gundling

 

Hören wir einen Augenzeugen: "Anno 1731. Den 11. April Ist der gewesene Baron von Gundling zu Potsdam im 60. Jahr seines Alters verstorben, und nachdem er in einen Sarge so die Form eines Weinfaßes gehabt, geleget, ... nach Bornstedt abgeführet und daselbst beigesetzt worden." Und die Inschrift auf dem absonderlichen Totenschrein lautete: "Hier liegt in seiner Haut/halb Schwein, halb Mensch,/ein Wunderding./In seiner Jugend klug,/in seinem Alter toll,/des Morgens voller Witz,/des Abends toll und voll./Bereits ruft Bacchus laut:/Das teure Kind ist Gundeling."

Jakob Paul Freiherr von Gundling ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Stadtgeschichte und eine tragische Gestalt zugleich. Friedrich I. hatte ihn 1705 zum Professor für Recht, Geschichte und Literatur an der Berliner Ritterakademie und Historiker am Preußischen Oberheroldsamt ernannt. Nach Schließung der Ritterakademie durch Friedrich Wilhelm I. berief ihn der König 1713 zum Hofrat und schickte ihn für drei Jahre auf eine wirtschaftliche Generalvisite durch die Kurmark Brandenburg und durch Pommern. 1718 wurde Gundling als Präsident der Societät der Wissenschaften Nachfolger von Gottfried Wilhelm Leibniz. 

Er war Mitglied des Generaldirektoriums und brachte wichtige Reformen auf den Weg. Er war Preußischer Geheimer Kriegs-, Ober-, Appellations- und Kammergerichtsrat. Zugleich aber war er auch Vorleser des Königs, Oberzeremonienmeister und Kammerherr - und Mitglied des "Tabakskollegiums". Dort musste er eine äußerst zwielichtige Rolle als Hofnarr spielen und die teilweise brutalen Streiche der adligen Offiziere ertragen. Der König unternahm nichts dagegen.

Gundling wurde als feige, töricht und eitel verspottet, auch in zahlreichen zeitgenössischen Abbildungen. Selbst sein erhalten gebliebenes Epitaph in der Bornstedter Kirche zeigt neben Minerva, dem Symbol der Weisheit, den Hasen für Feigheit. Zweimal floh Gundling aus Preußen - und kehrte wieder zurück. Er konnte sich jenseits des Hofes ein Haus in bester Wohnlage leisten, eigene Diener und Kutschen. 1720 heiratete er die Tochter eines hugenottischen Aristokraten. Seine Werke zur brandenburgischen Geschichte sind von einiger Bedeutung, er hinterließ mehr als 4000 Dokumente und Abschriften zur brandenburgischen und deutschen Geschichte. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Urkunde König Ottos III. aus dem Jahr 993 mit der Ersterwähnung Potsdams von Gundling entdeckt wurde.

Dass sich das Begräbnis Gundlings wie oben beschrieben abgespielt hat, ist durch einen zweiten Augenzeugen belegt. Der Potsdamer Pfarrer Schubert schrieb in einem Brief an seinen Bruder über die unwürdigen Umstände der Grablege und darüber, dass sich die Potsdamer Geistlichkeit entgegen einem Befehl des Königs fast geschlossen weigerte, daran teilzunehmen. So hielt der Neider, Konkurrent und Nachfolger als Hofnarr, David Faßmann, die Leichenrede bei Gundlings Begräbnis. Und ließ diese auch noch geschwind drucken.

Es bleibt bis heute unverständlich, warum der als fromm und gottesfürchtig geltende König ein solch seltsames Begräbnis befahl.

31 Bellamintes

 

"Monarch! Dein treuer Knecht hat einen Weg gefunden, Wie er von seiner Pflicht ein Merckmaal geben kann, Von seiner niedern Pflicht, mit der er Dir verbunden, Dieweil Du bis anher ihm so viel Guts gethan."

