1660 – 1740 Ausbau als militärische Garnisonstadt

Langer Stall Potsdam
© Landeshauptstadt Potsdam/Michael Lüder
Langer Stall Potsdam (© Landeshauptstadt Potsdam/Michael Lüder)

Der seit 1640 regierende Kurfürst Friedrich Wilhelm erkor Potsdam mit seinen etwa 700 Einwohnern neben Berlin zur zweiten brandenburgischen Residenz, nachdem er das Amt Potsdam 1660 von der Familie Hacke zurückgekauft hatte. In den folgenden Jahren erwarb er auch die Dörfer Bornim, Bornstedt, Geltow, Golm, Grube, Drewitz, Glienicke und vereinigte sie zur Herrschaft Potsdam. Er ließ die noch sichtbaren Spuren des Dreißigjährigen Krieges im Stadtbild nach und nach beseitigen, veranlasste den Neubau des Potsdamer Stadtschlosses (1662-1674), ließ die Lange Brücke erneuern, die Glienicker Brücke sowie die Baumgartenbrücke errichten und die „Allee gegen Panenberg“ (heute: Breite Straße/Feuerbachstraße) und die „Allee gegen Eichberg“ (heute: Jägerallee) anlegen.

Für die durch den Schlossbau umgesiedelten Einwohner und für den wachsenden Hofstaat entstanden an der Breiten Straße neue barocke Wohnhäuser, erste Straßen erhielten in den 1680er Jahren Pflasterung. Im Stadtschloss unterzeichnete der Große Kurfürst 1685 das „Edikt von Potsdam“, mit dem er den aus Frankreich vertriebenen Hugenotten die Aufnahme in der Mark Brandenburg zusicherte.

Sein Sohn Kurfürst Friedrich III. veranlasste 1693 den Bau der Königsstraße (heute: Berliner Straße) als Hauptverbindung zwischen den beiden Residenzstädten Potsdam und Berlin. Nachdem er sich in Königsberg 1701 zum König Friedrich I. in Preußen gekürt hatte, ließ er in Potsdam anlässlich dieses Ereignisses das Fortunaportal am Stadtschloss errichten.

Doch erst unter dessen Sohn, dem 1713 zum preußischen König gekrönten Friedrich Wilhelm I., erfolgte der Ausbau zur Garnisonstadt, der Potsdams Charakter über Jahrhunderte prägen sollte. Der neue Monarch ordnete alles dem Aufbau einer starken Armee unter, was ihm den Beinahmen „Soldatenkönig“ einbrachte. Unmittelbar mit seinem Regierungsantritt begann er damit, nach und nach Soldaten nach Potsdam zu verlegen, so dass der Anteil der Militärangehörigen bis 1738 auf 3.500 Mann stieg. Deren Unterbringung erfolgte in den Häusern der Bürger, die je nach räumlicher Größe und Vermögen zwei bis sechs Soldaten aufzunehmen und gegen eine geringe Entschädigung zu verköstigen hatten. Der am Stadtschloss gelegene Lustgarten erhielt eine neue Funktion als Exerzier- und Paradeplatz. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Garnisonkirche entstand 1734 der Lange Stall als Reit- und Exerzierhalle.

Hermann Selle, Feldseite des Brandenburger Tores (um 1865).
© Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte
Hermann Selle, Feldseite des Brandenburger Tores (um 1865). (© Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte)

Um die stetig wachsende Zahl Militärangehöriger unterzubringen, erlebte Potsdam in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine enorme Bautätigkeit. Der bisherige Stadtgraben wurde begradigt, vertieft und mit einer Eichenholzverschalung versehen. Hinter dem erneuerten Stadtkanal entstanden während der ersten barocken Stadterweiterung in den 1720er Jahren auf dem Gebiet bis zur heutigen Charlotten- und Lindenstraße 130 neue Wohnhäuser. Die gerade erst neu gebaute Stadtmauer wurde wenig später wieder abgetragen für die zweite Stadterweiterung, mit der sich in den 1730er Jahren das Stadtgebiet bis zur heutigen Schopenhauerstraße/Hegelallee ausweitete. Die Stadtfläche vergrößerte sich durch diese beiden Stadterweiterungen von 44 auf 145 Hektar. Die neue Stadtmauer erhielt mit dem Brandenburger Tor, dem Jägertor und dem Nauener Tor repräsentative Zugänge. Das regelmäßige Straßensystem und die zweigeschossige Bebauung mit Typenhäusern sind bis heute erkennbare Merkmale der Häuser aus dieser Zeit. Für die umfassenden Baumaßnahmen holte der Soldatenkönig Handwerker aus ganz Mitteleuropa, unter anderem aus Holland, für die er das Holländische Viertel errichten ließ. Die wachsende Stadt schien für Gewerbetreibende, Händler und Handwerker attraktiv, am Ende der Regierungszeit des Soldatenkönigs lebten 11.700 Menschen (ohne Militärangehörige) in der Stadt. 

Die Garnisonstadt erhielt 1724 auch ein Militärwaisenhaus nach dem Vorbild der Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale. In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Zahl der Waisenkinder bis auf 2.500 an. Sie erhielten zunächst eine schulische Grundbildung, bevor sie später auch als billige Arbeitskräfte in den Manufakturen der Stadt beschäftigt wurden. Für die anderen Kinder hatte Friedrich Wilhelm I. erste Schulen einrichten lassen, von denen die 1739 eingeweihte Große Stadtschule die bekannteste war. Am Balkon des attraktiven Barockbaus in der Nauener Straße (heute: Friedrich-Ebert-Straße) erinnern bis heute die Initialen des Soldatenkönigs daran.

Nikolaikirche am Alten Markt
© Archiv
Nikolaikirche am Alten Markt (© Archiv)

Zwischen 1721 und 1735 entstanden auf Anordnung des Königs auch die Nikolai-, die Heilig-Geist- und die Garnisonkirche. Die beiden letzteren dienten als Simultankirche, in ihr fanden Gottesdienste sowohl für Lutheraner als auch für Reformierte statt. Die Kirchtürme bestimmten fortan als „Dreikirchenblick“ die Silhouette der Residenz- und Garnisonstadt Potsdam.

Autor: Dr. Johannes Leicht (Geschichtslotsen)