Pressemitteilung Nr. 745 vom 12.11.2018 Abschied von Ehrenbürger Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke

Abschied von Ehrenbürger Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke
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Abschied von Ehrenbürger Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke (Foto: LHP)

Die Landeshauptstadt Potsdam hat sich heute von ihrem Ehrenbürger Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke verabschiedet. Oberbürgermeister Jann Jakobs hielt die Trauerrede in der Kapelle des Neuen Friedhofs. Prof. Mielke habe über lange Jahre die denkmalrechtlichen Geschicke Potsdams geleitet und begleitet und sich als Bewahrer des historischen Erbes erwiesen. Er hat sich sehr verdient gemacht um die Landeshauptstadt Potsdam, sagte der Oberbürgermeister. Mielke war am 30. September im Alter von 97 Jahren verstorben.

Er wurde am 20. September 1921 in Neuneck im Schwarzwald geboren und begann 1949 seine Arbeit in der Denkmalpflege zunächst in Schwerin und anschließend in Potsdam. Er war damals als Denkmalpfleger verantwortlich für die Erfassung der kriegszerstörten historischen Bauten. Beim Durchstreifen der Potsdamer Bürgerbauten begann seine Faszination für historische Treppen. Bis 1958 war Friedrich Mielke oberster Denkmalpfleger in Potsdam und publizierte über Potsdam unter anderem die Bücher „Die Treppe der Potsdamer Bürgerhaues im 18. Jahrhundert“ (1957) und „Potsdamer Baukunst“ (1972, Neuauflage 1998).

Unter dem Titel „Wider das Zerstören und Vergessen. Das Potsdamer Stadtschloss in den Schriften von Friedrich Mielke 1955 bis 2014“ (2015) beschäftigte er sich mit dem Stadtschloss. Sechs Jahrzehnte hat sich der berühmte Treppenforscher als Architekt und Denkmalpfleger mit dem Stadtschloss befasst.

Promoviert hatte Friedrich Mielke 1957 an der TU Dresden, habilitiert 1959 an der Technischen Hochschule Berlin, an der bis 1980, seit 1969 als Professor, im Fachgebiet Denkmalpflege lehrte. Mielke gilt als Begründer der Erforschung historischer Treppen (Scalalogie) und gründete 1980 die private Arbeitsstelle für Treppenforschung im oberbayrischen Konstein.


Wir dokumentieren anbei die Trauerrede des Oberbürgermeisters Jann Jakobs:

„Sehr geehrter Herr Mielke,
liebe Familie,
liebe Trauernde,

Potsdams Ehrenbürger Prof. Dr. Friedrich Mielke ist am 30. September im Alter von 97 Jahren gestorben. Das ist ein unumkehrbarer Verlust für unsere Landeshauptstadt. Er wird uns fehlen, meine Damen und Herren.

Was war Friedrich Mielke für ein Mann? Die meisten von Ihnen wissen, dass er 1921 in Neuneck im Nordschwarzwald geboren wurde und dass er zuletzt in Oberbayern gelebt hat. Wenige aber wissen, dass sein Geburtsort eher ein Zufall war und Friedrich Mielkes Familie eigentlich aus dem Mecklenburgischen stammte. Seine Eltern waren aber sehr aktiv und viel unterwegs und so wurde Friedrich Mielke auf Reisen geboren. Vielleicht hat bereits dieser Umstand dazu geführt, dass er später in so vielen Städten studiert und gearbeitet hat - und seine unbestritten bedeutenden Fähigkeiten an so zahlreichen Orten wirken ließ. Doch nirgends war sein Wirken von so stadtprägender Bedeutung wie in Potsdam, meine Damen und Herren. Auch wenn es nur kurze sechs Jahre waren, die er hier tatsächlich vor Ort gearbeitet hat.

Ein wahrhaft großer Mann ist von uns gegangen, ein Mann ohne dessen Wirken heute Potsdam nicht wäre, was es ist. Ein Mann, der früh erkannt hatte - weit früher als der Großteil seiner Zeitgenossen - dass diese Stadt einen besonderen Schatz in sich birgt, den zu bergen, zu konservieren und in Teilen zu rekonstruieren eine geradezu fundamentale Aufgabe war. Eine Aufgabe, der er sich stellte und der er gewachsen war, meine Damen und Herren. Das lässt sich aus heutiger Sicht vielleicht noch besser erkennen als zu seiner aktiven Zeit.

Es war nicht immer einfach mit ihm. Die Kraft seiner Überzeugungen und die Stärke seines Willens waren mitunter herausfordernd für seine Gesprächspartner, gerade auch wenn es um Themen ging, die Friedrich Mielke am Herzen lagen. Da war häufig nicht viel Spielraum in der Entscheidungsfindung, zu gut fundiert und zu klar umrissen waren seine Vorstellungen und zu unbändig sein Schaffensdrang. Es würde diesem starken und komplexen Mann auch nicht gerecht werden, wenn ich dies heute verschweigen würde. Nein, Friedrich Mielke war nicht immer bequem. Das war auch gar nicht sein Anspruch, dafür war er viel zu sehr ein Überzeugungstäter.