Mit diesen Worten begann die Huldigungsschrift, die der königlich privilegierte Buchhändler Johann Andreas Rüdiger 1727 an Friedrich Wilhelm richtete. Sie hieß "Das itzt-blühende Potsdam", „mit poetischer Feder entworffen" von einem gewissen Bellamintes. Mit großer Geste und blumigen Worten, aber sehr detailgenau wird der Zustand Potsdams und seiner Umgebung zu dieser Zeit beschrieben.
Vermutet wird, dass es der Geistliche Georg Belitz war, der sich Bellamintes, also Schöngeist, nannte. Geboren wurde er wahrscheinlich 1698 als Sohn eines Gutsverwalters in der Nähe von Lübben, das damals zu Sachsen gehörte. Zwei Jahre lang soll Belitz auch Zögling der Fürstenschule Sankt Afra zu Meißen gewesen sein. So steht es in den dortigen Annalen.

1725 trat er in Brandenburg erstmals als Herausgeber einer Monatsschrift hervor, genannt "Poëtische Zeitungen, bestehend in kurzen Gedichten und Überschriften über die in denen wöchentlichen Gazetten enthaltenen Merckwürdigkeiten". Er fiel dabei mit einigen Spottversen über Frankreich unangenehm auf. Mögen diese auch im Tabakskollegium des Königs belacht worden sein, so scheint er doch eine gewisse Ungnade zu spüren bekommen zu haben. Denn in seinem Buch "Das itzt-bluehende Potsdam" entschuldigte er sich für "einige schlüpfrige Worte" und die "Munterkeit" seiner Feder. Die "Poëtischen Zeitungen" setzte er nicht fort. Die geschichtlichen Tatsachen für das "bluehende Potsdam" entlehnte Belitz übrigens bei Jacob Paul Gundling.

In den Jahren 1726 und 1727 war Belitz Hauslehrer der Kinder des Herrn von Hacke auf Uetz, heute ein Ortsteil von Potsdam. 1742 wurde er in Wittenberg als Pfarrsubstitut, also Stellvertreter eines Pfarrers, ordiniert. Sein Name taucht noch einmal 1746 auf, als er, "Wohlverordneter Diakon allhier" in Niemegk, heiratete. Drei Jahre später wurde ihm eine Tochter, Eleonora, geboren. Georg Belitz starb am 4. Dezember 1751, gerade einmal 53 Jahre alt, in Niemegk.

Fragen bleiben. Nicht nur, dass zu jener Zeit mehrere Autoren unter dem Pseudonym Bellamintes schrieben. Ungewöhnlich und unüblich ist auch, dass die an den König gerichtete alleruntertänigste Widmung nicht die Unterschrift von Bellamintes, sondern die des Herausgebers Rüdiger trägt.
Wer also war Bellamintes wirklich? Wir wissen es nicht mit Sicherheit.

32 Pierre de Gayette

 

Bei Manger heißt es: "Dem Bau=Capitain Gayette z. B. ward zugemuthet, eine ziemliche Länge am Kanale, gleich neben der griechischen Kirche neu zu erbauen." Gemeint ist die Moskowitische Kirche. "Er that es ... von so geringer Tiefe, daß nur eine Reihe nicht sonderlich bequemer Stuben darinnen seyn konnten. Man bemerkte es gar bald, und da man es mit einer Patronentasche verglich, die zwar außen einen schönen Deckel hat, inwendig aber nichts ... so nennte man es auch nur die Patronentasche." Manger beklagt, dass die meisten Bürger und auch die Edlen versuchten, von den vom König zur Verfügung gestellten Baugeldern so viel wie möglich für sich selbst abzuzweigen. Sie "baueten daher nur so, daß es von vornen her in die Augen fiel."

Pierre de Gayette hielt es offenbar ebenso. Man weiß, dass er 1688 in Frankreich geboren wurde, 1712 ist er Ingenieur-Leutnant im damals preußischen Wesel. Seit 1720 leitete er als Ingenieur-Kapitän die Arbeiten an der ersten und zweiten Stadterweiterung durch Friedrich Wilhelm I. Im Gegensatz zu einigen anderen bleib er in Potsdam, trotz der schlechten Bezahlung. Neben zahlreichen Bürgerhäusern errichtete er unter anderem das Große Militärwaisenhaus, den Langen Stall, die katholische Kirche, das Rathaus, das Schiff der Heiliggeistkirche und wohl auch die erste Garnisonkirche. 1730 bis 1732 beaufsichtigte Gayette die Ausführung des Jagdschlosses Stern. Innerhalb der zweiten Stadterweiterung soll er insbesondere für die Häuser der Lindenstraße und am Nauener Tor verantwortlich sein. Als Hugenotte schloss er sich der französischen Gemeinde an.

