Klimafreundliche Mobilität in Potsdam

Im Rahmen der Masterplanerstellung 100% Klimaschutz haben Bürgerinnen und Bürger in der Urania Potsdam mit Fachleuten die Zukunft des ÖPNV in Potsdam diskutiert. Auf dem von Dr. Andreas Leifeld (Leifeld GmbH) moderierten Podium standen Peter Busch (Energieforum Potsdam), Oliver Glaser (Geschäftsführer ViP), Dr. Fritz Reusswig (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung) und Daniela Sachwitz (Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel) Rede und Antwort.

Die Bedeutung des Verkehrs für die Klimaschutzziele der Stadt ist hoch, da er einen großen Anteil am Treibhausgasausstoß hat und überwiegend durch ineffiziente fossile Verbrennungstechnik realisiert wird. Ein Wandel des Verkehrssystems ist auch nötig, da Potsdam in seinen Kapazitäten begrenzt ist. Durch die Wasserlage und die gewachsenen Stadtstrukturen ist nicht genug Verkehrsraum vorhanden, damit der Autoverkehr im gleichem Maße wie die Einwohnerzahl wachsen kann. Herr Glaser verdeutlichte dies mit der Zahl von jährlich 2.000 neuen PKWs im Stadtgebiet. Er stellte dem gegenüber, dass der ÖPNV deutlich weniger Fläche in Anspruch nimmt, nur wenig Luftschadstoffe produziert und zur Lebensqualität beiträgt, wie das Beispiel der begrünten Tramtrassen in Drewitz und demnächst in der Heinrich-Mann-Allee zeigen. Er räumte jedoch ein, dass auch der ÖPNV an seiner Kapazitätsgrenze sei. Hier müssen Lösungen entwickelt werden, damit Busse und Straßenbahnen auch bei steigender Auslastung einen guten Komfort gewährleisten. Bei den Bussen ist in den kommenden Jahren ein Systemwechsel – weg von den fossilen hin zu elektrischen Antriebsarten – zu erwarten. Herr Glaser wies auf die damit verbundene Chance hin, dass sauberer regionaler Strom statt fossiles Erdöl aus aller Welt genutzt werden kann.

Verdichtete Strukturen vereinfachen die Anbindung an den ÖPNV. Daher ist aus Verkehrssicht die geplante dichtere Bebauung von Krampnitz zu begrüßen. Bei den aktuellen Planideen erscheint laut Herrn Glaser eine Tramtrasse wirtschaftlich möglich. Dies würde die absehbaren enormen Verkehrsprobleme auf der B2 deutlich verringern helfen. Doch nicht nur Potsdam selbst wächst stark, sondern auch das weniger verdichtete Umland und die Pendlerzahlen der Stadt. Herr Busch machte deutlich, dass die Grenzen der Potsdamer Straßenkapazitäten für PKW-Pendler bald erreicht sein werden und dass Pendelmöglichkeiten via ÖPNV, Park+Ride und (Elektro-)Fahrrad stärker unterstützt werden müssen.

Frau Sachwitz warf die Frage auf, wie Mobilität in Zukunft organisiert sein wird. Auf dem Podium wurde deutlich, dass multimodale App-Systeme reizvoll erscheinen, bisher aber nur begrenzt funktionieren und nicht alle Menschen gleichermaßen erreichen. Mit Blick auf die organisatorische wie technische Zukunft betonte Dr. Reusswig, dass noch offen ist, welche Technologie sich bis 2030 oder 2050 genau durchsetzen wird.

Elektroautos sind in aller Munde, sind jedoch für Potsdam bestenfalls ein Teil der Lösung der Verkehrsprobleme. Denn auch Elektroautos stehen im Stau und bei einem 1:1 Ersatz aller fossilgetriebenen PKW wären die heutigen Stromnetzstrukturen bei weitem nicht ausreichend, wie Herr Glaser deutlich machte. Als Bestandteil von Car-Sharing-Systemen können sie aber eine sinnvolle Ergänzung darstellen, wie Beispiele aus dem Publikum und von Frau Sachwitz deutlich machten. Dass solche Sharing-Strukturen funktionieren können, hängt laut Dr. Reusswig auch mit dem veränderten Status von Autos zusammen. Bei jungen Leuten steht der Führerschein und das eigene Auto weniger hoch im Kurs als noch vor zehn Jahren. Spätestens mit Familiengründung ist der Bedarf dann zwar da, doch es steht eine funktionierende Mobilität im Vordergrund und nicht das eigene Auto. Die Umrüstung des städtischen Fuhrparks auf Elektromobilität als Anschubmaßnahme aus dem Masterplan fand breite Zustimmung. Sharing-Optinen sollten geprüft werden.

Herr Busch warb für verstärkte finanzielle Anreize umweltfreundlichen Verkehrs. Internationale Unterstützung kam aus dem Publikum. Aus dem indischen Delhi wurden Beispiele aufgezeigt, wo Firmen das Pendeln ohne Auto stark fördern.