Mit Friedrich Mielke ist ein großer Mann gestorben, er war einer der wichtigsten Denkmalpfleger dieser Stadt. Er war ein Denkmalpfleger, der ohne ideologische Verbiegungen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war, seine Aufgabe erkannte und sich ihr trotz widriger Umstände stellte.

Er hinterlässt ein großes praktisches und wissenschaftliches Werk. Das kann man nur von ganz wenigen in seinem Fach sagen, wie mir vor kurzem der ehemalige Potsdamer Denkmalpfleger Andreas Kalesse sagte, den er bereits 1991 in der Verwaltung besuchte, der ihn gut kannte und dessen Würdigung des Mannes Friedrich Mielke und seines Werkes in der lokalen Presse sicher von vielen der hier Anwesenden sehr aufmerksam und berührt aufgenommen wurde.

Wie wichtig Friedrich Mielke für unsere Stadt war, lässt sich am besten an seinen Taten ermessen. Von 1952 bis 1958 hat er in Potsdam bahnbrechendes geleistet. So hat er in dieser kurzen Zeit, immer unter entsprechender Beobachtung, die historischen barocken Bausubstanzen in Form von Zeichnungen und Bauaufnahmen dokumentiert. Er hat unablässlich fotografiert. Das allermeiste davon befindet sich in den Sammlungen unserer Landeshauptstadt.

Allein im Potsdam Museum liegen wohl an die 4000 Fotografien und in der Unteren Denkmalschutzbehörde nach den Aussagen von Andreas Kalesse mehr als 1000 Zeichnungen aus dieser Zeit, inzwischen alle sorgfältig restauriert. Auf der Grundlage dieser Materialien erschien 1972 „Das Bürgerhaus in Potsdam“ in zwei Bänden, es gilt als eines der bedeutendsten Werke zu diesem Thema.

Das Werk bildet im Übrigen auch heute noch die wichtigste Erkenntnisquelle der Denkmalpfleger in Potsdam. Aber Friedrich Mielke war ja nicht nur Autor, er hat gestaltet. Hierbei ist die Mitgestaltung und Restaurierung der Wilhelm-Staab-Straße vielleicht seine größte Leistung.

Friedrich Mielke hatte klare Überzeugungen und war doch auch ein Pragmatiker. Unter anderem auf ihn geht ein Modell zurück, modernen, zeitgemäßen Wohnraum hinter rekonstruierten historischen Fassaden zu schaffen. Das wurde von vielen gern als „Fassadismus“ belächelt. In Wahrheit wäre ohne dieses Konzept heute das wichtigste und fast vollständig geschlossene Zeugnis friderizianischer Stadtraumbildung nicht mehr vorhanden.

Er hat gegen den Abriss der Stadtschlossruine gekämpft, wie man in dem wunderbar bebilderten und spannenden Buch „Wider das Zerstören und Vergessen“ nachlesen kann, das Norbert Blumert und Klaus Wunder über Schriften Friedrich Mielkes zum Potsdamer Stadtschloss verfasst haben. Das Thema hat ihn immer begleitet.

Und so hat er bekanntlich auch zuerst mit dem Wiederaufbau des Stadtschlosses gehadert. Schließlich aber machte er seinen Frieden damit und zeigte noch einmal, zu welcher Größe er zeitlebens fähig war. Das nötigt mir großen Respekt ab.

Aufgrund seiner denkmalpflegerischen Verdienste um die historische Potsdamer Architektur wurde Friedrich Mielke 1991 mit der Ehrenbürgerwürde der Landeshauptstadt Potsdam ausgezeichnet. Wir hatten auch gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege 2014 versucht, dass Friedrich Mielke beim Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz mit der höchsten Auszeichnung, dem Schinkelring, ausgezeichnet werden sollte. Dem wurde zu unserem Bedauern nicht entsprochen.

Friedrich Mielke ist aber weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus bekannt. Er gilt als Begründer der Erforschung historischer Treppen, der sogenannten Scalalogie. Er war Mitglied der Koldewey-Gesellschaft (1960), korrespondierendes Mitglied der Compagnie des Architectes en Chef des Monuments Historiques en France (1966) und ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (1972).

1973 gründete Friedrich Mielke den Arbeitskreis der Dozenten für Denkmalpflege in der Bundesrepublik Deutschland, der seit 1976 Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. heißt. Ab 1974 gehörte er zum Herausgeberkollegium der Zeitschrift „Die Alte Stadt“. Und er war seit 1975 Mitglied im Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz und auch im wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Burgenvereinigung.

Es ist eine besondere Ehre für die Landeshauptstadt Potsdam, dass Friedrich Mielke hier auf dem Neuen Friedhof in Potsdam an der Seite seiner Ehefrau beigesetzt wird. Wenn es in diesem Moment, im Abschied nehmen, so etwas wie Trost gibt, so ist es gewiss die Tatsache, dass wir Prof. Friedrich Mielke für immer als großen Bewahrer unseres historischen Erbes in Erinnerung behalten werden.“