Pierre de Gayette diente zwei Königen, bevor er 1747 in Potsdam starb, denn auch Friedrich II. griff auf seine Erfahrungen zurück. Sein von Manger ebenfalls erwähntes Gartenhaus in der Potsdamer Mammonstraße existiert nicht mehr.

33 Philipp Gerlach

 

Philipp Gerlach war ein unglaublich vielbeschäftigter Mann. 1679 in Spandau geboren, machte er zunächst Karriere beim Militär und brachte es dort bis zum Ingenieur-Major. In dieser Zeit arbeitete er mit Eosander von Göthe und Jean de Bodt, dem Schöpfer des Fortunaportals, zusammen und war am Bau des Berliner und des Charlottenburger Schlosses beteiligt. Gerade einmal 28-jährig, wurde er königlicher Baudirektor und Leiter des Bauwesens in Berlin. 1720 bestimmte Friedrich Wilhelm I. ihn zum Oberbaudirektor der königlichen Residenzen Berlin und Potsdam und übertrug ihm damit die Verantwortung für das gesamte staatliche Bauwesen einschließlich Brücken- und Festungsbau. Seine Hauptaufgabe bestand darin, Baupläne und Kalkulationen zu erstellen. Die erstellten Bauunterlagen nachzuprüfen, diese Aufgabe behielt sich der König persönlich vor. Und auch wenn Gerlach nicht jeden Bauplan für den Ausbau solcher Städte wie Cottbus und Küstrin selbst zeichnete - prüfen und genehmigen musste er sie alle.

Darüber hinaus entstanden zwischen 1707 und 1732 nicht weniger als elf Kirchenbauten in Berlin und Potsdam unter seiner Leitung, acht davon nach eigenen Entwürfen. Darunter waren auch die Garnisonkirchen von Berlin und Potsdam. In Berlin baute er neben unauffälligen Bürgerhäusern auch acht repräsentative Stadtpalais für Angehörige des Großbürgertums und des Adels. Beteiligt war er außerdem an den Stadterweiterungen der beiden Residenzstädte.

In seinen Werken verband Philipp Gerlach die klassische französische Architektur und die niederländische in ihrer brandenburgischen Variante. 1737 nahm Gerlach aus Krankheitsgründen seinen Abschied. Er starb 1748 in Berlin und ist dort auch begraben.

34 Jan Bouman

 

Noch bis in die jüngste Vergangenheit hinein wurden die Leistungen Boumans für den Aufbau Potsdams und Berlins geringgeschätzt. Schon Manger beklagte 1789 in seinem Werk über die Potsdamer Baugeschichte, dass es dazumal viele gab, "die es tadelten, daß einer, der bloß die Zimmer=, Tischler= und Schiffbaukunst erlernet hätte ein Baumeister überhaupt sein sollte".

Jan Bouman wurde 1706 in Amsterdam geboren. Erst Mitte Zwanzig, folgte er 1732 dem Ruf Friedrich Wilhelms I. nach Potsdam, wo er zunächst als Schlosskastellan angestellt wurde. Bald schon wurde er mit dem Bau des Holländischen Viertels in Potsdam betraut, weitere Aufträge folgten, auch durch Friedrich II. Potsdam verdankt ihm u. a. das Alte Rathaus, die nach Entwürfen Knobelsdorffs, an dessen Seite er baute, errichtete Französische Kirche, die Friedrichskirche in Babelsberg und zahlreiche bis heute erhaltene Bürgerhäuser. Bouman war maßgeblich am Umbau des Potsdamer Stadtschlosses beteiligt. In Berlin baute er u. a. das Palais des Prinzen Heinrich, das heutige Hauptgebäude der Humboldt-Universität.

Bouman starb 1776 als Oberbaudirektor im Ruhestand in Potsdam. Seiner gedacht wird heute im Jan-Bouman-Haus im Holländischen Viertel. Sein Sohn Georg Friedrich Bouman folgte ihm als Baumeister.
Und Manger, der den umgekehrten Weg genommen hatte, ließ ihm Gerechtigkeit wiederfahren, indem er schrieb: "Allein sie erwogen nicht, daß eben dies die besten Baumeister sind, welche practische Kenntniß mit theoretischer entweder vor oder nach der Erlernung jener verbinden."

35 Heinrich Ludwig Manger

 

Heinrich Ludwig Manger hat uns ein mehrbändiges Werk über die Baugeschichte Potsdams hinterlassen. Er selbst war Sachse, geboren 1728 in der Nähe von Borna, und brachte es doch zum königlich preußischen Oberhofbaurat und Garteninspektor am Hofe Friedrichs II. Zuvor studierte er in Leipzig Mathematik und Physik. Seit 1753 war er in Potsdam als Baukondukteur, also Bauaufseher, tätig.

Daneben erlernte er das Maurer- und Zimmererhandwerk. Insofern wusste Manger, wovon er sprach, als er den Werdegang Jan Boumans lobte. Seit 1763 Bauinspektor, arbeitete Manger ab 1775 neben Unger und Gontard als Baudirektor. Mit seiner Tätigkeit unzufrieden, ließ ihn Friedrich II. 1786 einsperren. Erst durch dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm II. wurde er begnadigt, wurde erneut Oberhofbaurat und Garteninspektor. Zu den Werken Mangers in Potsdam gehören zahlreiche Kasernen und Bürgerhäuser. Er war auch an der Erneuerung des Potsdamer Stadtkanals beteiligt.

1789 erschien sein Werk "Heinrich Ludwig Mangers Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs des Zweiten". Wertvolle Informationen zur Stadtentwicklung, die uns auch Nachricht geben von der Bautätigkeit zur Zeit Friedrich Wilhelms I.

Heinrich Ludwig Manger starb 1790 in Potsdam, begraben ist er auf dem Bornstedter Friedhof.

36 Ludwig (Louis) Schneider

 

Theodor Fontane, der Ludwig Schneider persönlich kannte, charakterisierte ihn so: "Schneider war ein ungeheurer Faiseur, immer mußte was ‘gemacht‘, versammelt, zusammengetrommelt werden."
Geboren wurde Schneider 1805 in Berlin. Er wuchs in eine Bühnenlaufbahn hinein, betätigte sich als Schauspieler, Schriftstelle und Übersetzer. 1827 wurde er Sekretär eines damals sehr bekannten literarischen Vereins, in dem auch Fontane Mitglied war. Seine royalistische und konservative Überzeugung vertrat Schneider 1848 mit - wie Fontane schrieb - "großem persönlichen und moralischem Mut", worauf hin er seine Karriere als Schauspieler beenden musste.

Schneider übersiedelte nach Potsdam, wurde hier Vorleser König Friedrich Wilhelms IV. und Hofrat. Er bewohnte ein Haus am Kanal und gründete 1862 mit anderen Potsdamer Bürgern den „Verein für die Geschichte Potsdams", dessen Vorsitzender er wurde. Während der Kriege von 1866 und 1870/71 wurde er von König Wilhelm I. mit der Pressearbeit beauftragt. Unter anderem nahm er Quartier in Versailles.

Von bleibendem Wert sind seine und die lokalhistorischen Darstellungen anderer Mitglieder in den "Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams".

Um Louis Schneider, der selbst Schöpfer zahlreicher geflügelter Worte gewesen sein soll, gibt es einige Anekdoten. Eine davon berichtet, dass der russische Zar Nikolaus, als im Sommer 1849 nach Berlin kam, Schneider zu sich rufen ließ. Er habe sich über den traurigen Zustand, in den Preußen geraten sei geäußert und gesagt: "Sehn Sie, Schneider, richtige Preußen gibt es überhaupt nur noch zwei: ich und Sie." Man beachte dazu die Jahreszahl, den Anteil Preußens an der Niederschlagung der Revolution und die Tatsache, dass sich Schneider immer für ein preußisch-russisches Bündnis engagiert hatte.

Theodor Fontane beschrieb, dass er des Öfteren bei Schneider in Potsdam zu Gast gewesen sei und von diesem zahlreiche Anregungen für seine Reisen bekommen habe. Und er beendet seine Aufzeichnungen mit dieser Geschichte:

"Wofür ich ihm aber am meisten verpflichtet bin, das ist das Folgende. ‘Sie müssen sich nicht ärgern und nicht ängstigen. Sehen Sie, wir hatten da, als ich noch auf der Bühne herummimte, einen Trostsatz, der lautete: ‘Um neun ist alles aus.' Und mit diesem Satze haben wir manchen über schwere Stunden weggeholfen. Ich kann Ihnen diesen Satz nicht genug empfehlen.‘ Und das hat mir der gute Schneider nicht umsonst gesagt. Ich bin ihm bis diese Stunde dafür dankbar: ‘Um neun ist alles aus‘."

Ludwig Schneider starb 1878 in Potsdam. Begraben ist er auf dem Neuen Friedhof.

37 Friedrich Mielke

 

"Der letzte Scalologe" - so nannte ihn ein wenig wehmütig ein dpa-Bericht aus dem Jahr 2008. Scalologie bedeutet Treppenforschung, und Friedrich Mielke hat dieses Fachgebiet der Architektur begründet. In den 1970-er Jahren reiste er mit einem Wohnmobil durch ganz Europa und vermaß Treppen. Als "Wissenschaft von den Wechselwirkungen zwischen Mensch und Treppe, von Fuß und Stein", bezeichnete Mielke sein Interessengebiet. Er sammelte Baupläne, Fotografien und Modelle von Treppen aus der ganzen Welt und schuf so ein privates Treppenmuseum.

Geboren 1921 im Württembergischen, führte ihn sein Lebensweg über Berlin, Linz, Dessau und Schwerin nach Potsdam. Hier war er, wie schon in Schwerin, denkmalpflegerisch tätig. Er beriet das Stadtbauamt von 1953 bis 1958 bei allen denkmalpflegerischen Bauvorhaben im Altstadtgebiet. In diese Zeit fällt auch die Wiederherstellung der Wilhelm-Staab-Straße, die heute räumlich und stilistisch das Bild eines geschlossenen barocken Ensembles bietet. 1957 protestierte er gegen den Abriss der Ruinen des Stadtschlosses, 1958 übersiedelte er nach West-Berlin. 1971 wurde er Professor und Lehrstuhlinhaber des damals ersten und einzigen deutschen Lehrstuhls für Denkmalpflege.

Potsdam verdankt Friedrich Mielke eine Reihe von Standardwerken über die historische Stadt. So zum Beispiel über das Holländische Viertel, zwei Bände über die Bürgerhäuser in Potsdam und das Werk "Potsdamer Baukunst", das wichtige Informationen für diesen Rundgang lieferte. Für seine Verdienste um die Denkmalpflege und die Baukunst in Potsdam wurde Friedrich Mielke 1991 die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen.

Friedrich Mielke lebt heute in Konstein, Oberbayern. Was seine Treppenforschung betrifft, so konstatiert der Bericht von 2008, dass Friedrich Mielke sich große Sorgen um die Bewahrung seiner Forschung macht.

38 Matthias Claudius, 1740 bis 1815

 

Schreiben eines parforcegejagten Hirschen an den Fürsten, der ihn parforcegejagt hatte

Durchlauchtiger Fürst, Gnädigster Fürst und Herr!
Ich habe heute die Gnade gehabt, von Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht parforcegejagt zu werden; bitte aber untertänigst, daß Sie gnädigst geruhen, mich künftig damit zu verschonen. Ew. Hochfürstl. Durchl. sollten nur einmal parforcegejagt sein, so würden Sie meine Bitte nicht unbillig finden. Ich liege hier und mag meinen Kopf nicht aufheben, und das Blut läuft mir aus Maul und Nüstern. Wie können Ihre Durchlaucht es doch über's Herz bringen, ein armes unschuldiges Tier, das sich von Gras und Kräutern nährt, zu Tode zu jagen? Lassen Sie mich lieber totschießen, so bin ich kurz und gut davon. Noch einmal, es kann sein, daß Ew. Durchlaucht ein Vergnügen an dem Parforcejagen haben; wenn Sie aber wüßten, wie mir noch das Herz schlägt, Sie täten‘s gewiß nicht wieder; der ich die Ehre habe zu sein mit Gut und Blut bis in den Tod etc. etc.

39 Gasse laufen

 

Gasse oder Straße laufen, das bedeutete: Der Verurteilte wurde durch eine Gasse einander gegenüber stehender Soldaten geführt, die mit Ruten auf ihn einprügelten. Dass der Delinquent nicht zu schnell lief und die Soldaten, meist seine Kameraden, wirklich zuschlugen, dafür wurde gesorgt.

Ein gegen seinen Willen rekrutierter Schweizer berichtet aus der Armee Friedrichs II.: "Bald alle Wochen hörten wir nämlich neue ängstigende Geschichten von eingebrachten Deser¬teurs, die, wenn sie noch so viele List gebraucht, sich in Schiffer und andre Handwerksleuthe, oder gar in Weibsbilder verkleidt, in Tonen und Fässer versteckt, und dergleichen dennoch ertappt wurden. Da mußten wir zusehen, wie man sie durch 200 Mann, achtmal die lange Gasse auf und ab Spißruthen laufen ließ, bis sie athemlos hinsanken - und des folgenden Tags aufs neue dran mußten; die Kleider ihnen vom zerhackten Rücken heruntergerissen, und wieder frisch drauf losgehauen wurde, bis Fetzen geronnenen Bluts ihnen über die Hosen hinabhingen."

Hier noch zwei Verse eines Liedes aus jener Zeit:

"Ihr Herren nehmt's nicht wunder wenn einer desertiert,
Wir werden wie die Hunde mit Schlägen strapaziert;
Und bringen Sie uns wieder, sie hängen uns nicht auf,
Das Kriegsrecht wird gesprochen: Der Kerl muß Gassen lauf!

Und wann wir Gassen laufen so spielet man uns auf
Mit Waldhorn und Trompeten, dann geht es tapfer drauf.
Da werden wir gehauen von manchem Musketier
Der eine hat's Bedauern, der and're gönnt es mir."

Literatur (Auswahl)

"Das itzt-bluehende Potsdam, Mit poëtischer Feder entworffen, Von Bellamintes", Nachdruck der Potsdamer Originalausgabe aus dem Jahre 1727, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2001
Friedrich Beck, Eckart Henning (Hrsg.): Brandenburgisches Biographisches Lexikon, Potsdam 2002
Friedrich Mielke: Potsdamer Baukunst. Das klassische Potsdam. Frankfurt a. M. - Berlin - Wien 1981
Friedrich Nicolai: Beschreibung der königlichen Residenzstadt und der umliegenden Gegend: Eine Auswahl. Herausgegeben von Karlheinz Gerlach. Reclam Verlag Leipzig 1993
Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams - 1 (1864) bis 13 (1941)
Heinrich Ludewig Manger's Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs des Zweiten, Reprint, Leipzig : Zentralantiquariat d. Dt. Demokrat. Republik
Peter-Michael Hahn: Geschichte Potsdams von den Anfängen bis zur Gegenwart, Verlag C.H. Beck, München 2003
Paul Sigel, Silke Dähmlow, Frank Seehausen, Lucas Elmenhorst: Architekturführer Potsdam, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2006
Thomas Wernicke, Jutta Götzmann, Kurt Winkler (Hrsg.): Potsdam Lexikon. Stadtgeschichte von A bis Z, Verlag für Berlin-Brandenburg, 2010
Potsdam-Museum (Hrsg.): Königliche Visionen. Eine Stadt in der Mitte Europas, Katalog zur Ausstellung 2003
Karl-Heinz Otto: Gundling. Akademiepräsident & Hofnarr Friedrich Wilhelms I., Edition Märkische Reisebilder 2003
Erich Konter/Harald Bodenschatz: Städtebau und Herrschaft: Potsdam: Von der Residenz zur Landeshauptstadt, DOM publishers Berlin 2011
Hans-Joachim Giersberg: Das Potsdamer Stadtschloss, Potsdamer Verlagsbuchhandlung 1998
Brandenburgs Kurfürsten. Preussens Könige. Deutsche Kaiser. Edition Rieger 2005
Paul Biala: Die Potsdamer Apotheken. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zum Preußenjahr 2001. Verlag für Wissenschafts- und Regionalgeschichte Dr. Michael Engel, Berlin 2004

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